Baggern in Zeiten der Pandemie
Mehr Umsatz, weniger Gewinn: Der Friedrichshafener Baumaschinenhändler Zeppelin kann die Einbußen im Corona-Jahr begrenzen
FRIEDRICHSHAFEN - Der Friedrichshafener Baumaschinenhändler Zeppelin ist mit einem blauen Auge durch das Corona-Jahr 2020 gekommen. Das Unternehmen, das seine Geschäfte vor allem mit dem Verkauf von Baumaschinen des US-Konzerns Caterpillar in Zentral-, Nord- und Osteuropa macht, hat seinen Umsatz um fünf Prozent auf 3,3 Milliarden Euro gesteigert. Der Vorsteuergewinn sank dagegen um sieben Prozent auf 124,6 Millionen Euro. „Umsatz und Gewinn beweisen, dass sich der Konzern in einem schwierigen Umfeld im Markt behauptet hat“, sagt Zeppelin-Chef Peter Gerstmann bei der virtuellen Jahrespressekonferenz am Freitag.
Die Tatsache, dass das Unternehmen mit seinen 10 170 Mitarbeitern beim Umsatz zulegte, gründet sich auf einen Zukauf: Zeppelin übernahm Ende 2019 auch den Verkauf der Caterpillar-Maschinen für Teile Nordeuropas. Bereinigt um den Zuwachs aus dieser Akquisition ist der Umsatz nach Unternehmensangaben aufgrund der Einflüsse aus der Pandemie um fünf Prozent zurückgegangen. Der um Abschreibungen bereinigte Gewinn (Ebitda) ist dagegen gegenüber dem Vorjahr um fünf Prozent auf 394 Millionen Euro gestiegen.
Wichtigster Geschäftsbereich ist nach wie vor der Verkauf von Caterpillar-Baumaschinen in Zentraleuropa, sprich vor allem in Deutschland, Österreich, Tschechien und der Slowakei. Dort ging der Umsatz um sieben Prozent auf 1,4 Milliarden Euro zurück. Der Handel mit Baggern, Muldenkippern, Planierraupen und Minenfahrzeugen in Osteuropa – dazu zählen große Teile des europäischen Russlands, Tadschikistan, Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan, Armenien und Belarus – steuerte 494 Millionen Euro (minus ein Prozent) zum Umsatz von Zeppelin bei. „Die Rückgänge in diesen Bereichen gehen mit den Marktrückgängen einher“, sagte Zeppelin-Finanzchef Christian Dummler. Das zugekaufte Geschäft – der Handel mit Caterpillar-Baumaschinen in Schweden, Dänemark und Grönland – kam auf 258 Millionen Euro.
Im Bereich des Handels mit Caterpillar-Maschinen hob Gerstmann einen Auftrag aus Usbekistan hervor: Zeppelin lieferte 40 Minenfahrzeuge für eine Goldmine mit einem Auftragsvolumen von rund 35 Millionen US-Dollar. Die schwierige Menschenrechtslage und die Kritik vieler
Organisationen an autoritären Strukturen in Ländern wie Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan und Armenien hat Zeppelin nach Angaben von Gerstmann im Blick. „Es gibt klare Handelsregeln und Sanktionslisten, an die wir uns halten. Unternehmen, die auf solchen Listen stehen, beliefern wir nicht“, erklärte er. „Darauf ist auch Caterpillar sehr bedacht.“Politische Lobbyisten, egal von welcher Partei, die Geschäfte in diesen Ländern anbahnen, nutze das Unternehmen nicht. „Wir sind nur in den Wirtschaftskammern aktiv und Mitglied im Ostausschuss des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau“, erläutert Gerstmann weiter.
Zweitgrößte Geschäftseinheit von Zeppelin ist die Vermietung von
Baumaschinen und Verkehrstechnik in Deutschland, die 2020 ihren Umsatz um vier Prozent auf 528 Millionen Euro gesteigert hat. Der Verkauf und der Einbau von Caterpillar-Motoren in der Einheit Power Systems steuerte 407 Millionen Euro (plus vier Prozent) zum Umsatz bei, während der Umsatz der in Friedrichshafen beheimateten Geschäftseinheit Anlagenbau um acht Prozent auf 306 Millionen Euro sank. „Nichtsdestotrotz war das Jahr 2020 für uns ein hervorragendes Jahr“, sagt Gerstmann über die Ergebnisse der sechs Geschäftseinheiten – und im Hinblick auf einen Markt, in dem sich die Sparte am Bodensee etablieren will. Der Spezialist für Schüttgut-Systeme sieht in Misch- und Aufbewahrungsanlagen für Grundstoffe zur Produktion
von Batterien für Elektroautos ein lukratives Betätigungsfeld. „Wir haben uns hier sehr früh positioniert“, sagte Gerstmann. „Zumindest im Moment sind wir dort Marktführer.“Gerstmann berichtete von Aufträgen mehrerer großer Automobilhersteller in zweistelliger Millionenhöhe im ersten Quartal, ohne Namen zu nennen.
Gesellschafter von Zeppelin ist die Zeppelin-Stiftung, die die Stadt Friedrichshafen verwaltet. Die Dividende, die Zeppelin für 2020 an die Industriestadt am Bodensee überweist, beträgt 15,7 Millionen Euro. Das ist ein Minus von zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Für das Jahr 2021 ist Peter Gerstmann vorsichtig optimistisch. „Wenn es keine Handelsbeschränkungen im Hinblick auf die Auseinandersetzungen zwischen USA und Russland gibt und die Pandemie sich so entwickelt, wie wir das erwarten, erreichen wir wieder einen Umsatz und ein Ergebnis in der Höhe des Jahres 2020“, sagte Gerstmann. Während der Wirtschaftsbau nach Ansicht Gerstmanns in den kommenden Monaten in Deutschland zurückgeht, werden sich die öffentlichen Bauaufträge durch den Bund stabilisieren und der Wohnungsbau zulegen, was dem Unternehmen mit Stammsitz in Friedrichshafen und Konzernzentrale in Garching bei München nutzen werde. Hoffnung macht Gerstmann vor allem der gute Start ins laufende Jahr: Der Auftragseingang in den ersten beiden Monaten des Jahres liegt 13 Prozent über dem Vorjahr, was bedeutet, dass Zeppelin in den ersten Pandemie-Monaten 2021 besser unterwegs ist als in den letzten NichtPandemie-Monaten 2020.