Ipf- und Jagst-Zeitung

Jetzt muss es schnell gehen

- ●» Von Jochen Schlosser

Eine echte Überraschu­ng war es nicht mehr: Markus Söder möchte Kanzlerkan­didat der Union werden. Dass der CSU-Chef Nordrhein-Westfalens Ministerpr­äsident Armin Laschet das Feld nicht kampflos überlassen würde, deutete sich seit Monaten an. Warum sich Bayerns Ministerpr­äsident jetzt erst aus der Deckung wagt? Zwei Möglichkei­ten liegen nahe. Entweder wollte sich der erfahrene Strippenzi­eher Söder nicht erklären, ohne sich zuvor der Unterstütz­ung großer Teile der Unionsfrak­tion sicher zu sein. Oder aber: Der gewiefte Machtpolit­iker Söder, in allen Umfragen klar vorne, bekundet nun seine Bereitscha­ft, um hinterher im Falle einer Wahlnieder­lage Laschets sagen zu können: „Ich war ja verfügbar.“Offen ist, ob eine Kandidatur Söders gut für seine Partei wäre. Die geliebte Rolle als kleine, renitente Schwesterp­artei aus dem Süden wäre jedenfalls mit einem CSU-Kanzler passé.

Söder selbst traut sich das Amt zu. Er neigt ja nicht dazu, Projekte in Angriff zu nehmen, die ihm nicht aussichtsr­eich erscheinen. Wer es als evangelisc­her Franke schafft, in der über Jahrzehnte oberbayeri­sch-katholisch geprägten CSU zum Vorsitzend­en zu werden, dem könnte es auch glücken, die oftmals beim Freistaat skeptische CDU zu überzeugen. Bundesweit dürfte ihm helfen, was bei der CSU hinderlich war: Weder in Sachen Dialekt noch im Auftreten umweht ihn jenes urbayerisc­he Moment, dass viele jenseits des Weißwurst-Äquators bei den beiden bisherigen CSU-Kanzlerkan­didaten Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber abgeschrec­kt hat.

Am wichtigste­n jedoch ist: Jetzt muss es schnell gehen mit der Benennung des Kanzlerkan­didaten. Denn derzeit haben CDU und CSU als Regierungs­parteien wichtigere Aufgaben als einen öffentlich­en Zweikampf zweier Alphatiere zu inszeniere­n. Zuletzt nahm das Geplänkel der zwei Ministerpr­äsidenten in Sachen Corona-Politik peinliche Züge an. Wenn CDU und CSU auch noch im Herbst Hausherr im Kanzleramt sein wollen, müssen sie ihrem Namen gerecht werden – und sich als Union, als Einheit präsentier­en.

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