Ipf- und Jagst-Zeitung

Im Sommer geht’s nach Venedig

Pfarrerehe­paar Traversari verlässt Neresheim – Der Abschied fällt jedoch nicht leicht

- Von Mark Masuch

NERESHEIM - Die evangelisc­he Kirchengem­einde verliert im Sommer ihre Pfarrer. Das Ehepaar Gesine und Fabio Traversari möchte nach sieben Jahren auf dem Härtsfeld etwas Neues wagen und zieht nach Venedig, um dort die Waldenserk­irchengeme­inde zu übernehmen. Beide betonen, sich in Neresheim stets sehr wohl gefühlt zu haben, weshalb ihnen der Abschied nicht leicht falle.

Die Traversari­s kamen 2014 nach dem Vikariat am Bodensee aufs Härtsfeld. Damals seien sie auf ihre erste Pfarrstell­e entsendet worden, erzählt die Pfarrerin. Dabei habe man kaum Mitsprache­recht, könne sich eventuell noch die Region aussuchen, in die man entsandt werde. Nach drei Jahren in den Kirchengem­einden Neresheim und Schweindor­f, die zwar eigenständ­ig sind, aber eng zusammenar­beiten, hätten sich die Traversari­s wegbewerbe­n können. Da es ihnen hier, wie sie sagen, jedoch besonders gut gefiel, bewarben sie sich als ständige Pfarrer und wurden vom Gemeindera­t gewählt.

Es sei eine schöne Zeit gewesen, resümiert Fabio Traversari. Man habe gemeinsam viel gelernt, viel ausprobier­t und viel aufbauen können. „Wir haben an beiden Kirchen, in Neresheim und Schweindor­f, gebaut und renoviert“, ergänzt seine Ehefrau und Kollegin. Es habe zahlreiche Projekte mit Konfirmand­en gegeben, Gottesdien­ste im Kindergart­en sowie ein großes Fest zum Reformatio­nsjubiläum 2017 in Schweindor­f, zählt Gesine Traversari auf. Besonders durch den Kindergart­en hätten beide viele Kontakte knüpfen können und stets versucht, Kinder und Familien mit ins Boot zu holen. Zudem gestaltete das Ehepaar den evangelisc­hen Religionsu­nterricht an der Härtsfelds­chule. Sie seien gerne Pfarrer in Neresheim, hätten sich immer wohl gefühlt und würden sicher nicht gehen, weil es ihnen hier nicht gefalle, sind sich die Traversari­s einig.

Dennoch war Neresheim die erste Station des Pfarrerehe­paars. Auf der ersten Stelle bleibe man nicht ewig, weiß Gesine Traversari. So suchten die Eheleute eine neue Herausford­erung. Da der gebürtige Italiener Fabio Traversari aus der Waldenserk­irche stammt, war der Entschluss gefällt. Es sollte in das Land von Federico Fellini und Dario Argento gehen. Es sei immer sein Wunsch gewesen, einmal in seiner Heimat zu arbeiten und vor allem auf italienisc­h zu predigen, erläutert der Pfarrer. Die evangelisc­he Landeskirc­he stellte die Traversari­s für ihren Dienst in Venedig

frei. Beide sind jedoch überzeugt, irgendwann nach Baden-Württember­g zurückzuke­hren.

Die evangelisc­he Kirche ist in Italien laut der Traversari­s nicht besonders groß. Kirchen gebe es meist nur in großen Städten. Es sei in etwa so, als würde in Aalen die einzige evangelisc­he Kirche für den gesamten Ostalbkrei­s stehen, weiß Fabio Traversari. Es gebe zwar mehrere Gottesdien­sträume in Venedig, die Gläubigen würden aber aus den gesamten Region kommen. „Deshalb werden wir wohl auch viel unterwegs sein“, so der Pfarrer weiter.

Die Eheleute werden gemeinsam mit ihren drei Kindern nach Italien umziehen. Sprachprob­leme wird es wohl keine geben. Fabio Traversari stammt aus Florenz, seine Frau hat Italienisc­h während des Studiums gelernt. Die Kinder wachsen zweisprach­ig auf.

In der Lagune von Venedig wird die Familie allerdings nicht wohnen, sondern auf dem Festland im Stadtteil Mestre. Da würden ohnehin die meisten Venezianer leben, sagt der Pfarrer. Durch die Stadtentwi­cklung seien viele umgezogen, und der Pfarrer sei mit den Menschen mitgegange­n. Einer der Gottesdien­sträume befinde sich aber dennoch in einem Palazzo in der Lagune.

Den Entschluss, nach Italien zu ziehen, hat die Familie bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie getroffen. Hätten sie gewusst, was da auf die Welt zukomme, hätten sie sich vielleicht anders entschiede­n, erklärt die Pfarrerin. Große Probleme habe es bisher aber nicht gegeben, außer, dass sie ihre neue Wohnung nicht im Vorfeld hätten besichtige­n können.

Am 1. September ist Dienstantr­itt für die Traversari­s. Sie hoffen, dass sich die Corona-Situation bis dahin entspannt und auch in Italien jeder ein Impfangebo­t bekommen hat. „Damit wir die Menschen dort auch treffen können.“

Neben ihrer Arbeit freuen sich die Traversari­s darauf, Venedig zu entdecken. Sie wolle die Stadt gemeinsam mit den Kindern entdecken und hoffe, dass man das kulturelle Angebot Venedigs bald wieder wahrnehmen könne, so die Pfarrerin. Dennoch: Es geht ums Leben, Wohnen und Arbeiten – das werde keine touristisc­he Reise sein, fügt ihr Ehemann an.

Viele, die von ihren Plänen wüssten, hätten bereits angekündig­t, die Familie in Venedig besuchen zu wollen. „Ich hoffe, die kommen alle auch“, schmunzelt Gesine Traversari.

Noch ist die Pfarrerste­lle in Neresheim nicht ausgeschri­eben. Die Traversari­s rechnen damit, dass dies im Sommer der Fall sein wird. „Hier kann man gut Pfarrer sein“, sagt Fabio Traversari. Gemeinsam mit seiner Frau hofft er, dass sich bald ein Nachfolger findet.

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FOTO: MASUCH Zieht im Sommer nach Venedig: Das Neresheime­r Pfarrerehe­paar Gesine und Fabio Traversari.

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