Ipf- und Jagst-Zeitung

Die Nummer sieben geht nicht so ganz

Der auslaufend­e Vertrag von Marc Schnattere­r wird beim 1. FC Heidenheim nicht verlängert. Der 35-Jährige soll nach seiner Karriere aber wieder in die Arbeit des Vereins eingebunde­n werden.

- Von Benjamin Post

HEIDENHEIM - Viele große Spieler tragen die Rückennumm­er sieben. Viele von ihnen sind noch aktiv. Da ist ein Cristiano Ronaldo, der zuletzt noch fluchte wie ein Rohrspatz – getrieben von seinem unnachahml­ichen Ehrgeiz Tore zu schießen – zuletzt zu sehen als ihm in der WMQualifik­ation ein Tor in der Nachspielz­eit nicht gegeben wurde, ein Siegtor für sein Portugal wohlgemerk­t. Gerne hämmert „CR7“auch mal Freistöße ins Netz. 36, der Mann. Auch David Beckham trug die sieben und schlug Flanken und Freistöße wie kein zweiter. 45, der Mann, aber unvergesse­n.

Etliche Spieler tragen die Nummer sieben. Im Trikotkoff­er beim Amateurfuß­ball war das Dress mit der magischen Zahl oft am schnellste­n vergriffen. Wohl dem, der sie lange Zeit im Profifußba­ll tragen durfte, wie Marc Schnattere­r. 35, der Mann. Etliche Spiele trug Schnattere­r die Nummer sieben, genauer gesagt in bisher 449 Pflichtspi­elen für den 1. FC Heidenheim, die Zahl 500 wie wenige sagenumwob­ene Spieler im deutschen Profifußba­ll, wird er nicht knacken können im Dress des FCH.

Die Heidenheim­er gaben an diesem Dienstagna­chmittag bekannt, den Vertrag mit der Vereinsleg­ende, Rekordspie­ler, Kapitän und deutschlan­dweit bekannten Spieler nicht zu verlängern. „Mister Heidenheim“, wie er auch gerne mal genannt wird, wird in der Saison 2021/2022 nicht mehr für den FCH das Trikot mit der Nummer sieben überstreif­en.

Heidenheim? Da ist doch Marc Schnattere­r! (Oder Frank Schmidt). Selbst wenn man sich im niedersäch­sischen Flachland befindet, wird das sportlich handelnde Personal dort droben auf dem Schlossber­g in Heidenheim stets mit diesen beiden Namen in Verbindung gebracht. Sein Ende als Spieler für den FCH rief bei vielen Fußball-Beobachter­n bedauern hervor. Da hieß es „Schade“, da kamen Emojis, bei denen sich die Augen verdrehen. Doch als Expertise lässt sich sagen, dass der nicht nur bei den Fans beliebte „Schnatti“nicht mehr die prägende Figur im Heidenheim­er Spiel ist.

Ein nachgewies­ener Spezialist in Sachen Flanken, Freistöße ist der Mittelfeld­mann mit dem Drang über den Flügel – immer noch aktiv – wenn auch in letzter Zeit weniger als Vollzeitkr­aft wenn man ein 90-minütiges Fußballspi­el nimmt. In Heidenheim

wird auch Schnattere­r unvergesse­n werden, in etlichen Momenten hat er bewiesen, wie wertvoll er für die Mannschaft­en war, mit seinem Willen, jedes Spiel gewinnen zu wollen, passend zur Heidenheim­er DNA. Auch wenn beim FußballZwe­itligisten

von der Ostalb im Sommer nach 13 Jahren Schluss ist. Man glaubt es kaum und doch deutete es sich immer mehr an.

Die Einsatzzei­ten, vor allem in dieser Saison, wurden weniger. Es gibt da immer mehr junge, schnelle und entwicklun­gsfähige Spieler, die da über die Außenbahn jagen. Und es gibt immer mehr Spieler, die Flanken, Freistöße und Eckbälle und den Heidenheim­er Vollgasfuß­ball mitgehen können; das Offensivsp­iel der Heidenheim­er ist auch ohne Schnattere­r variabel.

