Das Schwerefeld der Erde wird auch in Ellwangen vermessen
Das Kreisberufsschulzentrum ist jetzt Teil des Deutschen Schweregrundnetzes
ELLWANGEN (ij) - Im Untergeschoss des Kreisberufsschulzentrums Ellwangen findet sich neuerdings eine Vermessungsmarke des Deutschen Schweregrundnetzes. Das Schulzentrum ist nämlich Standort für Schweremessungen des Bundesamts für Kartographie und Geodäsie (BKG) und damit Teil des Deutschen Schweregrundnetzes, das deutschlandweit aus 35 Messstationen besteht.
Das BKG ist für die Sicherung der Schwerereferenz in Deutschland verantwortlich. Dafür betreibt das BKG stationär sogenannte supraleitende Gravimeter (SG) in Observatorien und operativ nutzbare Absolutgravimeter (AG), die die Schwerebeschleunigung nach dem Prinzip des freien Falls im Vakuum messen. Durch wiederholte Messungen werden mit diesen Geräten das Niveau und der Maßstab der Schwerebeschleunigung in Deutschland an ausgewählten Punkten überwacht.
Einer der beiden bisherigen Messpunkte in Baden-Württemberg befand sich bereits im Ostalbkreis – und zwar in der Hermann-HesseSchule Aalen. Da dort wegen baulicher Änderungen der Messpunkt nicht mehr bleiben konnte, wurde jetzt am Kreisberufsschulzentrum Ellwangen ein neuer Messpunkt eingerichtet, der mit einer Metallplatte dauerhaft markiert ist.
„Mit Unterstützung des Geschäftsbereichs Geoinformation und Landentwicklung des Landratsamts Ostalbkreis fanden die ersten Schweremessungen statt. In zehn Jahren sind dann die ersten Wiederholungsmessungen geplant“, berichten Jürgen Eisenmann, Leiter des Kreis-Geschäftsbereichs, und Claudia Vogel, seine Stellvertreterin. „In der Zwischenzeit dient dieser Punkt als Anschlusspunkt für relative Messungen. Mit Relativgravimetern, die auf dem Prinzip einer Federwaage beruhen und deshalb nur örtliche Differenzen im Schwerewert messbar machen können, kann dann der absolute Schwerewert von Ellwangen mit hoher Genauigkeit in die weitere Umgebung übertragen werden.“Er dient somit vor allem als Referenz für das Schwerenetz des Landes BadenWürttemberg.
Für die Bestimmung der physikalischen Figur, also der Form der Erde ist die Vermessung des Schwerefeldes an der Erdoberfläche die Grundlage. Und deshalb weiß man inzwischen auch, dass die Erde keine ganz gleichmäßige Kugel ist. Notwendig ist die genaue Kenntnis des Schwerewerts zum Beispiel auch dort, wo Präzisionswaagen kalibriert werden.
TRAUERANZEIGEN
„Der bisherige Schweregrundnetzpunkt in Aalen war Teil eines in den 1970er Jahren erkundeten Netzes. Nachdem der Messpunkt in Aalen
nicht weiter genutzt werden kann, war es für uns naheliegend, uns beim BKG dafür einzusetzen, dass der Ersatzmesspunkt in der Region bleibt. Wir freuen uns, dass der Ostalbkreis mit dem Kreisberufsschulzentrum Ellwangen eine Liegenschaft zur Verfügung stellen kann, die alle Anforderungen perfekt erfüllt“, so Jürgen Eisenmann.
Dazu gehören ein stabiler geologischer Untergrund, die langfristige Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes in öffentlicher Hand, die gute Zugänglichkeit zum Messpunkt, eine möglichst stabile Raumtemperatur, eine stabile Gründungssubstanz des Gebäudes, um Setzungen zu vermeiden und ein stabiles Bodenfundament ohne Hohlraum unter dem Fußboden.
Als der Mathematiker und Physiker Sir Isaac Newton (1643 1727) in seinem Garten sitzend beobachtete, wie ein Apfel vom Baum zur Erde fällt, stellte er sich die Frage, warum der Apfel eigentlich nach unten fällt. In der Folge entwickelt er die Theorie des heute bekannten Gravitationsgesetzes, mit dem die Kraft beschrieben wird, die zwei Massen aufeinander ausüben. Die Beschleunigung, die ein Körper an der Erdoberfläche durch die Gravitationswirkung der Erde erfährt, wird Schwerebeschleunigung oder auch Schwere genannt. Aus dem Schulunterricht ist manchem noch der Wert für die Schwerebeschleunigung von 9,81 Meter pro Sekunde zum Quadrat bekannt. Jedoch ist der Wert der Schwere bei weitem nicht überall auf der Erde gleich und sie verändert sich auch mit der Zeit. Die Abplattung der Erdfigur an den Polen, die Erdrotation, unterschiedliche Massenverteilung im Erdinnern, aber auch Massen wie Gebäude beeinflussen den örtlichen Schwerewert. Variierende Anziehungskräfte von Sonne und Mond (Erdgezeiten), Hochdruck- und Tiefdruckgebiete in der Atmosphäre oder Veränderungen des Grundwassers führen dazu, dass der Schwerewert über die Zeit nicht konstant bleibt. So nimmt die Schwerebeschleunigung, über ganz Deutschland betrachtet, von Süden nach Norden zu, aber mit zunehmender Höhe ab – ein Effekt, den die Ingenieure des BKG sehr genau nachweisen können.