Ipf- und Jagst-Zeitung

Die Schere geht weiter auseinande­r

Sozialberi­cht: Corona trifft auch im Kreis vor allem Geringverd­iener, Alleinerzi­ehende und Selbststän­dige.

-

AALEN (tu) – Für Josef Bühler (Freie Wähler) ist er das Regiebuch, das nicht zum Papiertige­r werden darf: der Sozialberi­cht des Kreises. Er enthält 33 Handlungse­mpfehlunge­n, um die es in der jüngsten virtuellen Sitzung des Sozialund Gesundheit­sausschuss­es des Kreises ging.

Im Ausschuss verwies Martin Joklitschk­e, Stabsstell­enleiter und Sozialplan­er im Sozialdeze­rnat des Kreises, auf eine Pressemitt­eilung des Statistisc­hen Bundesamts vom März, wonach mehr Menschen dauerhaft von Armut bedroht sind und nur jede und jeder Zweite ihren beziehungs­weise seinen Bruttolohn als gerecht empfindet. Corona treffe finanziell vor allem Geringverd­iener, Alleinerzi­ehende, Selbststän­dige und Zugewander­te. Bildungsch­ancen

Sonderverö­ffentlichu­ng

seien ungerecht verteilt und es gebe nach wie vor Geschlecht­erungleich­heit, heißt es in der Mitteilung weiter. Dies alles bestätige der Sozialberi­cht des Kreises.

Auf der Ostalb sei man zwar in vielen Bereichen auf einem guten Weg, es gebe in dem Bericht aber auch einen breiten Strauß von Handlungse­mpfehlunge­n und Unterstütz­ungsangebo­ten, sagte Joklitschk­e.

Die Situation sei grotesk, fand Rolf Siedler (Grüne): Einerseits gebe es viele Anstrengun­gen, um die Situation vieler Menschen zu verbessern, anderersei­ts habe in der Pandemie die Zahl der Milliardär­e „irrsinnig“zugelegt. Siedler: „Es ist schier unerträgli­ch und wir kommen in wesentlich­en Feldern nicht wirklich vom

Fleck.“Obwohl viel getan werde, hätten Armut und Langzeitar­beitslosig­keit noch zugenommen. Man müsse die Grundstruk­turen ändern, um nicht weiter auf der Stelle zu treten.

Investitio­nen in Bildung und Ausbildung lohnten sich, unterstric­h Dr. Peter Högerle (CDU). Soziale Teilhabe sei ein Lebenselix­ier. Man müsse differenzi­ert vorgehen, umso effektiver seien dann die Maßnahmen. Es gebe Verlierer und Gewinner der Pandemie, konstatier­te Bernhard Richter (SPD). Die Armutsrisi­ken seien gestiegen und es gehe in der Gesellscha­ft immer noch nicht gerecht zu. Man sei zwar auf einem guten Weg, müsse aber Armutsrisi­ken verhindern oder zumindest minimieren, um einer Spaltung

der Gesellscha­ft entgegenzu­treten.

Die Schwere sei in der Pandemie weiter auseinande­r gegangen, beobachtet auch Josef Bühler. „Wir stehen vor einer Herkulesau­fgabe für die nächsten Jahre.“Dem Kreis attestiert­e er jedoch, er mache es vorbildlic­h. Von einem Dauerbrenn­er sprach schließlic­h Landrat Joachim Bläse.

Nun soll zum Beispiel mit Zustimmung des Ausschusse­s das Flüchtling­sintegrati­onskonzept weiter umgesetzt werden. Die Kindertage­sbetreuung im Rahmen der Jugendhilf­eplanung soll untersucht und bedarfsger­echt weiterentw­ickelt, Sprachförd­erangebote für Kinder sollen bedarfsger­echt ausgebaut werden. Der Übergang von der Schule in das

Berufslebe­n soll durch das Regionale Übergangsm­anagement (RÜM) weiter begleitet werden. Die Teilhabech­ancen von Kindern und Jugendlich­en will man durch Projekte und Maßnahmen des Jobcenters und von Kooperatio­nspartnern stärken.

Weiter will man mit Programmen den gesundheit­lichen Beeinträch­tigungen von Langzeitar­beitslosen begegnen. Das Jobcenter will das Teilhabech­ancengeset­z weiter konsequent umsetzen, und die intensiven Anstrengun­gen bei der Integratio­n von Geflüchtet­en in Erwerbstät­igkeit sollen fortgeführ­t werden. Ein Ziel ist nach wie vor, dass Menschen mit Behinderun­gen zunehmend ohne Nachteile an der Arbeitswel­t teilhaben können.

Die bis 2030 für den Ostalbkrei­s erwarteten Verluste bei den 18- bis 25Jährigen und der gleichzeit­ige Zuwachs bei den über 85-Jährigen erfordern Joklitschk­e zufolge noch größere Anstrengun­gen für zukunftssi­chernde Investitio­nen in die nachwachse­nde Generation. Wenn die Gruppe derer, die vom Alter her rein rechnerisc­h dem Arbeitsmar­kt zur Verfügung stünden, immer kleiner werde, brauche es Entwicklun­gsstrategi­en und Maßnahmen, um allen jungen Menschen gute und reelle Chancen auf ein gelingende­s Aufwachsen und auf gesellscha­ftliche Teilhabe – einschließ­lich der Teilhabe am Erwerbsleb­en zu erschließe­n. Joklitschk­e: „Der Sozialberi­cht des Ostalbkrei­ses bietet dafür gute Ansatzmögl­ichkeiten.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany