„Verletzte Wildvögel zu mir“
Werden die Tiere an falscher Stelle abgegeben, schadet das mehr als es hilft
WESTHAUSEN - So langsam erwacht die Natur zum Leben, der Frühling ist dabei, die kalten Wintermonate zu vertreiben. Nicht nur die Pflanzen werden aktiv. Auch viele Vögel beginnen mit der Brut. Eigentlich schön. Doch die Westhausener Wildvogelpflegestations-Leiterin Karin Rentschler richtet sich mit einem dringenden Appell an alle Spaziergänger und Wanderer.
Ist ein Wildvogel verletzt oder von den Eltern aus dem Nest gestoßen worden, droht er ohne fremde Hilfe zu sterben. Vielen Spaziergängern geht das ans Herz, sie wollen helfen. Doch tun sie mit ihrem Handeln oftmals dem Tier keinen Gefallen. „Ein Vogel muss in eine Wildvogelpflegestation gebracht werden“, sagt Karin Rentschler im Gespräch nachdrücklich. Aus ihrer Erfahrung komme es zu häufig vor, dass die Menschen zwar helfen wollen, die Tiere aber an einer ungeeigneten Stelle abgeben.
„Es gibt diese spezielle Anlaufstellen“, sagt sie. Im Ostalbkreis zwar nur eine – ihre. Dennoch: „Ich nehme wirklich alle Vögel und auch gerne.“Vor allem verletzte Tiere erhielten bei ihr vor Ort sofortige Hilfe. „Wir können hier alles behandeln. Wenn nicht, habe ich eine Tierärztin an der Hand“, sagt Rentschler. Wichtig sei: Nicht zuerst zum Tierarzt oder auf den Förster warten. Nach Westhausen muss der direkte Weg führen, um keine Zeit zu verlieren. Auch bei den Wildvögeln, die für viele ein „rotes Tuch“sind, wie Rentschler sagt: Schwäne. „Neulich erst haben wir 13 Schwäne gleichzeitig ausgewildert.“
Und das sei auch immer das erklärte Ziel der Tierschützerin: Die Tiere gesund in die Natur zu entlassen. Es gebe nur zwei Optionen, erzählt Rentschler. „Entweder das Tier stirbt an den Folgen seiner Verletzung oder sie schaffen es.
Auch, wenn es manchmal eine Weile dauert.“Ihr längster Patient sei ein Schwan gewesen, fast ein Jahr lang habe sie sich um ihn gekümmert. „Der wurde regelrecht von einem Hund zerfetzt.“Aber er wurde wieder gesund. „Ich konnte ihn Heim bringen“, sagt die Tierschützerin.
Das Schicksal hätten eben nicht alle Tiere, die an ungeeigneter Stelle abgegeben werden, weiß Rentschler. „Die Menschen, die ein verletztes Tier finden, sind ja froh, wenn sich jemand kümmert.“Die Tierschützerin möchte nicht missverstanden werden, zu helfen, sei nie falsch. „Es gibt auch Stellen, die dürfen die Tiere annehmen. Aber zum Teil werden sie dann zur Zucht behalten. Das haben diese Tiere nicht verdient“, findet die Stationsleiterin.
Was ihr Haustier nicht verdient hat, ist Freiheitsentzug. So denken viele Katzenbesitzer zumindest. Doch das wäre in einem bestimmten Zeitraum, nämlich während der Brut, für viele Vögel die Rettung. „Von zehn Babyvögeln, die mir zum Teil am Tag gebracht wurden, sind ungefähr sieben davon von der Katze geholt worden“, erzählt Rentschler. Daher wäre es gut, wenn Freigängerkatzen in dieser Zeit zu Hause gehalten würden.
Damit würde auch Karin Rentschler, die die Pflegestation allein betreibt – mit helfenden Händen der eigenen Familie – entlastet. Denn Corona wirkt sich auch auf die Kapazität in Westhausen aus. Mehr als 1000 Tiere seien ihr im vergangenen Jahr gebracht worden. „Die Leute sind mehr in der Natur und finden dadurch natürlich auch mehr Tiere“, sagt Rentschler. Belegen kann sie ihre Vermutung an einer weiteren Zahl. Im Jahr vor Corona in Deutschland, also 2019, seien circa 850 Vögel in Westhausen aufgenommen worden.
Die Wildvogelpflegestation findet man in Westhausen in der Dalkinger Straße 31. Karin Rentschler ist unter der Telefonnummer 0173/ 6606615 zu erreichen.