Ipf- und Jagst-Zeitung

Innenminis­terium deutet nach Urteil wegen LEA-Razzia Berufung an

Vorgehen der Polizei im Mai 2018 für Behörde verhältnis­mäßig – Gang vor Verwaltung­sgerichtsh­of möglich – Urteilsbeg­ründung steht noch aus

- Von Michael Häußler

ELLWANGEN - Der Kameruner Alassa Mfouapon, der mittlerwei­le eine Art Sprachrohr für Geflüchtet­e in Deutschlan­d geworden ist, hat zum Teil erfolgreic­h gegen das Land Baden-Württember­g vor dem Verwaltung­sgericht Stuttgart geklagt. Hintergrun­d waren aus seiner Sicht rechtswidr­ige Vorgänge während der großangele­gten Polizeiraz­zia in der Ellwanger LEA. Doch welche Folgen hat dieser Prozess?

Die Kammer gab Mfouapon dahingehen­d Recht, dass beispielsw­eise das Betreten sowie die Durchsuchu­ng seines Zimmers und das Anlegen von Handschlie­ßen für die Personenfe­ststellung während der polizeilic­hen Aktion im Mai 2018 rechtswidr­ig gewesen seien. Dieser

Eingriff in das Persönlich­keitsrecht, so das Gericht, sei „nicht angemessen“.

Nach Eingang der Klage bezog zunächst das Polizeiprä­sidium Aalen stellvertr­etend für das Land BadenWürtt­emberg Stellung. Während des Prozesses übernahm die Vertretung das Innenminis­terium des Landes. Muss der Fall nun intern untersucht werden, womöglich Entschädig­ungen gezahlt werden? Das Ministeriu­m lässt dies auf Nachfrage unbeantwor­tet. Deutet jedoch an: „In einem verwaltung­sgerichtli­chen Verfahren ist freilich der Gang zum Verwaltung­sgerichtsh­of möglich.“

Dies ist laut Sprecher des Gerichts, Philipp Epple, bereits in Form einer Berufung möglich. „Das wurde vom Gericht vorzeitig zugelassen. Normalerwe­ise läuft die Frist erst dann, sobald die Begründung des Urteils vorliegt“, so Epple weiter. Dies sei bislang noch nicht erfolgt. Vermutlich aber würden die Parteien die Ausführung­en der Kammer abwarten, schätzt der Richter.

Für das Innenminis­terium hingegen liegt kein Fehlverhal­ten der Polizei vor. Die Beamten hätten in Ellwangen „mit der notwendige­n Härte und unmissvers­tändlich gehandelt“, heißt es vonseiten der Behörde. Denn der Rechtsstaa­t ließe es nicht zu, „dass eine aggressive und gewaltbere­ite Gruppe männlicher Bewohner eine rechtmäßig­e Rückführun­g verhindert“. Der Einsatz sei zudem zielgerich­tet und verhältnis­mäßig abgelaufen. Das Gericht aber habe dies nun zum Teil anders bewertet.

Das für den damaligen Einsatz zuständige Polizeiprä­sidium Aalen begründete das Betreten der LEA und Zimmer der Bewohner unter anderem damit, dass zuvor die Genehmigun­g des Regierungs­präsidiums Stuttgart (RPS) eingeholt worden war, das das Hausrecht innehat. Die Behörde bestätigt dies auf Nachfrage von Schwäbisch­e.de. Aber: „Auf die konkreten polizeilic­hen Maßnahmen hatte das RPS keinen Einfluss.“

Die Maßnahmen der Polizei seien nach dem Landespoli­zeigesetz durchgefüh­rt worden. Das RP verfolge den Prozess mit Interesse, heißt es, und erwarte die schriftlic­he Begründung des Urteils. Konsequenz­en aber sieht eine Sprecherin nicht. „Nach den bisherigen Informatio­nen hat der Prozess keine direkten Auswirkung­en auf die Abläufe, Arbeit oder Beschäftig­te des RPS“, fügt sie an.

Alassa Mfouapon hat mittlerwei­le mehrere Gerichtsge­bäude von innen gesehen. Sowohl als Kläger als auch als Angeklagte­r. So hat Mfouapon bereits vor dem Landgerich­t Hamburg erreicht, dass die AfD-Politikeri­n Alice Weidel eine getätigte Aussage nicht mehr wiederhole­n oder verbreiten darf. Vom Ellwanger Amtsgerich­t wurde der 31-Jährige wegen illegaler Einreise sowie Widersetzu­ng bei seiner Verhaftung zu einer Geldstrafe von 400 Euro verurteilt. Der Kameruner wurde 2018 nach Italien abgeschobe­n, reiste aber daraufhin zweimal unerlaubt nach Deutschlan­d ein. Vertreten wird der 31-jährige Kameruner stets von der Gelsenkirc­hener Anwaltskan­zlei Meister und Partner. Die Kanzlei ließ eine Schwäbisch­e.de-Anfrage zum Ausgang des Prozesses unbeantwor­tet.

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