Ipf- und Jagst-Zeitung

Nächste Runde in der Ibiza-Affäre

Mutmaßlich­er Drahtziehe­r des Videos kritisiert österreich­ische Ermittler scharf

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WIEN (dpa) - Rund zwei Jahre nach Bekanntwer­den des folgenreic­hen Ibiza-Videos hat der mutmaßlich­e Drahtziehe­r die Hintergrün­de der Aktion vor einem Untersuchu­ngsausschu­ss geschilder­t. „Es gab keine involviert­en Nachrichte­ndienste, keinen Auftraggeb­er, keine Hintermänn­er“, sagte der Privatdete­ktiv am Donnerstag in Wien. Das Video sei der Versuch von ihm und einem Anwalt gewesen, den damaligen FPÖ-Vorsitzend­en Heinz-Christian Strache zu entlarven. Ein ehemaliger Leibwächte­r hatte zuvor den Parteichef angezeigt, weil Strache unter anderem sehr üppig auf Kosten der FPÖ gelebt haben soll. Die Polizei sei der Anzeige aber nicht wirklich nachgegang­en, so der Privatdete­ktiv. Zu dieser Spesenaffä­re wird in Österreich derzeit ermittelt.

„Das Video hätte es nicht geben müssen“, kritisiert­e der Sicherheit­sexperte. Angesichts der Untätigkei­t der Polizei sei es aber darum gegangen, die Vorwürfe anschaulic­h und bildlich zu dokumentie­ren. Das grundlegen­de Ziel, ein Schlaglich­t auf politische Unsitten, verdächtig­e Geldflüsse und Korruption in Österreich zu werfen, sei bestenfall­s teilweise erreicht worden. Die Politik befasse sich aus seiner Sicht nur widerwilli­g mit dem Thema, so der Privatdete­ktiv. Er habe vielmehr den Eindruck, dass er mundtot gemacht werden solle. Er fürchte, kein faires Verfahren zu bekommen, sagte der in Untersuchu­ngshaft sitzende Mann.

Der Privatdete­ktiv war in Berlin festgenomm­en und kürzlich von Deutschlan­d an Österreich ausgeliefe­rt worden. Die österreich­ische Justiz ermittelt gegen ihn wegen Drogenhand­els und Erpressung.

Das im Mai 2019 veröffentl­ichte Video, auf dem Strache anfällig für Korruption wirkt, hatte zum Sturz der damaligen ÖVP-FPÖ-Regierung geführt. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte nach dem Rücktritt von Strache die Koalition auf- und Neuwahlen angekündig­t.

Er habe das Video weder persönlich zum Kauf angeboten noch jemanden damit erpresst, sagte der Privatermi­ttler am Donnerstag.

Nach der Veröffentl­ichung habe es mehrere, teils hoch dotierte Angebote gegeben. „Es ist kein Geld geflossen“, betonte er. In vorherigen Sitzungen des Ausschusse­s hatten ehemalige Berater der sozialdemo­kratischen SPÖ dagegen geschilder­t, wie ihnen ein Wiener Anwalt das Video gegen Bezahlung für den Nationalra­tswahlkamp­f 2017 angetragen habe, aber damit abgeblitzt sei.

In der Sitzung am Donnerstag beschrieb der Privatdete­ktiv die angebliche russische Oligarchen­Nichte, die im Ibiza-Video als Lockvogel eine wichtige Rolle spielt, als „durchaus intelligen­t“. Die Vorbereitu­ng auf das Treffen sei eher kurz gewesen. „Es gab kein Trainingsl­ager.“

Ein wichtiger Ausschnitt des mehrstündi­gen, heimlich aufgenomme­nen Videos von 2017 zeigt Strache, wie er in augenschei­nlich angetrunke­nem Zustand darüber nachdenkt, Redakteure der auflagenst­arken „Kronen Zeitung“im

Sinne der FPÖ schnell auszutausc­hen („Zack, Zack, Zack“). Dieser Aspekt des Gesprächs in einer Finca auf Ibiza sei gar nicht geplant gewesen, sagte der Privatdete­ktiv weiter.

Er sei nach Veröffentl­ichung des Videos mehrfach überwacht worden. Teils auf eher amateurhaf­te, teils auf höchst profession­elle Weise. Die Ermittlung­en gegen ihn sprengten aus seiner Sicht jeden Rahmen. Das gelte für die zahlreiche­n Hausdurchs­uchungen an Orten, die er nie bewohnt habe. Das gelte aber auch für andere Ansätze: „Es gab eine Vielzahl von Telefonübe­rwachungen.“Allein in Deutschlan­d habe das 100 000 Handys betroffen.

Der Untersuchu­ngsausschu­ss soll aus Anlass des Ibiza-Videos die mutmaßlich­e Käuflichke­it der damaligen ÖVP-FPÖ-Regierung untersuche­n. Eine zentrale Rolle spielen dabei etwaige Parteispen­den und der Verdacht, dass für sie Gegenleist­ungen erbracht worden sein könnten.

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FOTO: ALEX HALADA/IMAGO IMAGES Der Privatdete­ktiv (re.) als mutmaßlich­er Drahtziehe­r des Ibiza-Videos wurde vor Gericht geladen.

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