„Die Anspannung war sehr groß“
Langläufer Friedrich Moch vom WSV Isny über seine WM-Eindrücke von Oberstdorf
ISNY - Shootingstar, Hoffnungsträger, der kommende Mann im deutschen Langlauf – der 20-jährige Friedrich Moch vom WSV Isny ist bei der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf ins Rampenlicht gelaufen. 38, 24, 7 (mit der Staffel) und 20 lauteten seine Platzierungen bei vier Rennen in acht Tagen. Besonders sein couragierter Auftritt über 50 Kilometer klassisch dürfte nachhaltig für Eindruck gesorgt haben. Wie er die Tage von Oberstdorf erlebt hat, erzählt Friedrich Moch im Interview mit Michael Panzram.
Herr Moch, was machen die Beine nach diesen wahnsinnigen 50 Kilometern zum Abschluss der Nordischen Ski-WM am vergangenen Sonntag in Oberstdorf?
Am Montag ist mir das Aufstehen schwergefallen. Aber danach ging es schon wieder besser. Ganz langsam fühlt es sich wieder normal an. Es war auf keinen Fall ein normales Rennen. Und das spüre ich.
Wie sind Sie an den ersten Wettkampf Ihrer Karriere über so eine lange Distanz herangegangen?
Ich wusste nicht, was auf mich zukommt. Am Start hatte ich richtig Respekt, weil es ein ganz schön langes Ding ist. Die ersten Runden waren zwar schon ziemlich schnell, aber noch nicht am Limit und gut auszuhalten. Aber die letzten drei Runden haben schon echt wehgetan, vor allem immer wieder den langen Burgstall hoch. Die Strecke in Oberstdorf ist echt anspruchsvoll.
Trotz der Anstrengung war es aber ein krönender Abschluss, oder?
Ja, es war eine richtig coole Erfahrung. Ich habe mir vorher gut überlegt, ob ich die 50 Kilometer mitlaufen soll. Aber danach war ich froh, dass ich es gemacht habe. Ich denke, dass ich viele wertvolle Erfahrungen gesammelt habe.
Und einfach mitlaufen war ja ganz offensichtlich auch nicht angesagt. Nach dem Skiwechsel zum Ende der fünften von acht Runden haben Sie die dadurch entstandene Lücke zur Spitze mit den besten Langläufern der Welt schnell wieder zugelaufen. Wie bewerten Sie diesen Moment mit dem Abstand von ein paar Tagen und Nächten?
Ich habe gedacht, dass ich da jetzt unbedingt wieder heranlaufen muss. Ich wollte in der Spitzengruppe bleiben und versuchen, solange wie möglich vorne mitzumischen und mich zu zeigen. Das hat zwar ein bisschen Kraft gekostet, am Ende hat es sich aber ausgezahlt. Mit Platz 20 war ich absolut zufrieden.
Langlauf-Bundestrainer Peter Schlickenrieder hat diese Aktion vermutlich gerne gesehen. Schon bei einem der vorherigen Rennen hat er Ihren Mut gelobt und gesagt, dass ihm das bei einem jungen Läufer gefällt, wenn er unbekümmert ist und etwas probiert. Auch Sie selber haben vor der WM gesagt, dass Sie nicht so sehr auf die Ergebnisse schauen, sondern Erfahrungen sammeln wollten. Hat das an dieser Stelle auch eine Rolle gespielt? War das vielleicht sogar die Vorgabe des Bundestrainers?
Ich bin davor noch nie ein Rennen über 50 Kilometer gelaufen und wollte einfach so lange wie möglich vorne dranbleiben. Das hat relativ lang gut geklappt. Ich habe mich in dem Moment gut gefühlt. Da nehme ich dann auch das Risiko in Kauf, dass ich später ein bisschen drüber bin. Wichtig war mir, es zu probieren.
Über den Zustand Ihrer Beine haben wir schon gesprochen. Was macht der Kopf nach diesen aufregenden Tagen von Oberstdorf? Ich bin ganz schön platt, weil die Anspannung sehr groß war. Die Wettkämpfe haben sich über eineinhalb Wochen gezogen, das ist auch mental eine Belastung. Aber das habe ich erst gemerkt, als das letzte Rennen vorbei war. Davor hat es sich relativ normal angefühlt. Aber zum Schluss habe ich deutlich gemerkt, dass ich bei einer WM war.
