Tempo 40 in der Haller Straße scheint vom Tisch
Regierungspräsidium steht auf dem Standpunkt: Wo keiner wohnt, muss auch keiner vor Lärm geschützt werden
ELLWANGEN - Am Donnerstag soll der Ellwanger Gemeinderat eine Geschwindigkeitsreduzierung in der Haller Straße auf 40 km/h in der Nacht ablehnen. Dieser Beschlussantrag der Verwaltung könnte für heiße Diskussionen sorgen. Denn eigentlich wollte die Stadt ja genau das Gegenteil erreichen – dass Autos und Lkw aus Lärmschutzgründen langsamer fahren.
Im vergangenen Sommer hat die Stadt deshalb beim Regierungspräsidium Tempo 40 auf der Westtangente/ L 1060 beantragt – und zwar vom Bereich „In der Au“bis zur Haller Straße beziehungsweise Pfeffermühle. Das Tempolimit sollte für alle Fahrzeuge gelten – von 22 Uhr am Abend bis 6 Uhr am Morgen.
Parallel wurde eine nächtliche Geschwindigkeitsbegrenzung für die Röhlinger Ortsdurchfahrt auf 30 km/h beantragt. Die ist inzwischen umgesetzt. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf insgesamt 2,3 Kilometer Länge in der Haller Straße und der Konrad Adenauer Straße hat das Regierungspräsidium dagegen abgelehnt – und zwar schon Anfang Dezember.
Die Stuttgarter Behörde begründet ihre Ablehnung wie folgt: Im Bereich der Hochbrücke und des Schießwasens – Aalener Straße 23 bis Haller Straße 4 – verlaufe die Strecke etwa einen Kilometer über „nicht bebautes Gelände ohne Betroffenheiten“. Weiter heißt es im schönsten Beamten-Deutsch: Die Kooperationserlass-Lärmaktionsplanung des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg lasse einen Lückenschluss für eine durchgehende Geschwindigkeitsreduzierung aber nur bis 300 Meter zu.
Das Regierungspräsidium lässt das Argument nicht gelten, dass bei einer unterschiedlichen und nicht durchgehenden Geschwindigkeitsreduzierung durch ein Abbremsen und Beschleunigen eine zusätzliche Lärmentwicklung gegeben sei und Unklarheiten für die Verkehrsteilnehmer entstünden. Also könne es keine Abweichung von den Vorgaben des Kooperationserlasses geben.
Allerdings stellt die Behörde in Aussicht, dass sie einem Antrag auf 40 km/h in der Nacht für die Bereiche „mit Betroffenheiten“zustimmen werde. Wie in der Beschlussvorlage für den Gemeinderat zu lesen ist, wäre eine 40-km/h-Zone zwischen Konrad-Adenauer-Straße 30 bis Aalener Straße 23 und zwischen Haller Straße 4 bis Pfeffermühle 1 möglich. Das würde aber bedeuten, dass auf der Westtangente ein zweimaliger Wechsel zwischen 50 km/h und 40 km/h erfolgen müsste.
Auch hat das Regierungspräsidium der Stadt mitgeteilt, dass eine komplette Sanierung der Westtangente mit einem lärmmindernden Belag anstehe. Eine getroffene Anordnung einer Temporeduzierung auf 40 km/h in der Nacht müsste dann erneut geprüft und gegebenenfalls wieder aufgehoben werden.
Das Rathaus hat Anfang Februar nochmals beim Regierungspräsidium nachgehakt. Antwort: Die
Die Haller Straße war schon mehrfach Thema im Gemeinderat. Zuletzt Ende Januar. Da hat der Gemeinderat 260 000 Euro als Verpflichtungsermächtigung genehmigt und so die Voraussetzung dafür geschaffen, dass im kommenden Jahr dort ein „Superblitzer“mit Lasertechnik aufgestellt werden kann. Weitere Messtürme sind in der Konrad-Adenauer-Straße und in Eggenrot geplant.
Der CDU sei es ein besonderes Anliegen, die Menschen vor Verkehrslärm zu schützen, hatte Armin Burger damals in der Debatte gesagt. Das Aufstellen von Blitzern hatte der Fraktionschef freilich als das letzte Mittel bezeichnet. Fraktionsmitglied Rudolf Wiedmann sah keine Notwendigkeit einer
Rechts- und Sachlage sei eindeutig. Es gebe in Baden-Württemberg keine Ausnahme vom Kooperationserlass. Die 300-Meter-Regelung sei absolut bindend und diene der Vermeidung häufiger Wechsel der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
Weiter heißt es: Bundesstraßen dienten dem weiträumigen überregionalen Verkehr. Bei einer Geschwindigkeit stationären Verkehrsüberwachung entlang der Haller Straße und der Konrad-Adenauer-Straße. In Eggenrot dagegen schon. Gunter Frick (Freie Bürger) unterstützte das. Wer Blitzer aufstelle, folge lediglich dem „Mainstream“, sagte er. In Eggenrot dagegen sei einer angebracht.
Für die Grünenfraktion ergeben stationäre Messanlagen in der
von 50 km/h würden in einer Minute 833,33 Meter zurückgelegt, bei 40 km/h 666,67 Meter und bei 30 km/h 500 Meter. Schließlich liegen laut Regierungspräsidium die „tatbestandlichen Voraussetzungen“nicht vor. Auf Deutsch gesagt: Wo niemand an der Straße wohnt, muss auch niemand aus Lärmgründen geschützt werden.
Kernstadt dagegen sehr wohl Sinn. „Wir haben gesehen, dass alles andere nicht viel nützt“, betonte Claudia Wagner. Für ihren Fraktionskollegen Johannes Boecker dienen die Blitzer nicht nur dem Unfallschutz, sondern auch dem Herbert Hieber wollte dem Argument des Lärmschutzes nicht ganz folgen. Der SPD-Fraktionschef geht von einer steigenden Zahl Elektroautos aus.
Lärmschutz.
Ob die Stadt – auch aus Lärmschutzgründen – Superblitzer anschafft und, wenn ja, wie viele, ist aber völlig offen. Eine Verpflichtungsermächtigung ist eine rechnerische Größe. Also muss der Gemeinderat noch entscheiden, ob eine, zwei oder drei Anlagen gekauft werden. Oder keine.
Für die Stadt hat sich mit der Ankündigung, dass die Westtangente saniert werden muss, jedenfalls ein neuer Sachverhalt ergeben. Ihr zufolge kann mit einem lärmmindernden Belag eine vergleichbare Wirkung erreicht werden wie mit einer Temporeduzierung. Die ist aus Sicht der Verwaltung somit „nicht zielführend und daher abzulehnen“.
Bleibt eine spannende Frage: Wie lange müssen sich die lärmgeplagten Anwohner gedulden, bis die Straße einen neuen Belag bekommt, der den Lärm schluckt? Auf Nachfrage teilt Bürgermeister Volker Grab mit, dass es maximal zwei Jahre dauern soll. Die Stadt wolle daher nichts anordnen, was sie in kürzer Zeit wieder zurücknehmen müsse, erläutert Grab. „Das ist unser Problem.“
Das Thema war übrigens nicht öffentlich im Bauausschuss besprochen worden. Der hat es an den Gemeinderat verwiesen. Deshalb befasst er sich jetzt erst damit. Außerdem geht es in der Sitzung um die Finanzen der Stadt.
Die Gemeinderäte tagen virtuell. Das heißt: Sie sind von zu Hause zugeschaltet. Der öffentliche Teil beginnt um 17.30 Uhr und wird für die interessierte Öffentlichkeit in den kleinen Sitzungssaal des Rathauses übertragen.