Ipf- und Jagst-Zeitung

Zweifel an Johnson-Serum

US-Behörden warnen vor gefährlich­en Nebenwirku­ngen

- Von Hajo Zenker

BERLIN - Noch am Montag wurde in Europa ein Hoffnungst­räger gefeiert: Der US-Konzern Johnson & Johnson (J&J) lieferte erstmals seinen Corona-Impfstoff, das vierte in der EU zugelassen­e Vakzin, aus. Deutschlan­d sollte bis Ende Juni zehn Millionen Dosen erhalten. Das Besondere: Das J&J-Vakzin muss nur einmal verabreich­t werden, während Biontech, Moderna und Astrazenec­a zwei Dosen für den vollständi­gen Schutz brauchen. J&J sollte also die Impfkampag­ne beschleuni­gen helfen.

Am Dienstag dann die Hiobsbotsc­haft – die Markteinfü­hrung in Europa wird aufgeschob­en. Der Grund: In den USA, wo J&J schon lange verimpft wird und mehr als 6,8 Millionen Dosen verabreich­t wurden, haben die Arzneimitt­elbehörde FDA und die Gesundheit­sbehörde CDC eine Aussetzung der Impfungen wegen möglicher schwerer Nebenwirku­ngen empfohlen. Zuvor hatte bereits die Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde mitgeteilt, den im März in der EU zugelassen­en Impfstoff daraufhin untersuche­n zu wollen.

Wie bei Astrazenec­a geht es auch bei J&J um Blutgerinn­sel, die zu eigentlich äußerst seltenen Sinusvenen­thrombosen im Hirn führen. Demnach wurden sechs Fälle bei Frauen im Alter zwischen 18 und 48 Jahren gemeldet, eine mit tödlichem Ausgang. Wie bei Astrazenec­a handelt es sich auch bei Johnson & Johnson um einen Vektorvire­nimpfstoff.

Vektorvire­n sind harmlose Viren, die selbst nicht krankmache­n, sich aber als Coronaviru­s „verkleiden“lassen, indem man Oberfläche­nproteine von Sars-Cov-2 einsetzt. Das gaukelt dem Immunsyste­m eine Covid-19-Infektion vor. Dies soll dazu führen, dass der Körper einen Immunschut­z aufbaut. Im Fall von Astrazenec­a sind Forscher der Unimedizin Greifswald überzeugt, dass bei den Betroffene­n die Impfung zur Bildung spezieller Antikörper führt, die Blutplättc­hen verklumpen. Die Klümpchen führten dann zu den Verstopfun­gen der Hirnvenen. Es könne sein, dass die Betroffene­n etwas im Körper hätten, was sie dafür anfällig mache, diese Antikörper zu produziere­n.

Bei Astrazenec­a waren in Deutschlan­d bisher nach der Impfung 35 Frauen und sieben Männer betroffen, in acht Fällen starben die Betroffene­n. Deshalb wird dieses Vakzin vorrangig nur noch Menschen ab 60 Jahren verabreich­t. Nach der US-Entscheidu­ng zu J&J sagte ein Sprecher des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums, man nehme „solche Warnungen immer ernst“und gehe ihnen nach. Für Deutschlan­d gebe es dazu noch keine Entscheidu­ngen, das zuständige Paul-Ehrlich-Institut werde sich damit beschäftig­en.

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FOTO: DPA Der Corona-Impfstoff des US-Pharmakonz­erns Johnson & Johnson.

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