Weiße Rosen erinnern an die Corona-Toten
Die Kirchengemeinden gedenken auf dem Marktplatz der Opfer der Pandemie
ELLWANGEN - Mit einer eindrucksvollen Gedenkfeier auf dem Marktplatz haben die katholische und die evangelische Kirche am Sonntagabend der an Corona verstorbenen Mitbürger gedacht. Als Zeichen der Erinnerung an die innerhalb eines Jahres über 50 an der Pandemie verstorbenen Ellwanger stellten Oberbürgermeister Michael Dambacher und Bürgermeister Volker Grab während der Liturgie schweigend und in langen Minuten der Stille jeweils eine weiße Rose in die beiden weißen Vasen, die links und rechts neben einem Kruzifix und flankiert von zwei großen Kerzen standen. Am Ende waren es 51 Rosen.
Pfarrer Michael Windisch ging auf die seit mehr als einem Jahr existierende Bürde der Pandemie und auf die damit verbundenen Lasten im privaten und öffentlichen Leben der Menschen überall in der Welt ein. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier hatte eingeladen, der an oder mit Covid-19 gestorbenen Menschen zu gedenken. Windisch erinnerte an die vielen Menschen, die durch die Pandemie einen ihnen nahestehenden Menschen verloren haben, blickte auf die Menschen, die für die Kranken da sind, auf die bedrohten beruflichen Existenzen, die politischen Entscheidungsträger und die in Wissenschaft und Forschung Tätigen. Diesen Gottesdienst betrachtete Windisch als eine „Oase in einer Zeit, die oftmals einer Wüste gleicht“.
„Die Pandemie erschüttert unser Leben schwer, bis in die Grundfesten“, sagte der evangelische Pfarrer Martin Schuster. Das dunkle Tal scheine kein Ende zu nehmen. Schuster erinnerte an die fast 80 000 Corona-Toten in Deutschland, an die fast 9000 in Baden-Württemberg und an die drei Millionen weltweit. In Ellwangen, so der Geistliche, seien über 50 Mitmenschen an und mit Corona gestorben. „Viele mussten alleine sterben, in Pflegeheimen, in Krankenhäusern, ohne ihre Lieben, ohne eine haltende Hand.“Und: „Viele mussten ihre Toten in kleinem Kreis begraben.“Viele stünden vor den Trümmern ihrer Existenz. Kinder und Jugendliche seien zu Hause wie festgebunden und verlören den Kontakt zu Freunden. Auch die Gewalt zu Hause sei mehr geworden. Und: Viele würden in Depressionen versinken.
Im Mittelpunkt der 50-minütigen Gedenkfeier stand der Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirte“. „Unter den 150 Psalmen, die im Buch der Bücher überliefert sind, ist der 23. Psalm wahrscheinlich der bekannteste“, sagte Schönenbergpfarrer Pater Dr. Martin Leitgöb in seiner Predigt. Das Lied von Gott als gutem Hirten sei „Ausdruck tiefer menschlicher Sehnsucht“und vermittele dichte religiöse Erfahrung. Dieses Gebet sei „voller Poesie“und könne Trost und Kraft spenden – auch wenn aus Lebenssituationen Leidenssituationen geworden seien. Mit der Gedenkfeier wolle man den unzähligen Leidenssituationen der Corona-Pandemie Raum zu geben. „Wir haben uns an diesem Abend Zeit genommen, um unseren Blick zu lösen von den vielen Tabellen und Statistiken. Nicht die anonymen Zahlen von Inzidenzwerten und von Todesfällen bewegen uns. Es bewegt uns vielmehr, dass konkrete Schicksale hinter diesen Zahlen stecken“, so Leitgöb. Menschen mit Leib und Seele, mit einem Gesicht und einem Namen seien zu Betroffenen und zu Opfern der Ausbreitung des Covid-19Virus geworden. In diesem Zuge erinnerte der Pfarrer erinnerte an den kürzlich verstorbenen Tübinger Theologen Hans Küng, der einmal gesagt habe: „Gottes Liebe bewahrt nicht vor allem Leid, sie bewahrt aber in allem Leid.“
Die Gedenkfeier, an der mehr als 100 Menschen teilnahmen, wurde vom evangelischen Posaunenchor mit Stücken wie „Wer nur den lieben Gott lässt walten“musikalisch gestaltet.