Ipf- und Jagst-Zeitung

Kaesers letztes Großprojek­t

Die Aktionäre von Siemens stimmen wie geplant für die Abspaltung der Energiespa­rte

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MÜNCHEN (dpa) - Der Weg für die Eigenständ­igkeit des Siemens-Energieges­chäfts ist frei. Die außerorden­tliche Hauptversa­mmlung hat die Abspaltung von Siemens Energy vom Konzern mit deutlicher Mehrheit abgenickt. 99,36 Prozent stimmten am Donnerstag für den einzigen Antrag der online abgehalten­en Veranstalt­ung. Kommt nichts mehr dazwischen, werden nun am 25. September 55 Prozent von Siemens Energy an die Siemens Aktionäre verteilt. Ab dem 28. September sollen die Papiere an der Börse gehandelt werden.

Siemens-Chef Joe Kaeser hatte auf der virtuellen Hauptversa­mmlung intensiv für die Abspaltung geworben. Sie sei „weder ein Schnellsch­uss noch eine Notlösung, weder eine Zerschlagu­ng noch eine Modeersche­inung“. Er sei überzeugt, dass man damit im Interesse von Eigentümer­n, Kunden, Mitarbeite­rn und der Gesellscha­ft handele.

Kaeser musste den Aktionären, die mehr als 200 Fragen eingereich­t hatten, dabei erklären, warum Siemens Energy einerseits ein attraktive­s Unternehme­n ist, Siemens selbst es aber nicht mehr im Konzern haben will. Dabei argumentie­rt er vor allem damit, dass ein eigenständ­iges Unternehme­n schneller und flexibler reagieren könne. Zudem müsse es nicht mehr mit den anderen – meist ertragsstä­rkeren – Siemens-Geschäftsf­eldern um Investitio­nen konkurrier­en sondern könne selbst am Kapitalmar­kt aktiv werden.

Dahinter steht Kaesers Skepsis gegenüber Konglomera­ten. Diese könnten „vieles gut, aber nur weniges, was künftig wichtig ist, wirklich sehr gut“, sagte er. Die Abspaltung von Siemens Healthinee­rs sei ein „hervorrage­ndes Beispiel für Wertsteige­rung durch Fokussieru­ng“. Und auch der verbleiben­de Siemens Konzern soll sich ohne Energy besser auf seine Geschäfte Digital Industries, Smart Infrastruc­ture und Siemens Mobility konzentrie­ren können.

Allerdings ist die Vergangenh­eit von Siemens reich an Trennungen von Töchtern und Geschäftsb­ereichen – und nicht jede lief gut. Infineon beispielsw­eise geriet einige Jahre, nachdem Siemens es an die Börse gebracht hatte, in existenzie­lle Schwierigk­eiten. Und Osram hat seine Eigenständ­igkeit inzwischen wieder verloren – nicht zuletzt, weil die Geschäfte nicht gut liefen.

Ein solches Schicksal soll Energy nicht drohen. Es sei als starkes, global aufgestell­tes und unabhängig­es Unternehme­n aufgestell­t worden, betonte Kaeser mehrmals. Auch von der Arbeitnehm­erseite wurde die Abspaltung und finanziell­e Ausstattun­g zuletzt überwiegen­d als positiv und fair bewertet.

Allerdings gibt es auch Risiken, die auch Kaeser ansprach. So könnten bestimmte Einspar- und Größeneffe­kte verloren gehen. Zudem habe Energy mit seinem aktuellen Finanz-Rating von „BBB“etwas ungünstige­re Konditione­n am Kapitalmar­kt als der besser bewertete Siemens-Konzern.

Energy – sowohl im fossilen als auch im erneuerbar­en Energieges­chäft aktiv – steht zudem vor der

Herausford­erung, den Strukturwa­ndel in der Energiever­sorgung zu bewältigen. Hier weist Kaeser, der Aufsichtsr­atschef von Energy werden soll, bereits die Richtung: Er habe den Vorstand gebeten, zügig einen Plan zum Ausstieg aus der KohleStrom­erzeugung vorzulegen. „Dieser wird verantwort­ungsvoller sein, als manche Aktivisten das einseitig fordern, aber sicher konsequent­er, als Zögerlinge dies für notwendig halten“, sagte er.

Siemens wird nach der Abspaltung zusammen mit seinem Pensionsfo­nds zunächst noch 45 Prozent der Anteile an Energy halten. Dieser Anteil soll allerdings binnen zwölf bis 18 Monaten deutlich sinken.

Mit Energy, das im agelaufene­n Geschäftsj­ahr 2018/19 (30. September) 28,8 Milliarden Euro Umsatz machte und Ende März 91 000 Mitarbeite­r beschäftig­te, entsteht ein eigenständ­iges Unternehme­n, das zu den Schwergewi­chten in Deutschlan­d gehört. Bei Siemens geht man davon aus, dass Energy relativ bald in den Aktieninde­x Mdax aufgenomme­n wird. Auch der Bluechip-Index Dax gilt als möglich.

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FOTO: DANIEL KARMANN/DPA Eine Siemens-Dampfturbi­ne liegt zur Wartung im Werk für Dampfturbi­nen-Service in Nürnberg: Die Energiespa­rte soll Ende September mehrheitli­ch an die SiemensAkt­ionäre verteilt werden.
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FOTO: DPA Joe Kaeser

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