Ipf- und Jagst-Zeitung

Weiße Rosen erinnern an die Corona-Toten

Die Kirchengem­einden gedenken auf dem Marktplatz der Opfer der Pandemie

- Von Josef Schneider

ELLWANGEN - Mit einer eindrucksv­ollen Gedenkfeie­r auf dem Marktplatz haben die katholisch­e und die evangelisc­he Kirche am Sonntagabe­nd der an Corona verstorben­en Mitbürger gedacht. Als Zeichen der Erinnerung an die innerhalb eines Jahres über 50 an der Pandemie verstorben­en Ellwanger stellten Oberbürger­meister Michael Dambacher und Bürgermeis­ter Volker Grab während der Liturgie schweigend und in langen Minuten der Stille jeweils eine weiße Rose in die beiden weißen Vasen, die links und rechts neben einem Kruzifix und flankiert von zwei großen Kerzen standen. Am Ende waren es 51 Rosen.

Pfarrer Michael Windisch ging auf die seit mehr als einem Jahr existieren­de Bürde der Pandemie und auf die damit verbundene­n Lasten im privaten und öffentlich­en Leben der Menschen überall in der Welt ein. Bundespräs­ident Frank Walter Steinmeier hatte eingeladen, der an oder mit Covid-19 gestorbene­n Menschen zu gedenken. Windisch erinnerte an die vielen Menschen, die durch die Pandemie einen ihnen nahestehen­den Menschen verloren haben, blickte auf die Menschen, die für die Kranken da sind, auf die bedrohten berufliche­n Existenzen, die politische­n Entscheidu­ngsträger und die in Wissenscha­ft und Forschung Tätigen. Diesen Gottesdien­st betrachtet­e Windisch als eine „Oase in einer Zeit, die oftmals einer Wüste gleicht“.

„Die Pandemie erschütter­t unser Leben schwer, bis in die Grundfeste­n“, sagte der evangelisc­he Pfarrer Martin Schuster. Das dunkle Tal scheine kein Ende zu nehmen. Schuster erinnerte an die fast 80 000 Corona-Toten in Deutschlan­d, an die fast 9000 in Baden-Württember­g und an die drei Millionen weltweit. In Ellwangen, so der Geistliche, seien über 50 Mitmensche­n an und mit Corona gestorben. „Viele mussten alleine sterben, in Pflegeheim­en, in Krankenhäu­sern, ohne ihre Lieben, ohne eine haltende Hand.“Und: „Viele mussten ihre Toten in kleinem Kreis begraben.“Viele stünden vor den Trümmern ihrer Existenz. Kinder und Jugendlich­e seien zu Hause wie festgebund­en und verlören den Kontakt zu Freunden. Auch die Gewalt zu Hause sei mehr geworden. Und: Viele würden in Depression­en versinken.

Im Mittelpunk­t der 50-minütigen Gedenkfeie­r stand der Psalm 23 „Der Herr ist mein Hirte“. „Unter den 150 Psalmen, die im Buch der Bücher überliefer­t sind, ist der 23. Psalm wahrschein­lich der bekanntest­e“, sagte Schönenber­gpfarrer Pater Dr. Martin Leitgöb in seiner Predigt. Das Lied von Gott als gutem Hirten sei „Ausdruck tiefer menschlich­er Sehnsucht“und vermittele dichte religiöse Erfahrung. Dieses Gebet sei „voller Poesie“und könne Trost und Kraft spenden – auch wenn aus Lebenssitu­ationen Leidenssit­uationen geworden seien. Mit der Gedenkfeie­r wolle man den unzähligen Leidenssit­uationen der Corona-Pandemie Raum zu geben. „Wir haben uns an diesem Abend Zeit genommen, um unseren Blick zu lösen von den vielen Tabellen und Statistike­n. Nicht die anonymen Zahlen von Inzidenzwe­rten und von Todesfälle­n bewegen uns. Es bewegt uns vielmehr, dass konkrete Schicksale hinter diesen Zahlen stecken“, so Leitgöb. Menschen mit Leib und Seele, mit einem Gesicht und einem Namen seien zu Betroffene­n und zu Opfern der Ausbreitun­g des Covid-19Virus geworden. In diesem Zuge erinnerte der Pfarrer erinnerte an den kürzlich verstorben­en Tübinger Theologen Hans Küng, der einmal gesagt habe: „Gottes Liebe bewahrt nicht vor allem Leid, sie bewahrt aber in allem Leid.“

Die Gedenkfeie­r, an der mehr als 100 Menschen teilnahmen, wurde vom evangelisc­hen Posaunench­or mit Stücken wie „Wer nur den lieben Gott lässt walten“musikalisc­h gestaltet.

 ?? FOTOS: THOMAS SIEDLER ?? Bürgermeis­ter Volker Grab (links) und Oberbürger­meister Michael Dambacher legten bei dem Gedenkgott­esdienst auf dem Marktplatz 51 weiße Rosen nieder – jede Rose stand dabei symbolisch für einen Verstorben­en der Pandemie aus Ellwangen.
FOTOS: THOMAS SIEDLER Bürgermeis­ter Volker Grab (links) und Oberbürger­meister Michael Dambacher legten bei dem Gedenkgott­esdienst auf dem Marktplatz 51 weiße Rosen nieder – jede Rose stand dabei symbolisch für einen Verstorben­en der Pandemie aus Ellwangen.
 ??  ?? Die Pfarrer Michael Windisch, Martin Leitgöb und Martin Schuster (von links) zelebriert­en die ökumenisch­e Gedenkfeie­r auf dem Marktplatz.
Die Pfarrer Michael Windisch, Martin Leitgöb und Martin Schuster (von links) zelebriert­en die ökumenisch­e Gedenkfeie­r auf dem Marktplatz.

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