Klimawandel: Unser Wald in Not
In der Corona-Krise werden Wälder von vielen als Rückzugs- und Erholungsort besucht
BOPFINGEN (zt) - Ende Februar kam die schockierende Nachricht, dass die Wälder in Deutschland immer mehr unter Umwelteinflüssen zu leiden haben. Zu diesem Thema haben Lina Maile und Paula Eder, Neuntklässlerinnen am Bopfinger OstalbGymnasium, den Leiter des Bopfinger Forstreviers, Förster Klaus-Peter Weber befragt.
Herr Weber, woran erkennt man, dass ein Wald kaputt ist?
Ein gesunder Wald zeichnet sich durch eine Vielfalt von Baumarten aus. In unserer Region gehören die Fichte, Tannen, Buchen und Eichen zu den Hauptbaumarten. Im Sommer treten bei den Buchen massive Blattverluste und Kronenverlichtungen auf. Die Bäume lassen im Sommer vorzeitig ihr Laub und schützen sich so gegen das Vertrocknen. Insbesondere bei älteren Buchen kann der obere Kronenbereich nicht ausreichend mit Wasser versorgt werden. Es kommt zu Absterbeerscheinungen von einzelnen Kronenteilen und letztendlich zum Absterben des ganzen Baumes. Auch die Fichte, die eine flachwurzelnde Baumart ist, leidet sehr stark unter der Trockenheit und wird dadurch anfälliger für Borkenkäferbefall.
Was sind die Hauptursachen von kaputten Wäldern?
Wir erleben das dritte Jahr in Folge mit hohen Temperaturen und Trockenheit. Die Bäume kommen in einen Trockenstress, da die Waldböden tiefgründig austrocknen und die Wurzeln die Wasserdepots nicht mehr erreichen. Der geringe Niederschlag in der Vegetationsphase und Temperaturen von über 40 Grad Celsius verursachen neue Klimabedingungen, die unsere heimischen Baumarten nicht gewohnt sind. Da die Klimaerwärmung sehr schnell voranschreitet, fehlt den Bäumen die Zeit, sich anzupassen.
Was sind die Folgen für die Natur sowie die Tiere?
Der Wald wird niemals sterben aber er wird sich verändern. Einige heimische Baumarten – vor allem heimische Nadelbäume –werden langfristig keine optimalen Lebensbedingungen mehr vorfinden und regional aus unseren Wäldern verschwinden. Gegen Schadinsekten mussten sich die Bäume immer schon wehren, was für einen vitalen Baum auch kein Problem ist. Durch den Klimawandel wandern jedoch wärmeliebende Schadinsekten weiter nach Norden und treffen hier auf Bäume mit einer geringen Widerstandskraft. Aktuell ist das der Eichenprozessionsspinner, der die Eichen befällt. Die Raupen fressen die Kronen kahl, dadurch wird die Wuchsleistung reduziert. Einmaligen Kahlfraß können die Bäume in der Regel ohne größere Folgen überstehen – ein wiederholter Massenbefall kann jedoch die Eichen zum Absterben bringen.
Sind die Wälder in unserem Umkreis unterschiedlich betroffen? Die örtlichen Bedingungen sind sehr unterschiedlich. Auf flachgründigen Südhängen sowie auf sandigen und skelettreichen Böden, die eine geringe Wasserkapazität aufweisen, bemerken wir ein verstärktes Absterben der Buche. An Nordhängen und tiefgründigen Böden sind die Bäume vitaler und gesünder. Die Wälder auf einer Höhenlage um die 600 Meter weisen noch geringere Trockenschäden auf, da hier die Durchschnittstemperatur niedriger ist. In Waldbeständen mit einem geschlossenen Kronendach ist das Waldinnenklima besser und die Bäume sind nicht so stark der Sonne ausgesetzt wie einzeln stehende Bäume, die rundum besonnt werden. Generell kann man sagen, je älter und höher die Bäume sind, umso größer ist das Risiko.
Glauben Sie, dass die Corona-Zeit etwas daran ändert?
In der Corona-Krise werden die Wälder von vielen als Rückzugs- und Erholungsort besucht. Die Besucher nehmen auch den Zustand unserer Waldbäume wahr, der Wald erfährt eine höhere Wertschätzung. Die ökologischen Leistungen, die Wald und die Waldbesitzer für die Allgemeinheit leisten, sind enorm.
Was können wir Menschen für unsere Wälder tun?
Damit wir uns schon heute auf die Folgen des Klimawandels vorbereiten können, werden Klimamodelle genutzt. Die Reduzierung des CO2Ausstoßes ist zentraler Bestandteil des Klimaschutzes. Damit der Wald auch in Zukunft seine vielfältigen Funktionen erfüllen kann, ist es notwendig, klimastabile Mischwälder aufzubauen. Bei der Wiederbewaldung müssen wir das Risiko durch die Mischung von verschiedenen Baumarten streuen. Wir werden auch in Zukunft auf der Ostalb keine Zitronen- oder Olivenbäume pflanzen können, da es immer Spätfröste und kalte Winter geben wird.