Vereine: Die Lage ist hart am Limit
Nicht nur die neuerliche Absage der Feste ist eine große Belastung – Geld und Miteinander schwinden
AALEN - Jetzt ist es amtlich: Bis Juli sind wegen der Corona-Pandemie alle geplanten Feste und Veranstaltungen in Aalen abgesagt worden (wir haben berichtet). Besonders hart trifft dies – nach dem vergangenen Jahr nun zum zweiten Mal in Folge – die Vereine, die oftmals die Hauptakteure von Großveranstaltungen wie den Bärentagen in Unterkochen, den Wasseralfinger Festtagen oder auch dem Internationalen Festival im Stadtkern sind. Für viele der Vereine sind solche Feste die finanzielle Haupteinnahmequelle im Jahreslauf und außerdem eine willkommene Gelegenheit, für sich zu werben – und damit auch neue Mitglieder zu gewinnen. Fallen die Feste aus, sind das also große Verluste für die Vereine, wie der Vorsitzende des Stadtverbands für Sport und Kultur Wasseralfingen, Armin-Uwe Peter, sicher stellvertretend für viele Vereine in ganz Aalen, sagt.
Dem Stadtverband für Sport und Kultur Wasseralfingen gehören aktuell 47 sport- und kulturtreibende Vereine und Institutionen aus Wasseralfingen und Hofen an, die rund 15 500 Jugendliche, Frauen und Männer repräsentieren. Ein Großteil der Mitgliedsvereine bringt sich Jahr für Jahr aktiv – in erster Linie mit Bewirtungsständen und Auftritten – in die Wasseralfinger Festtage ein, die nun zum zweiten Mal ausfallen müssen. „Die Einnahmen sind für die Vereinskassen fest eingeplant, vielfach auch für Investitionen“, sagt Peter. Im vergangenen Jahr seien sie praktisch ohne jede Vorwarnung weggebrochen. Dieses Mal hätten sich die Vereine fast schon darauf eingestellt, dass auch die Wasseralfinger Festtage 2021 ausfallen würden. Vor allem kleine und mittlere Vereine im kulturellen und musikalischen Bereich träfen diese „einschneidenden Einnahmeeinbrüche“hart. Zumal dann auch noch deren eigene Vereinsoder Gartenfeste wegen Corona wegfallen. Also insgesamt die finanziellen Haupteinnahmequellen im Jahr.
Hinzu kommt laut Peter der Verlust an Publicity und Werbung für die eigene Arbeit und die Anliegen der Vereine. Sich mit Auftritten wie bei den Wasseralfinger Festtagen oder den Reichsstädter Tagen zu präsentieren, das seien ganz wichtige Werbemöglichkeiten für die Vereine, sagt Peter. Fielen die Feste weg, gerieten auch die Vereine ganz schnell ins Hintertreffen und aus dem Blickfeld.
Momentan verzeichnet der Stadtverbandsvorsitzende Vereine mit kaum überhöhten Austrittszahlen, aber auch solche mit einem spürbaren Mitgliederschwund. In einem großen Verein in den Reihen des Stadtverbands habe sich eine Abteilung mit durchweg älteren Mitgliedern inzwischen komplett aufgelöst, weiß Peter. Weniger Sorge machten ihm etwa jüngere Musikerinnen und Musiker in den entsprechenden Vereinen, größere Bedenken habe er insgesamt aber bei älteren aktiven Vereinsmitgliedern über 70. „Hier sehe ich durchaus die
Gefahr, dass sie durch die CoronaPandemie dauerhaft weg sein könnten“, sagt Peter. Was bei Vereinen mit einer ohnehin älteren Mitgliederstruktur eine große Gefahr für den Fortbestand des ganzen Vereins bedeuten würde.
Allen Vereinen, so weiß Peter, fehle es derzeit massiv an Neueintritten. „Es findet nichts statt, es gibt keine Kontaktmöglichkeiten zu den Vereinen, sie sind im öffentlichen Leben momentan nicht präsent – man wird dies ganz sicher im
Jugendbereich spüren, wo neue, junge Mitglieder fehlen werden“, ist der Vorsitzende des Wasseralfinger Stadtverbands überzeugt. Der, wie er sagt, ebenso die große Sorge hat, dass sich immer mehr ehrenamtlich Engagierte in den Vereinen zurückziehen könnten. Weil ihr Einsatz derzeit nicht gefragt ist „und weil sie plötzlich gemerkt haben: Es geht auch ohne“, wie Peter sagt. Und auch hier hat er vor allem die Generation Ü70 in seinem sorgenvollen Blick.
Im vergangenen November schon hatte der Gemeinderat eine Sonderförderung für die Vereine beschlossen. Sie sollte als Ausgleich dienen für die weggebrochenen Einnahmen durch die abgesagten Feste 2020. Insgesamt rund 30 000 Euro hat die Stadt dafür aufgebracht. Noch im Dezember seien die Gelder ausbezahlt worden, sagt Armin-Uwe Peter. Der es der Stadt ausdrücklich „hoch anrechnet, dass sie die Vereine hier nicht hat hängen lässt“. Der aber Zweifel hat, ob es angesichts der auch für die Stadt schlechter werdenden finanziellen Lage auch für dieses Jahr einen solchen Ausgleich geben werde.
„Die Situation ist für viele Vereine, auch im Wasseralfinger Stadtverband, derzeit hart am Limit“, sagt Peter und macht gerade im Zusammenhang mit den erneut ausfallenden Festen weitere direkt Betroffene aus: die Schausteller etwa oder
Bands und Veranstaltungsausrüster. Gerade aus dem Schaustellerbereich auch auf der Ostalb wisse er von Betrieben, die sich nicht sicher seien, ob sie im kommenden Jahr überhaupt noch existierten. Insofern müsse man sich, so Peter, durchaus ernsthaft Sorgen machen, ob es dann überhaupt noch genügend Betriebe gebe, die Veranstaltungen wie die Wasseralfinger Festtage mitbestreiten könnten.
An die Mitglieder in den Vereinen appelliert der Stadtverbandsvorsitzende, trotz aller Widrigkeiten motiviert und am Ball zu bleiben, den Vereinen treu zu bleiben und auf alle Fälle wieder zu kommen, wenn es weitergehen kann. Dabei will Peter sich und den Vereinen nichts vormachen: „Es wird sehr lange brauchen, bis einmal alles wieder anlaufen und weitergehen wird“, ist er überzeugt. Wenn man nur bedenke, wie viel Trainings- oder auch Probenarbeit schon jetzt in den Vereinen fehle. Und damit auch das persönliche Miteinander und die gelebte Kameradschaft. „Das fehlt, außer dem Geld, derzeit am meisten“, sagt der Wasseralfinger Stadtverbandsvorsitzende.
aufgebaut werden. Und am „Festsonntag“, am 27. Juni, will der Stadtverband, wenn es möglich ist, einen Polit-Talk mit den Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl veranstalten. Bei entsprechendem Wetter im Freien. Schließlich, so sagt Peter, sei der Stadtverband mit dem Gewerbeund Handelsverein Wasseralfingen im Gespräch wegen einer gemeinsamen, größeren Veranstaltung „auf kultureller Basis“im Spätherbst. „Um uns bei der Bevölkerung wenigstens wieder in Erinnerung zu rufen und wieder ein Zusammenkommen zu ermöglichen“, wie Peter meint. (ard)