Rekordmann lässt den VfB träumen
Als Aufsteiger in den Europacup? Chance ist für Stuttgart nach dem Sieg gegen die TSG da
STUTTGART (dpa) - Erst klatschte Sasa Kalajdzic mit jedem seiner Mitspieler ab, dann verschenkte der Rekordstürmer des VfB Stuttgart sein Trikot an einen Vereinsmitarbeiter. Auch dank des 13. Saisontreffers des Österreichers darf der VfB nach dem 2:0 (1:0)-Sieg im Baden-Württemberg-Duell mit der TSG Hoffenheim mehr denn je in dieser Saison vom Europapokal träumen.
Ein Eigentor von TSG-Verteidiger Kasim Adams (15. Minute) und eben der Österreicher Kalajdzic (64.) sorgten zum Abschluss des 25. Spieltags der Bundesliga dafür, dass die Schwaben auf den achten Platz vorrückten und nur noch vier Punkte Rückstand auf Bayer 04 Leverkusen auf Rang sechs haben.
„Ich bin wunschlos glücklich“, sagte Kalajdzic beim TV-Sender Sky und klärte zugleich auf, wer der glückliche Trikot-Empfänger war: „Das ist unser Corona-Typ. Wir machen bei ihm die Tests. Er hat mir oft geholfen, obwohl er es nicht musste. Er war immer gut zu mir.“
Das Thema Klassenverbleib ist beim VfB nun längst abgehakt. „Wir nähern uns jedes Spiel der 40-Punkte-Marke. Alles, was danach kommt, ist Bonus“, sagte Kalajdzic und Trainer Pellegrino Matarazzo fügte hinzu: „Wir schauen nicht mehr nach unten. Wir schauen auf uns.“So sah es auch Gonzalo Castro. „Das primäre Ziel, so weit wie möglich vor den Abstiegsrängen zu stehen, haben wir geschafft“, sagte der VfB-Kapitän und blickte auf Platz sechs: „Wir wollen das Maximale herausholen. Wenn wir am Ende da oben stehen, werden wir uns freuen.“Doch nicht nur das. Sein Team sei eine gute Truppe und habe eine gute Moral. „Man sieht, dass wir auf einem sehr guten Niveau sind. Wir machen Spieltag für Spieltag Fortschritte.“Gute Zukunftsaussichten für den VfB und seine Fans also.
Weniger gut gestimmt war Hoffenheims Florian Grillitsch: „Im letzten Drittel war es nicht gut genug. Wir waren so ineffizient. Der letzte Pass hat nicht gestimmt.“
Kalajdzic traf gegen die Hoffenheimer im siebten Bundesliga-Spiel in Serie, wodurch er einen vom einstigen VfB-Angreifer Fredi Bobic aufgestellten
Hätte Deutschland (so wie auch die gesamte Welt) derzeit – beziehungsweise nun beinahe genau ein Jahr – nicht drängendste Probleme, wäre die Diskussion aktuell wohl eine viel weitreichendere. Der Bundestrainer geht von Bord, und kein klarer Nachfolger ist in Sicht. Nach 14 Jahren auf der Kommandobrücke zieht es Joachim Löw nach der Europameisterschaft in DFB-Rente, er hinterlässt einen Posten, der in normalen Zeiten gefühlt direkt hinter dem ersten Mann beziehungsweise der ersten Frau im Staate anzuordnen ist. Doch in Corona-Zeiten ist nun einmal alles etwas anders. Und so hört und liest der geneigte Fan zwar nebenbei die Namen, kommentiert wohl auch mit etwas Häme und was auch immer das Internet auswirft, die Beiträge, doch so richtig von öffentlichem Interesse und Belang ist das nicht wirklich.
Vielleicht also gerade die richtige Gesamtkonstruktion, um den lethargisch auf der Couch dahinsiechenden Sportfans eine Lösung zu präsentieren, die noch vor Jahren eher als neururerhafter Treppenwitz durchgegangen wäre: Lothar Matthäus. Ja, eben jener deutsche Rekordnationalspieler. Jener beinahe 60-Jährige, der sich in den vergangenen Jahren seiner Dieter-BohlenHaftigkeit entledigt zu haben scheint. Seiner Boulevard-Dominanz, die Loddar, dem Libero, beinahe zwei Jahrzehnte hindurch auch nach seinem aktiven Karriere anhaftete. Doch die naive Kauzigkeit, mit der Matthäus zumeist auffiel (neben seinen breitgetretenen Frauengeschichten) hat der gebürtige Erlangener weitestgehend abgeschüttelt. Natürlich wird niemand Loddar ganz aus dem Herrn Matthäus bekommen, Vereinsrekord aus der Saison 95/96 einstellte. Das mache ihn „extrem stolz und glücklich“, so der Torjäger: „Vor und während des Spiels habe ich nicht daran gedacht.“
Der TSG blieb nach der ersten Liga-Niederlage seit vier Spielen dagegen nur die Ernüchterung, angesichts von neun Punkten Vorsprung auf den Relegationsrang muss sie sich aber wohl ebenfalls keine Sorgen mehr um den Klassenverbleib machen. Die Mannschaft von Trainer Sebastian Hoeneß zeigte in Stuttgart ein ordentliches Spiel, ging aber zu fahrlässig mit ihren Chancen um.
Bester Mann des Spiels war VfBProfi Silas Wamangituka. Wenn bei den Gastgebern etwas ging, dann
„Wenn wir am Ende da oben stehen, werden wir uns freuen.“
Gonzalo Castro doch füllt der 59-Jährige die Rolle als TV-Experte seit Jahren souverän und mit fundiertem Wissen aus. Und während sich die noch Jahre bei ihren Vereinen angestellten Jürgen Klopp oder Thomas Tuchel weiter meistens über seine rechte Seite. Die TSG-Akteure Ryan Sessegnon und Chris Richards bekamen den schnellen Kongolesen nicht in den Griff. Der 21-Jährige leitete auch die Führung für die Stuttgarter ein. Nach einem schönen Doppelpass mit Castro zog Silas in den Strafraum und legte quer, wo der lauernde Kalajdzic knapp verpasste – aber stattdessen Adams den Ball mit der Fußspitze ins eigene Tor beförderte.
Das Hoeneß-Team brauchte einige Minuten, um sich vom frühen Rückstand zu erholen. Je näher die Pause rückte, desto gefährlicher wurden die Kraichgauer, weil der VfB in der Defensive nachlässig agierte. In der 39. Minute hatte Andrej Kramaric die größte Chance, ihren Aufgaben widmen wollen, Julian Nagelsmann noch zu unerfahren scheint, Ralf Rangnick sich angeblich das Großprojekt FC Schalke ans Bein binden möchte und Matthias Sammer wohl aufgrund seiner Prioritäten nach einer starken Flanke köpfte er den Ball jedoch unbedrängt mitten auf Stuttgarts Torhüter Gregor Kobel. Die Partie der beiden MittelfeldTeams hatte etwas Anlaufzeit benötigt, nahm aber spätestens nach dem Seitenwechsel an Tempo auf. Florian Grillitsch (55.) prüfte den erneut souveränen Kobel mit einem Fernschuss, dann schoss Silas (61.) drüber. Kurz darauf machte es der Flügelstürmer besser, als er nach Pass von Castro nur noch in die Mitte auf den lauernden Kalajdzic legen musste, der zum 2:0 einschob.
Einen Wermutstropfen gab es für den VfB aber doch. So müssen die Stuttgarter vermutlich für einige Zeit auf Mittelfeldspieler Orel Mangala verzichten. Der 22-jährige Belgier verletzte sich am Oberschenkel. „Bei Orel besteht der Verdacht auf einen Muskelfaserriss“, sagte Matarazzo. Dies sei die ärztliche Einschätzung.
nicht infrage kommt, wagt sich zumindest Kandidat Matthäus ein wenig aus der Deckung. Fast zehn Jahre nach seinem letzten Trainerjob erklärte der 150-Länderspiele-Mann am Wochenende wiederholt bei Sky, dass sein Lebensplan zwar anders aussehe, aber: „Ich bin jemand, der gerne hilft. Wenn ich das Gefühl hätte, dass die Verantwortlichen geschlossen dahinterstehen, dann würde ich mir Gedanken machen.“
Der Deutsche Fußball-Bund müsse sich aber jetzt „erst selbst einmal finden. Der DFB muss wissen, was wollen wir und wem trauen wir es zu“, sagte Matthäus. Für den Weltmeister von 1990 ist Hansi Flick allerdings „der ideale Kandidat“. Der derzeitige Bayern-Coach und langjährige LöwAssistent hat vergangene Woche nicht explizit Nein gesagt zu Spekulationen, dass er zum DFB zurückkehre. Doch ob es wirklich einen Weg gibt, dass die Münchner ihren Sextuple-Trainer gehen lassen, scheint mehr als fraglich. Matthäus dagegen wäre frei. Auch wenn es für ihn nie zum Greenkeeper bei seinem Ex-Club FC Bayern München reichte (die Älteren werden sich erinnern), könnte nun das höchste deutsche Traineramt winken. Die Fürsprecher zumindest mehren sich. Selbst für Ex-Bayern-Macher Uli Hoeneß wird jemand, der so viel von Fußball verstehe wie Matthäus, „natürlich in die Verlosung kommen“. Auch Ikone Franz Beckenbauer sagte: „Warum nicht Lothar?“Und einmal Hand aufs Herz, sind die Bieder-Lösungen Stefan Kuntz oder Markus Sorg wirklich besser als der Ex-Nationalcoach von Ungarn und Bulgarien? Die entscheidende Frage ist aber: Ist Deutschland bereit für den BundesLoddar?