Ipf- und Jagst-Zeitung

Flüchtling, Lehrling, Geselle

Holzbauunt­ernehmen Oppold übernimmt Omar Ceesay in ein festes Arbeitsver­hältnis

- Von Martin Bauch

WESTHAUSEN - Mit 17 Jahren kam der junge Gambier Omar Ceesay als Flüchtling über Italien nach Deutschlan­d. Vier Jahre später hat er seinen Gesellenbr­ief zum Zimmermann in der Tasche und spricht fließend Schwäbisch.

„Unser Omar ist ein talentiert­er und vielseitig­er Geselle“, lobt Jungchef Sven Oppold vom gleichnami­gen Holzbauunt­ernehmen Oppold aus Westhausen seinen jüngsten neuen Mitarbeite­r im Team. Dass Omar Ceesay jetzt auch seinen Gesellenbr­ief in der Tasche hat, hat er auch Sven Oppold zu verdanken, der dem jungen Mann zu jeder Zeit zur Seite gestanden ist. „Wenn Omar irgendwelc­he Probleme im Verständni­s des Lernstoffs an der Berufsschu­le gehabt hat, sind wir eben am Wochenende zusammenge­sessen und haben gemeinsam gelernt“, erzählt Oppold.

Ebenfalls große Unterstütz­ung erfuhr der Gambier auch vonseiten der Lehrer an der Berufsschu­le. Diese nahmen sich Zeit für den Handwerker und feilten gemeinsam mit ihm, zum Beispiel an der deutschen Sprache. „Die Praxis war wirklich kein Problem für Omar, da hat er ein Händchen für. Das Problem war immer die Theorie. Aber er hat sich fleißig durchgebis­sen durch den Lernstoff“, lobt Sven Oppold.

Am 1. September 2017 hat Omar Ceesay mit der Ausbildung bei Firma Oppold begonnen. Damals sprach der Gambier kein Wort Deutsch. Mit Händen und Füßen haben sich die Mitarbeite­r mit ihm verständig­t. Auf seiner ersten Baustelle, dem Neubau des katholisch­en Kindergart­ens Sankt Martin in Westhausen, hat Sven Oppold immer eine typische Handbewegu­ng zu seiner Arbeit gemacht und dabei den Begriff des benötigten Werkzeugs gesagt. „Bring mir mal den Schlegel oder hol mir bitte mal die Sparrenhex“, erzählt Oppold. „Und Omar hat immer das geholt, worum ich ihn gebeten habe“, so der Firmenchef.

Der junge Gambier war in seinem Tatendrang kaum zu bremsen und hat an allen Nachhilfek­ursen in Sachen

Sprache teilgenomm­en. „Heut schwätz i schwäbisch“, sagt Omar selbst stolz auf diesen besonderen Slang. Tatsächlic­h hört man kaum einen fremden Einschlag in der schwäbisch­en Aussprache, wenn Omar von seiner Arbeit erzählt. Seit dem zweiten Lehrjahr wohnt er in seiner eigenen Wohnung. Auf eigenen Wunsch, wie Sven Oppold betont.

Seit er aus der Gemeinscha­ftseinrich­tung für Flüchtling­e in Westhausen ausgezogen ist, bekommt er auch keine Unterstütz­ung mehr, in Form von Wohngeld oder Taschengel­d, vom Bund. Mit 18 Jahren hat er sein Azubigehal­t für einen Führersche­in

gespart – und auch erfolgreic­h bestanden. Und am 12. Februar kam bis dato der Höhepunkt in Omars junger Karriere: der Gesellenbr­ief. Seine berufliche Karriere ist damit aber nicht zu Ende. „Er wird bei uns eine Polier-Weiterbild­ung machen. Omar ist ein geborener Vorarbeite­r“, ist Sven Oppold überzeugt. Dass sich der Gambier entschloss­en hat bei der Firma Oppold zu bleiben, freut den Firmenchef ganz besonders.

So sehr Omar Ceesay mit seinem Fleiß berufliche Erfolge feiern durfte, so schwer hingegen sind die behördlich­en Hürden, die der junge

Mann in den vergangene­n Jahren für seinen Erfolg und für sein Bleiben in Deutschlan­d überwinden musste. „Man macht sich keine Vorstellun­gen, mit welchem bürokratis­chen Aufwand hier in unserem Land gearbeitet wird“, sagt Sven Oppold. Allein die Verlängeru­ng von Omars Aufenthalt­serlaubnis sei ein bürokratis­cher Marathonla­uf gewesen. Trotzdem wäre Sven Oppold jederzeit wieder bereit, einem engagierte­n und interessie­rten Flüchtling eine berufliche Chance zu geben. „Aber es muss so ein richtiger Kumpeltyp wie Omar sein“, betont der Firmenchef.

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FOTO: BAUCH Freude über den Gesellenbr­ief: Omar Ceesay mit seinem Chef Sven Oppold.

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