Eine Schlappe für Trump
Supreme Court entscheidet, dass US-Präsident Steuerunterlagen offenlegen muss
GWASHINGTON - Der Tag fing für Donald Trump nicht gut an. Die Polizei sperrte vor seinem Wolkenkratzer in New York die Fifth Avenue für die Malerarbeiten an einer großen „Black Lives Matter“-Aufschrift. Die von Bürgermeister Bill de Blasio persönlich überwachte Aktion schlug eher zufällig eine Brücke zu der Grundsatzentscheidung vor dem obersten Gericht der USA über die Vollmachten des Präsidenten.
Trump hatte einmal behauptet, er könne auf der Fifth Avenue jemanden erschießen, ohne dass ihm rechtlich etwas passiere. Seine Anwälte hatten bei der Anhörung vor dem Supreme Court in der Auseinandersetzung um die Übergabe seiner Finanzunterlagen und Steuererklärungen an Geschworene vor Gericht in New York und drei Kongressausschüsse ein ähnliches Argument vorgetragen. Demnach genieße der Präsident im Amt eine „temporäre Immunität“vor dem Gesetz.
Kurz nach zehn Uhr morgens verdarb der Supreme Court Trump endgültig die Laune, als er mit jeweils sieben zu zwei Stimmen entschied, dass niemand über dem Gesetz steht. Donald Trump muss nun seine Finanzen gegenüber dem Kongress und einem Gericht offenlegen – allerdings nicht sofort. „Das ist eine politische Verfolgung“, beschwerte sich der Präsident auf Twitter über die Entscheidung, die seinen Machtanspruch zurückweist und ihn dazu zwingt, mit dem Kongress und der Justiz zu kooperieren.
Chefrichter John Roberts schrieb für die Mehrheit, bereits vor 200 Jahren sei durch den Supreme Court festgestellt worden, „dass kein Bürger,
nicht einmal der Präsident, kategorisch über der allgemeinen Pflicht steht, Beweise vorzulegen, wenn sie bei kriminellen Ermittlungen eingefordert werden“. Der Supreme Court bekräftigte in seiner Entscheidung ausdrücklich diesen Grundsatz.
Der Präsident sieht sich selber als Verlierer. „Ich habe die Hexenjagd von Mueller und anderen gewonnen und jetzt muss ich in dem politisch korrupten New York weiterkämpfen“, klagt er über das Doppelurteil. Verfassungsrechtler Neal Katyal erkennt in der Entscheidung „eine ernsthafte Niederlage“. Mindestens der Fall in Manhattan könne beschleunigt „und vor den Wahlen entschieden werden. Das macht Trump Angst.“
Der New Yorker Staatsanwalt Cyrus Vance kündigte an, die Ermittlungen zu den Schweigegeld-Zahlungen an zwei Frauen fortzusetzen, die mutmaßlich Affären mit Trump hatten. „Die Grand Jury wird dem Gesetz und den Fakten folgen, wo auch immer diese hinführen.“Vance verlangt von Trumps Steuerberatungskanzlei Mazars USA die Herausgabe der Steuererklärungen der vergangenen acht Jahre.
Im Fall des Kongresses könnte es länger dauern, zu klären, welche Unterlagen der Präsident im Einzelnen herausrücken muss. Nancy Pelosi kündigte an die Ermittlungen mit Nachdruck fortzusetzen. „Eine sorgfältige Lektüre der Entscheidung des Supreme Courts bezüglich seiner Finanzunterlagen, bringt dem Präsidenten schlechte Nachrichten.“
An dieser Stelle stimmt Trump mit seinen Kritikern überein. „Die Gerichte haben (Präsidenten, die Red.) in der Vergangenheit großen Respekt erwiesen“, twitterte der Präsident und fügte beleidigt in Großbuchstaben hinzu: „ABER NICHT MIR“.