Im Sommer geht’s nach Venedig
Pfarrerehepaar Traversari verlässt Neresheim – Der Abschied fällt jedoch nicht leicht
NERESHEIM - Die evangelische Kirchengemeinde verliert im Sommer ihre Pfarrer. Das Ehepaar Gesine und Fabio Traversari möchte nach sieben Jahren auf dem Härtsfeld etwas Neues wagen und zieht nach Venedig, um dort die Waldenserkirchengemeinde zu übernehmen. Beide betonen, sich in Neresheim stets sehr wohl gefühlt zu haben, weshalb ihnen der Abschied nicht leicht falle.
Die Traversaris kamen 2014 nach dem Vikariat am Bodensee aufs Härtsfeld. Damals seien sie auf ihre erste Pfarrstelle entsendet worden, erzählt die Pfarrerin. Dabei habe man kaum Mitspracherecht, könne sich eventuell noch die Region aussuchen, in die man entsandt werde. Nach drei Jahren in den Kirchengemeinden Neresheim und Schweindorf, die zwar eigenständig sind, aber eng zusammenarbeiten, hätten sich die Traversaris wegbewerben können. Da es ihnen hier, wie sie sagen, jedoch besonders gut gefiel, bewarben sie sich als ständige Pfarrer und wurden vom Gemeinderat gewählt.
Es sei eine schöne Zeit gewesen, resümiert Fabio Traversari. Man habe gemeinsam viel gelernt, viel ausprobiert und viel aufbauen können. „Wir haben an beiden Kirchen, in Neresheim und Schweindorf, gebaut und renoviert“, ergänzt seine Ehefrau und Kollegin. Es habe zahlreiche Projekte mit Konfirmanden gegeben, Gottesdienste im Kindergarten sowie ein großes Fest zum Reformationsjubiläum 2017 in Schweindorf, zählt Gesine Traversari auf. Besonders durch den Kindergarten hätten beide viele Kontakte knüpfen können und stets versucht, Kinder und Familien mit ins Boot zu holen. Zudem gestaltete das Ehepaar den evangelischen Religionsunterricht an der Härtsfeldschule. Sie seien gerne Pfarrer in Neresheim, hätten sich immer wohl gefühlt und würden sicher nicht gehen, weil es ihnen hier nicht gefalle, sind sich die Traversaris einig.
Dennoch war Neresheim die erste Station des Pfarrerehepaars. Auf der ersten Stelle bleibe man nicht ewig, weiß Gesine Traversari. So suchten die Eheleute eine neue Herausforderung. Da der gebürtige Italiener Fabio Traversari aus der Waldenserkirche stammt, war der Entschluss gefällt. Es sollte in das Land von Federico Fellini und Dario Argento gehen. Es sei immer sein Wunsch gewesen, einmal in seiner Heimat zu arbeiten und vor allem auf italienisch zu predigen, erläutert der Pfarrer. Die evangelische Landeskirche stellte die Traversaris für ihren Dienst in Venedig
frei. Beide sind jedoch überzeugt, irgendwann nach Baden-Württemberg zurückzukehren.
Die evangelische Kirche ist in Italien laut der Traversaris nicht besonders groß. Kirchen gebe es meist nur in großen Städten. Es sei in etwa so, als würde in Aalen die einzige evangelische Kirche für den gesamten Ostalbkreis stehen, weiß Fabio Traversari. Es gebe zwar mehrere Gottesdiensträume in Venedig, die Gläubigen würden aber aus den gesamten Region kommen. „Deshalb werden wir wohl auch viel unterwegs sein“, so der Pfarrer weiter.
Die Eheleute werden gemeinsam mit ihren drei Kindern nach Italien umziehen. Sprachprobleme wird es wohl keine geben. Fabio Traversari stammt aus Florenz, seine Frau hat Italienisch während des Studiums gelernt. Die Kinder wachsen zweisprachig auf.
In der Lagune von Venedig wird die Familie allerdings nicht wohnen, sondern auf dem Festland im Stadtteil Mestre. Da würden ohnehin die meisten Venezianer leben, sagt der Pfarrer. Durch die Stadtentwicklung seien viele umgezogen, und der Pfarrer sei mit den Menschen mitgegangen. Einer der Gottesdiensträume befinde sich aber dennoch in einem Palazzo in der Lagune.
Den Entschluss, nach Italien zu ziehen, hat die Familie bereits vor Ausbruch der Corona-Pandemie getroffen. Hätten sie gewusst, was da auf die Welt zukomme, hätten sie sich vielleicht anders entschieden, erklärt die Pfarrerin. Große Probleme habe es bisher aber nicht gegeben, außer, dass sie ihre neue Wohnung nicht im Vorfeld hätten besichtigen können.
Am 1. September ist Dienstantritt für die Traversaris. Sie hoffen, dass sich die Corona-Situation bis dahin entspannt und auch in Italien jeder ein Impfangebot bekommen hat. „Damit wir die Menschen dort auch treffen können.“
Neben ihrer Arbeit freuen sich die Traversaris darauf, Venedig zu entdecken. Sie wolle die Stadt gemeinsam mit den Kindern entdecken und hoffe, dass man das kulturelle Angebot Venedigs bald wieder wahrnehmen könne, so die Pfarrerin. Dennoch: Es geht ums Leben, Wohnen und Arbeiten – das werde keine touristische Reise sein, fügt ihr Ehemann an.
Viele, die von ihren Plänen wüssten, hätten bereits angekündigt, die Familie in Venedig besuchen zu wollen. „Ich hoffe, die kommen alle auch“, schmunzelt Gesine Traversari.
Noch ist die Pfarrerstelle in Neresheim nicht ausgeschrieben. Die Traversaris rechnen damit, dass dies im Sommer der Fall sein wird. „Hier kann man gut Pfarrer sein“, sagt Fabio Traversari. Gemeinsam mit seiner Frau hofft er, dass sich bald ein Nachfolger findet.