Die WM hat sich für Sie immer mehr gesteigert. Angereist sind Sie mit der Gewissheit, den Skiathlon zu laufen. Am Ende waren es vier Rennen in acht Tagen. Wie haben Sie den Verlauf Ihrer WM wahrgenommen?
Vor der Saison habe ich mit meinem Trainer das Ziel ins Auge gefasst, bei einem WM-Rennen an den Start zu gehen. Schon das wäre ein riesiger Erfolg für mich gewesen. Dass es jetzt vier geworden sind, ist sensationell. Der Skiathlon war ein harter Einstieg, weil wir etwas Probleme mit dem Material hatten. Es war trotzdem ein guter Wettkampf für mich, weil ich gleich Erfahrungen sammeln konnte. Danach war die Überlegung, ob ich im Einzelrennen geschont werde, um später in der Staffel zu laufen. Das Einzel war mir aber sehr wichtig, weil ich da stark bin und zum Beispiel bei der U23WM vor ein paar Wochen die Silbermedaille geholt habe. Das habe ich mit den Trainern besprochen und wir haben uns darauf geeinigt, dass ich das Einzel laufe und danach sehe, wie es mir geht. Es ist dann ziemlich gut gelaufen ... ... und Sie wurden nicht nur für die Staffel nominiert, sondern zum Schlussläufer bestimmt – eine große Ehre.
Das war Wahnsinn, dass ich gleich bei meiner ersten WM als Schlussläufer für Deutschland laufen darf. Das war zwar eine große Aufgabe, im Team hatten wir uns aber vorher gut abgesprochen und das als bestmögliche Aufstellung gesehen. Ich denke, es ist ganz gut aufgegangen, auch wenn ich mit großem Rückstand auf die vorderen Plätze auf die Strecke musste.
Und dann noch das letzte Rennen über 50 Kilometer ...
Es war noch ein Platz frei, weil viele diese Strecke nicht laufen wollten. Dann bin ich gefragt worden, ob ich Lust hätte und mir das vorstellen könnte. Ich habe ein bisschen überlegt und zugesagt. Es war schließlich die Heim-WM, da wollte ich mir dieses große Rennen nicht entgehen lassen.
Die Tage von Oberstdorf werden zur Folge haben, dass Sie nun einem größtmöglichen Publikum bekannt sind und als große Hoffnung des deutschen Langlaufs gelten. Ist Ihnen das bewusst oder lassen Sie das noch gar nicht an sich heran? Es ist mir noch nicht so richtig bewusst. In den letzten Jahren ist es sehr gut gelaufen bei mir, aber die Medienpräsenz war noch nicht so groß. Das war jetzt in Oberstdorf ganz anders. Es wird eine Weile dauern, bis ich mich daran gewöhnt habe. Im Moment kann ich damit gut umgehen. Wie es werden wird, wenn dann mal wirklich Erwartungen da sind und der Druck steigt, muss ich abwarten. Ich habe mir bisher immer wenig Druck gemacht, deshalb ist es wahrscheinlich auch so gut gelaufen.
Wie sehr haben Sie in der coronabedingten Blase von Oberstdorf die Unterstützung von Familie und Freunden gespürt?
Es war schade, dass vor Ort niemand dabei sein durfte. Aber ich habe viele Nachrichten und Fotos bekommen und dadurch gesehen, wer alles mitfiebert. Das war großartig und hat mich zusätzlich motiviert.
Noch ist die Saison nicht ganz beendet. Was steht noch an?
Am Wochenende fahren wir nach Slowenien zum Continentalcup. Das wird wahrscheinlich der letzte Wettkampf sein. Ursprünglich waren zwei weitere Rennen geplant, die wurden aber gerade coronabedingt abgesagt.
Ganz unglücklich werden Sie über das Saisonende nicht sein, oder? So viel wie in dieser Saison war ich noch nie unterwegs. Ich hatte vorher ein bisschen Angst, dass es langweilig werden könnte, wenn viele Rennen abgesagt werden. Aber es kam dann ganz anders. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich meinen Sport in diesen außergewöhnlichen Zeiten so ausüben durfte.