Innenministerium deutet nach Urteil wegen LEA-Razzia Berufung an
Vorgehen der Polizei im Mai 2018 für Behörde verhältnismäßig – Gang vor Verwaltungsgerichtshof möglich – Urteilsbegründung steht noch aus
ELLWANGEN - Der Kameruner Alassa Mfouapon, der mittlerweile eine Art Sprachrohr für Geflüchtete in Deutschland geworden ist, hat zum Teil erfolgreich gegen das Land Baden-Württemberg vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart geklagt. Hintergrund waren aus seiner Sicht rechtswidrige Vorgänge während der großangelegten Polizeirazzia in der Ellwanger LEA. Doch welche Folgen hat dieser Prozess?
Die Kammer gab Mfouapon dahingehend Recht, dass beispielsweise das Betreten sowie die Durchsuchung seines Zimmers und das Anlegen von Handschließen für die Personenfeststellung während der polizeilichen Aktion im Mai 2018 rechtswidrig gewesen seien. Dieser
Eingriff in das Persönlichkeitsrecht, so das Gericht, sei „nicht angemessen“.
Nach Eingang der Klage bezog zunächst das Polizeipräsidium Aalen stellvertretend für das Land BadenWürttemberg Stellung. Während des Prozesses übernahm die Vertretung das Innenministerium des Landes. Muss der Fall nun intern untersucht werden, womöglich Entschädigungen gezahlt werden? Das Ministerium lässt dies auf Nachfrage unbeantwortet. Deutet jedoch an: „In einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren ist freilich der Gang zum Verwaltungsgerichtshof möglich.“
Dies ist laut Sprecher des Gerichts, Philipp Epple, bereits in Form einer Berufung möglich. „Das wurde vom Gericht vorzeitig zugelassen. Normalerweise läuft die Frist erst dann, sobald die Begründung des Urteils vorliegt“, so Epple weiter. Dies sei bislang noch nicht erfolgt. Vermutlich aber würden die Parteien die Ausführungen der Kammer abwarten, schätzt der Richter.
Für das Innenministerium hingegen liegt kein Fehlverhalten der Polizei vor. Die Beamten hätten in Ellwangen „mit der notwendigen Härte und unmissverständlich gehandelt“, heißt es vonseiten der Behörde. Denn der Rechtsstaat ließe es nicht zu, „dass eine aggressive und gewaltbereite Gruppe männlicher Bewohner eine rechtmäßige Rückführung verhindert“. Der Einsatz sei zudem zielgerichtet und verhältnismäßig abgelaufen. Das Gericht aber habe dies nun zum Teil anders bewertet.
Das für den damaligen Einsatz zuständige Polizeipräsidium Aalen begründete das Betreten der LEA und Zimmer der Bewohner unter anderem damit, dass zuvor die Genehmigung des Regierungspräsidiums Stuttgart (RPS) eingeholt worden war, das das Hausrecht innehat. Die Behörde bestätigt dies auf Nachfrage von Schwäbische.de. Aber: „Auf die konkreten polizeilichen Maßnahmen hatte das RPS keinen Einfluss.“
Die Maßnahmen der Polizei seien nach dem Landespolizeigesetz durchgeführt worden. Das RP verfolge den Prozess mit Interesse, heißt es, und erwarte die schriftliche Begründung des Urteils. Konsequenzen aber sieht eine Sprecherin nicht. „Nach den bisherigen Informationen hat der Prozess keine direkten Auswirkungen auf die Abläufe, Arbeit oder Beschäftigte des RPS“, fügt sie an.
Alassa Mfouapon hat mittlerweile mehrere Gerichtsgebäude von innen gesehen. Sowohl als Kläger als auch als Angeklagter. So hat Mfouapon bereits vor dem Landgericht Hamburg erreicht, dass die AfD-Politikerin Alice Weidel eine getätigte Aussage nicht mehr wiederholen oder verbreiten darf. Vom Ellwanger Amtsgericht wurde der 31-Jährige wegen illegaler Einreise sowie Widersetzung bei seiner Verhaftung zu einer Geldstrafe von 400 Euro verurteilt. Der Kameruner wurde 2018 nach Italien abgeschoben, reiste aber daraufhin zweimal unerlaubt nach Deutschland ein. Vertreten wird der 31-jährige Kameruner stets von der Gelsenkirchener Anwaltskanzlei Meister und Partner. Die Kanzlei ließ eine Schwäbische.de-Anfrage zum Ausgang des Prozesses unbeantwortet.