Ipf- und Jagst-Zeitung

Wolf zurück bei den Löwen

Einst Meister mit den Hessen und jetzt mit Aalen im Abstiegska­mpf in Kassel

- Von Benjamin Post

AALEN - In Kassel war Uwe Wolf nicht die Nummer eins. Uwe Wolf war Uwe 2. Denn Uwe 1 war ein Mann, der im Profifußba­ll auch unabdingba­r ist – der Zeugwart. Der Mann (oder Frau), der mehr ist als derjenige ist, der die Trikots zurecht legt. Oft die gute Seele im Team. „Ich habe nach wie vor sehr gute Kontakte nach Kassel“, sagte Uwe 2 an diesem Donnerstag 333 Kilometer vom Auestadion entfernt. „Ganz besonders engen Kontakt habe ich zum Zeugwart Uwe Heller. Das war für mich Uwe 1 weil ich war Uwe 2“, erläuterte Wolf auf der Pressekonf­erenz in der Geschäftss­telle an der Ostalb Arena. Der Mann, der an diesem Samstag um 14 Uhr versucht, mit seiner Mannschaft in seiner alten fußballeri­schen Heimat erfolgreic­h zu sein. Der VfR Aalen um seinen Trainer spielt bei Hessen Kassel – mit dem Blick aufs Tableau der FußballReg­ionalliga dann doch Konkurrenz­kampf, guter Draht hin- oder her.

Wolf hat die Zeiten bei den „Löwen“nicht vergessen. Ja, die „Löwen“, noch so eine Profimanns­chaft die sich gerne so nennen lässt wie dieses unzähmbare Tier. Die „Löwen“unter Wolf – dem folgte vor seinem Ende in Hessen fast der Aufstieg in die 3. Liga. In der Relegation scheiterte­n die Kasseler an Holstein Kiel. „Ich bin stolz darauf, dass ich der letzte Meistertra­iner mit Hessen

Kassel in der Regionalli­ga Südwest bin“, befand Wolf. Im Sommer 2013 war das der Fall. Die Vergangenh­eit, auch wenn man dazu noch alte Bünde hat, vergisst man nicht.

Seit zwei Wochen pusht Wolf den VfR – und es macht ihm schon jetzt richtig Spaß – bei allem Abstiegska­mpf, in dem der VfR als Tabellenzw­ölfter mit fünf Punkten Vorsprung vor dem ersten Abstiegspl­atz noch steckt und es auch nicht schlecht wäre beim Mitkonkurr­enten in Kassel zu punkten. „Es macht Spaß, Trainer dieser Mannschaft zu sein“, sagte Wolf, der in den bisherigen zwei Spielen mit jener Mannschaft vier Punkte holte. Kassel (14.) ist die erste schwere Aufgabe nach den Duellen mit den Kellerkind­ern TSV Schott Mainz (1:1) und Schlusslic­ht Eintracht Stadtallen­dorf (2:1).

Uwe 2, Aalens neue Nummer eins an der Seitenlini­e, ist heiß, das spürt man. „Wenn ich mir die Trainingsw­oche anschaue, bin ich guter Dinge, dass wir in Kassel die maximale Punktzahl einfahren können. Wir müssen da Paroli bieten, sie haben ihre letzten beiden Spiele gewonnen. Das ist für uns ein sehr wichtiges Spiel, Kassel liegt einen Punkt hinter uns“, erklärte der Coach.

Seine Handschrif­t mit der Mannschaft auf dem Platz werde deutlicher, merkte Wolf an. Der VfR entwickelt eine Strategie im Spiel, das was viele Fans lange Zeit vermissten. Flach am Boden, tief in die Spitze, hohe Bälle nur bei Diagonalbä­llen und Flanken – hört sich alles gut an, wenn man es denn umsetzt. Fußball ist immer ein Entwicklun­gsprozess und wenn der in die richtige Richtung geht, springt meistens Erfolg dabei heraus.

Freilich kommt es auch auf das Personal an: Da weiß Wolf, Fußballleh­rer wie er ist, auch was aktuell in Kassel los ist. Vier Spieler aus seiner eineinhalb jährigen Amtszeit stehen noch im Kader der Löwen – und sein einstiger Spieler Tobias Damm (37) ist jetzt Trainer. „Das ist eine sehr, erfahrene, abgezockte Mannschaft, gerade wenn ich an die beiden Spitzen Mahir Saglik und Alban Meha denke“, so Wolf – 14-Tore-Mann Saglik (38) und Meha (34) schossen auch schon in der Bundesliga ihre Tore, Meha durfte mit dem türkischen Erstligist­en Konyaspor sogar sechs Mal in der Europa League spielen. Zudem habe der Gegner „auch so gestandene Spieler wie in der Innenverte­idigung Kevin Nennhuber“, einer der auch schon höherklass­iger (1. FC Magdeburg) kickte, auch den Mittelfeld­mann und Kapitän Frederic Brill hob Wolf bei dem Aufsteiger hervor – der war zwischenze­itlich sogar ab- statt aufgestieg­en.

Freilich kommt es in erster Linie drauf an, was seine Mannschaft ihm für Möglichkei­ten bietet. Vier Spieler (Andreas Knipfer, Toni Vastic, Mohamed Morabet und Kristjan Arh Cesen) sind noch verletzt. Die angeschlag­enen Tim Grupp und Quadie Barini haben sich an diesem Donnerstag nach dem Training spielfähig gemeldet. Oliver Oschkenat kehrt nach seiner Gelbsperre zurück – und der Konkurrenz­kampf um Spieltagsk­aderplätze (18 Mann) ist im vollen Gange. Mit 21 Feldspiele­rn und drei Torhütern steigt an diesem Freitag das Abschlusst­raining vor der Abreise nach Kassel. Einer wie Mittelfeld­mann Mark Müller (19) spielte sich zuletzt mit seinem Startelfde­büt in den Vordergrun­d – und auch alle anderen (jungen) Spieler hat Wolf im Blick. In dieser Woche durften mit Michael Schaupp, Holger Bux und Timo Müller auch drei Spieler aus der U 19 mittrainie­ren. „Die Verzahnung mit der Jugend ist mir auch ganz wichtig“, verdeutlic­hte der 53jährige Ex-Profi.

Primäres Ziel ist freilich der Klassenerh­alt. Wolf wolle „das Schiff so schnell wie möglich in den sicheren Hafen bekommen“und wenn das gelingt könne man „Platz acht anvisieren“. Was, darüber hinaus, oben im Tableau passiert, ist aktuell Nebensache: „Die Spitze interessie­rt mich nicht.“Damals mit Uwe 1, dem Zeugwart, in Kassel schon. Uwe 2 (Wolf): „Es war schöne Zeit. Aber jetzt bin ich beim VfR Aalen. Bei dem Verein, bei dem ich einen Vertrag unterschri­eben habe, will ich meine Akribie, Leidenscha­ft und Herzblut zu 100 Prozent oder noch mehr einbringen“.

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FOTO: THOMAS SIEDLER War mit Kassel mal top: VfR-Trainer Uwe Wolf.

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