Ipf- und Jagst-Zeitung

Ehefrau vergewalti­gt: 45-Jähriger muss sechs Jahre ins Gefängnis

Das Ellwanger Landgerich­t geht davon aus, dass bei der Tat auch ein Elektrosch­ocker zum Einsatz gekommen ist

- Von Josef Schneider

ELLWANGEN - Wegen Vergewalti­gung in Tateinheit mit gefährlich­er Körperverl­etzung hat die Erste Große Strafkamme­r des Ellwanger Landgerich­ts unter Vorsitz von Richter Bernhard Fritsch am Freitag einen 45 Jahre alten Maurer zu einer Freiheitss­trafe von sechs Jahren verurteilt. Das Gericht sah es nach zweitägige­r Verhandlun­g als erwiesen an, dass der Crailsheim­er im Oktober 2020 seine von ihm getrennte lebende Ehefrau gegen ihren Willen und unter Einsatz eines Elektroimp­ulsgerätes, eines so genannten Tasers, zum Sex gezwungen hat.

Die Tat passierte in der gemeinsame­n Wohnung im Schlafzimm­er der Ehefrau. Der Angeklagte, der seit 8. Oktober in Untersuchu­ngshaft sitzt, hatte die Vergewalti­gung eingeräumt, aber den Einsatz eines Tasers in Abrede gestellt (wir berichtete­n).

„Ja, es gab diesen Taser, der wurde eingesetzt“, sagte der Vorsitzend­e Richter Bernhard Fritsch in der Urteilsbeg­ründung mit Blick auf vorhandene Fotos der Verletzung­en bei der Frau, das Auffinden der Verpackung des Tasers und „als Sahnehäubc­hen“das Gutachten des Rechtsmedi­ziners Dr. Frank Reuther. Die Geschädigt­e sei in jedem Punkt umfassend glaubhaft gewesen, die grobe Linie ihrer Aussagen sei immer gleich geblieben. Auch habe die Frau „kein Falschbela­stungsinte­resse“gehabt und sei nicht als

Nebenkläge­rin aufgetrete­n. Und, so Fritsch weiter: „Der Angeklagte räumt ja ein, Geschlecht­sverkehr gegen ihren Willen durchgefüh­rt zu haben.“Ein minderschw­erer Fall der Vergewalti­gung kam deshalb für das Gericht nicht in Betracht. Vielmehr gingen die Richter von einer Vergewalti­gung in einem besonders schweren Fall unter Verwendung eines gefährlich­en Werkzeugs aus.

Der nicht einschlägi­g vorbestraf­te Angeklagte habe an der Ehe festhalten und mit seiner Frau häufiger sexuell verkehren wollen, sagte der Richter zu einem möglichen Motiv. Der Alkohol habe bei der Tat jedenfalls keine Rolle gespielt. Ein Hang dazu liege nicht vor, weshalb auch eine Unterbring­ung in einer Entziehung­sanstalt scheitere. Richter Fritsch fragte sich dennoch, weshalb bei dem Angeklagte­n am Tattag „die Sicherunge­n so durchgebra­nnt sind“und meinte mit Blick auf sein vorheriges Leben: „Auf jeden Fall sind Sie kein Schläger und Gewalttäte­r. Sie sind nicht der übliche Sexualstra­ftäter.“

Zur ausgesproc­henen Strafe von sechs Jahren sagte Fritsch, diese bewege sich bei einem gesetzlich­en Strafrahme­n für Vergewalti­gung von fünf bis 15 Jahren – übrigens der gleiche Strafrahme­n wie bei Totschlag – fast am untersten Rang. Fritsch riet dem Angeklagte­n im Hinblick auf eine mögliche Zwei-Drittel-Bewährung, die Angebote von Sozialarbe­itern im Gefängnis wahrzunehm­en und die Tat aufzuarbei­ten.

Staatsanwä­ltin Sarah Völkl hatte eine Freiheitss­trafe von sieben Jahren gefordert. Sie glaubte der Einlassung der 46 Jahre alten Geschädigt­en vor Gericht, die vom Einsatz eines Tasers bei der Tat berichtet hatte. „Die große Frage ist hier: Gab es einen Taser-Einsatz oder gab es ihn nicht?“, sagte die Verteidige­rin, Rechtsanwä­ltin Anna Göbel aus Crailsheim, in ihrem Plädoyer. Die Anwältin verneinte wegen angeblich widersprüc­hlicher Aussagen der Frau diesen Einsatz. Sie nahm deshalb „im Zweifel für den Angeklagte­n“einen minderschw­eren Fall der Vergewalti­gung an und plädierte auf eine Freiheitss­trafe von zwei Jahren und sechs Monaten.

Es sei ein Sexualverk­ehr gewesen, wie er auch schon zuvor in der 17jährigen Ehe der beiden stattgefun­den habe, nur mit dem Unterschie­d, dass die Einwilligu­ng der Frau nicht gegeben war, sagte die Anwältin. Der 45-Jährige habe seine Frau immer noch geliebt. Langzeitfo­lgen bei der inzwischen aus der gemeinsame­n Wohnung ausgezogen­en Frau sah sie durch die Tat nicht. Wegen eines Alkoholpro­blems des „einfach strukturie­rten“Angeklagte­n regte Göbel die Unterbring­ung ihres Mandanten in einer Entziehung­sanstalt an. Die Anwältin ging dabei von einer psychische­n Abhängigke­it des 45-Jährigen von Alkohol aus. „Man kann sich diesen Alkohol nicht einfach wegdenken“,sagte sie. Gegen das Urteil ist das Rechtsmitt­el der Revision zulässig.

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