So haften Erben nicht für Schulden
Wer schnell reagiert, zahlt Nachlassverbindlichkeiten nicht aus eigener Tasche
GMÜNCHEN (dpa/tmn) - Erben – das setzen viele mit einem Vermögenszuwachs gleich. Aber es gibt auch Fälle, in denen der Nachlass überschuldet ist. Das kann Erben in arge Bedrängnis bringen. Sie laufen Gefahr, mit ihrem Privatvermögen zu haften. Aber Betroffene können sich über mehrere Wege aus der Schlinge ziehen. Eine Option: Das Erbe ausschlagen, wenn der Verstorbene überschuldet ist.
GNachforschungen anstellen
Wobei es manchmal schwer ist, zügig auszuloten, ob ein Nachlass überschuldet ist oder nicht. „Es gibt ja weder eine zentrale Auskunftsstelle oder gar ein Vermögensregister“, erklärt Martin Thelen von der Bundesnotarkammer. Daher sollten Erben Unterlagen sichten und bei Banken, Finanzämtern oder Arbeitgebern nachfragen.
Vergleichsweise unproblematisch geht es, wenn im Fall von Auskünften bei Dritten der Erbe als Nachweis ein notariell abgefasstes Testament zusammen mit der Niederschrift
des Nachlassgerichts über die Eröffnung des Testaments vorlegen kann. Hat der Erblasser aber kein oder nur ein privatschriftliches Testament hinterlassen, muss ein Erbschein zum Nachweis der Erbschaft vorgelegt werden – und das ist mit entsprechendem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Leichter ist es, wenn eine Vorsorgevollmacht vorliegt. Die gilt im Regelfall auch nach dem Tod des Erblassers.
GSechs Wochen bleiben Zeit
Generell gilt für die Erbausschlagung eine sechswöchige Frist. Haben Erblasser oder Erben ihren Wohnsitz im Ausland, liegt sie bei sechs Monaten. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, ab dem der Erbfall bekannt ist. Verstreicht die Frist, gilt das Erbe als angenommen.
Das Erbe können Erben persönlich gegenüber dem Nachlassgericht, also dem Amtsgericht, ausschlagen. Oder über einen Notar. Bei beiden Varianten entstehen Kosten. Sie liegen laut Anton Steiner, Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht, im Falle einer Überschuldung des Nachlasses bei 30 Euro. „Sonst richten sich die Gebühren nach dem Wert des Vermögens nach Abzug der Verbindlichkeiten“, so Thelen.
GIst die Vermögenslage eines Erblassers unübersichtlich und die SechsWochen-Frist zu kurz, kann man einen Nachlassverwalter bestellen. Dadurch vermeiden Erben, dass sie im Zweifelsfall mit ihrem eigenen Vermögen haften müssen. Der Nachlassverwalter erstellt ein Verzeichnis über sämtliche Nachlassverbindlichkeiten und fordert die Gläubiger dazu auf, ihre Ansprüche anzumelden. Der Nachlassverwalter begleicht dann die Schulden. Bleibt etwas übrig, verteilt er die Überschüsse an die Erben. Nicht immer ist eine Nachlassverwaltung möglich. „Eine Option ist sie, wenn der Nachlass unübersichtlich, aber nicht eindeutig überschuldet ist und für das Verfahren genügend Geld da ist“, so Steiner.
GNachlassverwalter kann helfen
Nachlassinsolvenz ist möglich
Denkbar ist auch ein Nachlassinsolvenzverfahren. Der Erbe muss den Antrag „unverzüglich“, also sobald er von der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Nachlasses weiß, beim Amtsgericht stellen. „Andernfalls macht sich der Erbe gegenüber den Nachlassgläubigern schadenersatzpflichtig“, sagt Thelen.
Der Insolvenzverwalter sichtet den Nachlass, wandelt ihn in liquide Mittel um und zahlt die Forderungen der Gläubiger. Dabei fallen Gerichtskosten und Kosten für die Vergütung des Insolvenzverwalters an.
Allerdings: Das Gericht kann Nein zur Eröffnung einer Nachlassinsolvenz sagen, falls sich abzeichnet, dass aus der Erbmasse nicht genügend Mittel für die Deckung der Kosten da sind. Und nun? „Erben können sich dann mit einer sogenannten Dürftigkeitseinrede gegen die Forderungen der Gläubiger wappnen“, erklärt Steiner.
Damit machen die Erben deutlich, dass sie die Forderungen aus dem Nachlassvermögen nicht stemmen können. Das jedoch müssen die Erben beweisen. Etwa mit einem Inventarverzeichnis. Damit Erben dabei keine Fehler unterlaufen – mit der Folge, dass sie doch privat haften – sollten sie sich juristisch beraten lassen.