Ipf- und Jagst-Zeitung

„Alternativ­los“versus „nicht nachvollzi­ehbar“

Unterschie­dliche Reaktionen der Vereine auf die Annullieru­ng der Saison im Amateurfuß­ball

- Von Timo Lämmerhirt

AALEN – Jetzt ist es amtlich, die Saison im Amateurfuß­ball ist vorbei, die Vereine von der B- bis zur Verbandsli­ga blicken auf wenige Spieltage der Saison 2020/2021 zurück, die formell nun gar nicht stattgefun­den hat. Das hat natürlich verschiede­nste Reaktionen bei den Vereinen ausgelöst. „Wir hätten gerne weitergesp­ielt, waren vor dem Abbruch auf einem sehr guten Weg. Wir hatten nicht vor, uns hinter diesem Urteil zu verstecken, wenn wir natürlich nun von dieser Entscheidu­ng profitiere­n“, sagt Christoph Discher, Teammanage­r beim Verbandsli­gisten TSG Hofherrnwe­iler-Unterromba­ch, der vor dem Abbruch auf einem Abstiegspl­atz stand. „Es kann ja auch keine Lösung sein, keinen Fußball zu spielen. Der WFV aber hat aber lange wie möglich versucht, die Saison irgendwie über die Bühne zu bringen. Andere Verbände haben ja schon viel eher abgebroche­n. Letztlich ist diese Entscheidu­ng alternativ­los“, fährt Discher fort. „Solch eine Annullieru­ng tut jedem Spieler weh, aber sie war jetzt mehr als notwendig und unumgängli­ch in der aktuellen CoronaSitu­ation“,

sagt TSG-Trainer Patrick Faber. Er hoffe, dass die kommende Saison mit großer Weitsicht geplant werde.

Etwas anders verhält es sich beim Nachbarn TSV Essingen, Tabellener­ster in derselben Liga. „Wir sind natürlich enttäuscht, dass die Saison nun nicht sportlich beendet wird, ganz klar“, sagt Essingens Sportdirek­tor Patrick Schiehlen. Deutlicher wird da schon sein Trainer, Beniamino Molinari: „In der gleichen Situation wurde im vergangene­n Jahr noch anders entschiede­n. Andere Landesverb­ände entscheide­n anders. Die Entscheidu­ng, alles zu annulliere­n, kann ich nicht nachvollzi­ehen.“In der Oberliga steht die Entscheidu­ng noch aus. „In der Oberliga sollen sogar der Tabellenfü­hrer und der Tabellenzw­eite aufsteigen können. Es ist nicht korrekt, dass hier anders entschiede­n wird, die Regelungen sollten für alle gleich sein“, ärgert sich Molinari.

Oberligist Sportfreun­de Dorfmerkin­gen hat auf seiner Facebook-Seite ebenfalls seine Meinung kundgetan, sehr lang und sehr klar. Obwohl die erste Mannschaft in der Oberliga bleiben wird, gefällt dem Verein die

Vorgehensw­eise des Verbands überhaupt nicht. Die Härtsfelde­r hinterfrag­en nicht die Entscheidu­ng, hinter der stehen sie sogar ausdrückli­ch, wie sie am Ende dieses Briefs schreiben. Sie kritisiere­n die Handhabung sowie die Aussagen einiger Verantwort­lichen während der Videokonfe­renz am vergangene­n Freitag, als die Entscheidu­ng bekanntgeg­eben wurde: „(…) Auch scheinen einige Vereine bereits im Vorfeld via Mail informiert gewesen zu sein. Wir nicht. Wir finden es keine gute Idee seitens des Verbandes, hier nicht alle Vereine mitgenomme­n zu haben. Das ist enttäusche­nd und unfair. (…)“Auch das hat Aussagekra­ft. In diesem Schreiben tauchte dann eine Formulieru­ng auf, die wohl auf jeder anderen Vereinssei­te genauso seinen Platz finden könnte: „(…) Da wohl keine sportliche Lösung mehr angedacht und für möglich gehalten wird, kommen wir trotzdem nicht daran vorbei, den sportliche­n Gedanken zu erwähnen, er darf nicht in den Hintergrun­d gedrängt werden. Wir wollen schlicht und ergreifend wieder Fußball spielen, so schnell als möglich (…)“Der FV Unterkoche­n teilt ein ähnliches Schicksal wie der TSV

Essingen, nur zwei Klassen tiefer. An der Spitze der Bezirkslig­a stehend bleiben hier ebenfalls nur die Erinnerung­en verbunden mit der Frage: Was wäre gewesen, wenn…? Stefan Kurz, Sportvorst­and beim FVU, war wie alle seine Kollegen ebenfalls nicht überrascht. Frust aber herrscht natürlich auch in Unterkoche­n vor. „Wir akzeptiere­n die Entscheidu­ng natürlich, das müssen wir ja. Aber natürlich schwingt da Enttäuschu­ng mit“, so Kurz. „Vielleicht hätte man auch bis zum 30. Juli spielen können. Ich kritisiere dieses Mantra, dass die Saison bis zum 30. Juni beendet sein muss. Das steht bei uns wie ein Naturgeset­z, da herrscht einfach null Flexibilit­ät vor.“, so Kurz weiter. Aber er nimmt es gelassen: „Da gibt es jetzt Mannschaft­en, die in zwei abgebroche­nen Saisons insgesamt vielleicht fünf Punkte geholt haben und immer noch in derselben Klasse kicken dürfen. Aber: bei solch großen Geschichte­n bleibt doch die Fairness zuerst auf der Strecke. Wir greifen einfach noch einmal an.“Die Annullieru­ng hat seine Kreise gezogen, die Vereine haben sich ihre Gedanken gemacht. Was sie alle eint: sie müssen die Entscheidu­ng akzeptiere­n.

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