Der lange Weg zum Hochwasserschutz
Bei einem runden Tisch mit der Gemeinde Neuler erhofft sich Hüttlingen endlich Lösungen
HÜTTLINGEN-NIEDERALFINGEN Seit knapp fünf Jahren ringt die Gemeinde Hüttlingen um einen besseren Hochwasserschutz in ihrem Ortsteil Niederalfingen. Mehrere Lösungen wurden seither verworfen zu teuer oder nicht im Einklang mit dem Naturschutz, so die Einwände. Jetzt will man einen neuen Anlauf nehmen. Dieser Weg wird kein leichter sein, das dürfte Bürgermeister Günter Ensle wohl öfter gedacht haben, wenn das Thema Hochwasserschutz auf der Tagesordnung des Gemeinderats stand. Ein langer Weg ist es jedenfalls: Am Donnerstag mussten sich die Gemeinderäte erneut mit der kniffligen Materie befassen.
Anlass war ein Schreiben des Landratsamts, in dem die Behörde klarstellte, bei der kürzlich stattgefundenen Schlierbach-Begehung sei es zu einem Missverständnis gekommen. Eine Expertin aus dem Landratsamt, die den Gemeinderat und interessierte Bürger bei dieser Wasserschau am 16. März begleitete, hatte angeblich geäußert, bei der Genehmigung von Hochwasserschutzmaßnahmen im Schlierbachtal sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Das hatte bei der Gemeinde für neuen Wirbel gesorgt, denn bis dahin war klar: Staubauten im hinteren Teil des idyllischen Schlierbachtals lehnt die untere Naturschutzbehörde kategorisch ab. Zu groß sei der Eingriff in das besonders schützenswerte FFH-Gebiet.
Diejenigen, die sich an die Worte jener Expertin geklammert hatten wie an einen Strohhalm, wurden nunmehr enttäuscht: Die ablehnende Haltung der Behörde sei nie in Frage gestanden, heißt es in dem Schreiben des Landratsamts vom 24. März.
Zwar lieben die Niederalfinger ihr Schlierbachtal mit dem schönen Skulpturenweg, aber sie lieben auch ihre Häuser und schätzen trockene Keller. Zu lebendig ist die Erinnerung
noch an diesen Tag vor fünf Jahren, als Starkregen die Flüsse anschwellen ließ und den Schlierbach, ein Bächle, zu einem reißenden Strom machte, der im Ort Niederalfingen Gärten, Wege und Keller überflutete. Die Bilanz: 80 Keller wurden überschwemmt, ein Einkaufsmarkt stand vollständig unter Wasser. Übel erwischt hat es auch das Naturerlebnisbad, das laut Ensle „das schönste Europas“ist. Die Feuerwehren der Gemeinden Mögglingen, Rainau und Westhausen leisteten Überlandhilfe. Besonders bitter: Einige Bürger blieben auf ihren Schäden sitzen, bis heute. So ein Hochwasser kommt statistisch zwar nur alle 50 Jahre vor, doch es hat sich eingebrannt ins kollektive Gedächtnis der Niederalfinger. Und mit dem Klimawandel nimmt das Risiko von Überschwemmungen zu. So ist zu erklären, dass es schwierig ist, aus diesem Thema herauszufinden. Die anfangs geplante Staumauer am Naturerlebnisbad mit einer stattlichen Höhe von vier Metern hätte drei Millionen Euro kosten sollen. Ein Zuschuss wurde vom Land abgelehnt mit der Begründung, die Kosten seien höher als der entstandene Schaden, der auf circa zwei Millionen Euro geschätzt wurde. Diese nüchterne Kosten-Nutzen-Rechnung kam bei den betroffenen Anwohnern nicht gut an. Gegen den Bau eines Damms sprachen jedoch auch die besagten Naturschutzgründe.
Einen Knopf dran machen wollte die Gemeinde mit dem Beschluss im Oktober vergangenen Jahres, statt des Damms ein „Mäuerle“entlang des Schlierbachs zu bauen, das die
Wassermassen am Naturerlebnisbad vorbei bis hin zur Brücke zu den Parkplätzes wieder in den Bach lenken soll. Das Planfeststellungsverfahren sei einstimmig beschlossen, so insistierte Ensle bei der Sitzung am Donnerstag, eine aufkeimende Diskussion im Keim erstickend. Denn trotz der damaligen Einstimmigkeit regte sich in den vergangenen Monaten immer wieder Kritik. Der Punkt: Die Mauer schützt angeblich nur eine Hälfte von Niederalfingen, der andere Teil würde durch die Mauer erst recht nasse Füße bekommen. Die Rede ist deshalb von „mehreren kleineren Maßnahmen“im Tal des Schlierbachs. Dahinter steckt die Idee, entlang des Bachs kleine Stauuungen einzubauen, dort, wo es ohnehin Engstellen gibt - naturnah, versteht sich.
Den Knoten durchschlagen will man jetzt mit einem Treffen - falls notwendig unter freiem Himmel mit allen Beteiligten. Dabei sein sollen die Vertreter der Behörden, die Gemeinderäte aus Hüttlingen und Neuler. Mit von der Partie soll auch der Landtagsabgeordnete Winfried Mack sein, der sich für die Niederalfinger ins Zeug legen wollte – passiert ist nichts. Besonders Karin Jennewein, Gemeinderätin und Niederalfingerin, machte sich für das Treffen stark. Es sei jetzt „endlich!“an der Zeit, sich auch mit Neuler abzusprechen. Corona könne auf Dauer kein Grund sein, das Treffen hinauszuzögern, schließlich könne man sich auch auf einem Acker und mit Abstand treffen. Ensle versprach es: Noch vor der Sommerpause soll das Treffen stattfinden.