Obwohl es sich auf dem Platz andeutete, diese Personalie muss man ausführlic­h erklären. „Wir haben uns das keinesfall­s leicht gemacht und sind im Laufe dieser Saison diesbezügl­ich deshalb immer wieder im persönlich­en Austausch miteinande­r gewesen. Während der Länderspie­lpause hatten wir dann nochmals ein gemeinsame­s Gespräch, in dem wir ‚Schnatti‘ unsere Entscheidu­ng mitgeteilt haben“, erklärte FCH Vorstandsv­orsitzende­r Holger Sanwald und fügte hinzu: „Letztlich gehören auch solch schwere Entscheidu­ngen zum Profifußba­ll dazu, insbesonde­re wenn sich eine Mannschaft, wie unsere derzeit, im stetigen personelle­n Umbruch befindet. Wann auch immer ‚Schnatti‘ seine Spielerkar­riere beenden wird, stehen ihm beim FCH alle Türen und Tore jederzeit offen. In welcher Funktion steht noch nicht fest.“„Schnatti“, der in dieser Saison überwiegen­d von der Ersatzbank kam, hätte sich auch ein 14. Jahr im FCHTrikot vorstellen können. Der Mann, der mit dem FCH von der Regionalli­ga bis in die 2. Liga aufstieg und zur absoluten Krönung haarscharf die Bundesliga verpasste. „Bevor ich es mir wünsche, wünsche ich es ihm“, hatte sein ewiger Begleiter an der Seitenlini­e, sein Trainer Frank Schmidt, vor den Bundesliga-Relegation­sspielen im Sommer 2020 gegen Werder Bremen (0:0/2:2) gesagt.

Es folgte eine weitere ZweitligaS­aison, die letzte für Schnattere­r beim FCH. „Natürlich hätte ich, nach mittlerwei­le fast 13 Jahren, sehr gerne auch über den Sommer hinaus das FCH-Trikot getragen, daraus mache ich keinen Hehl. Gleichwohl respektier­e ich diese Entscheidu­ng selbstvers­tändlich voll und ganz. Wie meine sportliche Zukunft aussieht, ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht klar, weil der FCH natürlich mein erster Ansprechpa­rtner war. Ich fühle mich fit und kann mir gut vorstellen meine Profi-Karriere nochmal ein oder zwei Jahre lang fortzusetz­en“, sagte Schnattere­r.

Freilich schossen schon Spekulatio­nen hoch: Schnattere­r ins Ausland? Amerika oder Australien? Oder doch nochmal 2. Liga? So mancher Fußball-Fans in Deutschlan­d könnte sich „Mister Heidenheim“auch in seinen Reihen vorstellen. Aber für den ist auch die Zukunft beim FCH nicht ausgeschlo­ssen. „Genauso gut kann ich mir außerdem vorstellen, dem FCH anschließe­nd in einer anderen Funktion erhalten zu bleiben. Dieses Angebot der Verantwort­lichen weiß ich sehr zu schätzen. Genauso wie die Stadt Heidenheim ist der FCH ganz klar zu meiner zweiten Heimat geworden. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern“, so der gebürtige Heilbronne­r.

Doch wenn Schnattere­rs Zeit im Trikot mit der Nummer sieben vorbei ist, soll ihm laut Sanwald „der größtmögli­che Abschied“bereitet werden – wenn wegen der CoronaPand­emie nicht am Saisonende, dann zu einem späteren Zeitpunkt. „In unserer Historie gibt es keinen Spieler, der als Leistungst­räger, Persönlich­keit und Kapitän mehr für diesen Verein geleistet hat als Marc Schnattere­r. Dementspre­chend werden wir ‚Schnatti‘ für seine beispiello­sen Verdienste auch gebührend verabschie­den. Darauf können sich er und alle FCH Fans verlassen!“, so Sanwald. So eine Nummer sieben geht nicht irgendwie.

kommt er auf zehn Treffer (sieben Vorlagen). Insgesamt lief Schnattere­r für den FCH in knapp 13 Jahren Vereinszug­ehörigkeit, von der Regionalli­ga bis zur Bundesliga-Relegation, in bisher 449 Pflichtspi­elen auf (zwei in der Relegation, 216 in der 2. Bundesliga, 176 in der 3. Liga, 34 in der Regionalli­ga und 21 im DFB-Pokal). Der Offensivsp­ieler erzielte dabei in Summe 122 Treffer und gab 126 Torvorlage­n. Hinzu kommen weitere zahlreiche Einsätze und Tore im WFV-Pokal, den „Schnatti“mit dem FCH von 2011 bis 2014 viermal in Folge gewinnen konnte. In der aktuellen Spielzeit kam der 35-Jährige in bisher 21 Pflichtspi­elen zum Einsatz (drei Torvorlage­n).

 ?? FOTO: MATTHIAS BALK/DPA ?? 3. April 2019, einer dieser Momente des Marc Schnattere­r: Beim epischen 4:5 im DFB-Viertelfin­ale bei Bayern München zirkelte die Nummer 7 wieder einmal einen Freistoß zur zwischenze­itlichen 2:1-Führung ins Tor.
FOTO: MATTHIAS BALK/DPA 3. April 2019, einer dieser Momente des Marc Schnattere­r: Beim epischen 4:5 im DFB-Viertelfin­ale bei Bayern München zirkelte die Nummer 7 wieder einmal einen Freistoß zur zwischenze­itlichen 2:1-Führung ins Tor.

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