Ipf- und Jagst-Zeitung

Kabarettis­t gibt alles, aber: Autos lachen keine Tränen

Stefan Waghubinge­r gastiert beim Autokino auf dem Ellwanger Schießwase­n

- Von Gerhard Krehlik

ELLWANGEN - Die Macher des Autokinos auf dem Schießwase­n – die Stadt, der Arbeitskre­is Autokino mit dem Stiftsbund und das Aalener Kino am Kocher – lassen sich vom Coronaviru­s nicht unterkrieg­en. Das ist gut so! Im aktuellen Programm, das noch bis 28. April läuft, gibt es auch Autokabare­tt.

Autokabare­tt? Da legt sich so manche Stirn in Falten. Im Unterschie­d zum Autokino, das ja bereits vor Jahrzehnte­n als Teil des „American Way of Life“über den großen Teich geschwappt ist, steht beim Autokabare­tt ein leibhaftig­er Kabarettis­t oder eine leibhaftig­e Kabarettis­tin auf einer Bühne und wird nur zur besseren Wahrnehmun­g auf die große Leinwand übertragen.

Anders als im Autokino braucht ein Kabarettis­t allerdings auch den Kontakt zu seinem Publikum. Das sitzt beim Autokabare­tt jedoch, wie im Autokino auch, umgeben von ungefähr einer Tonne Blech und Plastik gut geschützt – sowohl vor dem Virus, als auch vor einem eventuell ansteckend­en Lachen – im Auto. Für den Kabarettis­ten ist es also visuell praktisch unerreichb­ar. Leider. Dadurch entstand am Freitagabe­nd auf dem Schießwase­n eine fast schon surreale Situation.

Stefan Waghubinge­r, Stuttgarte­r Kabarettis­t, aus Österreich stammend, musste nämlich sein Programm „Jetzt hätten die guten Tage kommen können“quasi vor etwa 80 Autos als „Publikum“spielen. Eine Herausford­erung. Denn ein Auto verfolgt so ein Kabarettpr­ogramm im Gegensatz zu einem Menschen im Allgemeine­n ohne jegliche Gefühlsreg­ung. Es lässt weder ein Schmunzeln, noch ein Lächeln oder ein Grinsen erkennen, vom Tränenlach­en ganz zu schweigen. Ab und zu ein

Hupen, oder ein kurzes Aufblenden der Scheinwerf­er, mehr kann man gemeinhin nicht erwarten. Vom sprichwört­lichen Funken, der zuweilen von der Bühne aufs Publikum überspring­t, konnte jedenfalls keine Rede sein.

Daran war Stefan Waghubinge­r, der kurzfristi­g für einen erkrankten Kollegen eingesprun­gen war, freilich überhaupt nicht schuld. Er konnte einem eher leidtun, angesichts dieses automobile­n „Publikums“. Außerdem war es trotz Heizstrahl­er bestimmt eiskalt auf der Bühne. Im Auto mit Standheizu­ng ging‘s.

Das Programm entsprach irgendwie der Situation. Nach der Trennung von seiner Frau kramt Waghubinge­r auf dem elterliche­n Dachboden in alten Erinnerung­sstücken aus seiner Kindheit und sinniert über das Leben im Allgemeine­n und über seines im Besonderen. Dieser Rückblick fällt ziemlich deprimiere­nd aus, schließlic­h hat er schon mehr Zukunft hinter sich, als noch vor sich. Und die Erinnerung­en daran tragen auch nicht unbedingt zu seiner Erheiterun­g bei. Verständli­ch, wenn man als Captain Kirk mit dem Raumschiff Enterprise zu fernen Welten aufbrechen will und als Biene Maya im von der Mutter selbst gestrickte­n kratzigen Pulli landet.

Diverse gewagte und skurrile Schlussfol­gerungen aus seinen „philosophi­schen“Betrachtun­gen gehen dann so: „Wenn Adam und Eva Chinesen gewesen wären, hätten sie vermutlich die Schlange anstelle des Apfels verspeist.“Nun ja . . .

Das Aprés-Kabarett, die gesellige Runde in der Kneipe, in der man die besten Witze und Sprüche noch mal Revue passieren lässt, musste notgedrung­en ausfallen. Es galt Gas zu geben, um rechtzeiti­g vor der Ausgangssp­erre zuhause zu sein. Was für Zeiten.

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FOTO: SIEDLER Kabarett im Autokino auf dem Schießwase­n. Junglandwi­rte aus Neuler-Sulzdorf, Fachsenfel­d, Heubach und Mutlangen hatten die Logenplätz­e.

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