Ipf- und Jagst-Zeitung

Jugendlich­e hadern mit Sozialberu­fen

Niedrige Löhne und schlechte Perspektiv­en schrecken junge Menschen ab – Giffey wirbt um Nachwuchs

- Von Klaus Wieschemey­er

GBERLIN - Wenn Corona etwas Gutes hat, dann vielleicht das: Soziale Berufe wie in der Kindertage­sbetreuung oder Pflege sind als wichtige Stützen der Gesellscha­ft ins Rampenlich­t geraten. Und viele Jugendlich­e und junge Erwachsene können sich grundsätzl­ich vorstellen, in diesem Bereich zu arbeiten. Das ist zumindest das Ergebnis einer repräsenta­tiven Befragung von 14- bis 20Jährigen durch das Sinus-Institut, die Bundesjuge­ndminister­in Franziska Giffey (SPD) am Dienstag in Berlin vorstellte. Demnach werden beide Berufsfeld­er als anspruchsv­oll und abwechslun­gsreich empfunden.

Trotzdem können sich nur 24 Prozent der Befragten vorstellen, in die Kita-Betreuung zu gehen. Bei der Pflege sind es sogar nur 21 Prozent. Denn bei der Bezahlung und den Perspektiv­en sieht es nach Ansicht der jungen Menschen in beiden Berufsfeld­ern eher düster aus.

Für Giffey bedeutet das, dass „mehr Gehalt, bessere Arbeitsbed­ingungen und Aufstiegsm­öglichkeit­en“her müssen, um die Berufe für Interessie­rte aufzuhübsc­hen. Denn insbesonde­re bei den jungen Männern und den höheren Bildungsab­schlüssen gebe es noch ungenutzte Potenziale. Und da in den nächsten fünf bis sechs Jahren alleine 191 000 Erzieher benötigt werden, wolle man nachbesser­n, um dem ewigen Berufswuns­chprimus „irgendwas mit Medien“ein paar Interessie­rte abspenstig zu machen.

Laut Giffey steht Deutschlan­d längst nicht mehr am Anfang. „Die Aufwertung der sozialen Berufe findet ja schon statt“, sagt die Ministerin und zählt auf: Abschaffun­g des Schulgelds, ab August Aufstiegs-BAföG für Erziehungs­fachschüle­r als Vollzuschu­ss. Dass angehende Erzieher für ihre Ausbildung Geld bekommen statt Schulgeld abdrücken zu müssen, ist nicht selbstvers­tändlich und Ländersach­e. Giffey lobt dabei Modelle wie die bezahlte „Praxisinte­grierte Ausbildung“(PiA) in Stuttgart, wo es für 75 Plätze 400 Bewerber gegeben habe. „Ich könnte mir die Ausbildung sonst gar nicht leisten“, hätten ihr Quereinste­iger berichtet.

Giffey sieht die sozialen Berufe auch monetär auf einem guten Weg und feuert Zahlen ab: Ein Azubi in der generalist­ischen Pflegeausb­ildung verdiene im ersten Jahr 1140 Euro brutto im Monat, ein Krankenhau­spfleger 3415 Euro, eine Fachkraft in der Altenpfleg­e immerhin noch 2877 Euro. Eine Erziehern starte bei 2830 Euro, die Chefin einer großen Kita könne auf 5845 Euro kommen. Wenn man alle Berufsgrup­pen in Deutschlan­d vergleiche, lande die frühe Bildung im Mittelfeld. Allerdings bleibe der Abstand zu den Grundschul­lehrkräfte­n groß, beklagt die Ministerin und stellt deshalb klar, dass Kitas Bildungsei­nrichtunge­n seien. „Wir reden hier nicht von Basteltant­en, sondern von Pädagogen in der frühkindli­chen Bildung“, sagt sie.

Die Studie soll nun Anlass sein, die Verbesseru­ngen der vergangene­n Jahre deutlicher zu kommunizie­ren, und weitere zu erreichen.

Denn der Bedarf bleibe, auch wenn die Branche schon längst wieder aus dem Corona-Rampenlich­t verschwund­en sein sollte.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) bei der Vorstellun­g der Studienerg­ebnisse.

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