Herr Wellmann, vor genau einem Jahr haben wir Sie in einem Interview gefragt, worin in dieser historischen Krise die größte Herausforderung für die Messe besteht und Sie haben geantwortet: „Unsere Partner aus den verschiedenen Branchen bei Laune und an un
Zum größten Teil ja. Da sind wir bei einigen auch höchst erstaunt, wie intensiv und treu sie an unserer Seite stehen und manchmal sogar in Richtung Politik tätig werden, um die Notwendigkeit eines Messeauftritts für sie als Aussteller in Erinnerung zu rufen. Viele bringen uns gegenüber auch klar zum Ausdruck, dass ihr wirtschaftlicher Fortbestand von Messebesuchen abhängt. Es gibt aber natürlich auch Partner, bei denen wir aktiver sein müssen, um sie an unserer Seite zu halten.
Sie und Ihr Team sind seit mehr als einem Jahr damit beschäftigt, Veranstaltungen zu planen, die Sie dann irgendwann doch wieder absagen oder verschieben müssen. Etwas überspitzt formuliert, könnte man sagen, Sie arbeiten für die Tonne. Wie hoch ist mittlerweile der Frustlevel?
Also die intrinsische Motivation ist stark gefordert, um es freundlich zu formulieren. Auf der anderen Seite sind Messeleute aber generell stark darin, Konzepte, Ideen und Versprechungen für die Zukunft zu geben. Das hilft uns enorm weiter. Wenn man dann allerdings zweimal hintereinander Veranstaltungen konzeptioniert und vermarktet hat und auch schon die ersten Schritte in die Organisation gegangen ist, dann sind Absagen oder Verschiebungen schon Rückschläge. Da helfen zwischendurch andere Aktivitäten, die wir versuchen, für unsere Mitarbeiter anzubieten. Zum Beispiel im partnerschaftlichen Betrieb des Kreisimpfzentrums.
Halten Sie es tatsächlich für unvermeidlich, aktuell auf sämtliche Live-Veranstaltungen zu verzichten oder glauben Sie, dass mit entsprechendem Hygienekonzept zumindest kleinere Veranstaltungen vertretbar wären? Mit der Wassersport-Ausstellung Interboot haben Sie im vergangenen Jahr gezeigt, wie es gehen kann. Und wenn selbst bei Spielen der Fußball-Europameisterschaft bis zu 15 000 Menschen ins Stadion dürfen, rein zum Vergnügen ...
Wir bieten sicher auch Veranstaltungen an, die der Unterhaltung und dem Zeitvertreib dienen. Aber der größte Teil unseres Angebots dient einem Geschäftsinteresse. Dass wir nach wie vor mit einem Berufsverbot agieren müssen und die ganze Messebranche immer noch – beziehungsweise schon wieder – eingestuft ist bei den allgemeinen Großveranstaltungen, das stört uns. Messen sind wirtschaftsdienlich – was gerade in dieser Zeit sehr hilfreich sein könnte – und anders einzuordnen als übliche Partytreffen. Dass Fußballspiele vor Publikum stattfinden sollen, Messen aber nicht, das ist für uns schwer nachzuvollziehen. Zumal wir mit dem Instrument der Testungen wunderbar arbeiten können. Wir haben ja auf einem unserer Parkplätze schon jetzt ein sehr professionelles Schnelltestzentrum, das minutengenau als Drivein die Kundschaft versorgen kann. für den Einzelhandel, berücksichtigt Messen aber nicht. Für uns als Messeveranstalter ist das schwer nachzuvollziehen, weil wir ja bessere Voraussetzungen als der Einzelhandel haben, was Flächenplanung, Verkehrswege und vor allem natürlich die Kontaktnachverfolgung betrifft. Im Supermarkt muss ich nicht mal meine Daten hinterlegen.
Wird die Messe 2021 weitere finanzielle Unterstützung der Stadt Friedrichshafen benötigen oder reichen die bereits im vergangenen Herbst bewilligten fünf Millionen Euro für 2021 aus?
Stand heute, bräuchten wir keine weitere Hilfe. Das wird aber stark davon abhängen, ob und in welchem Umfang wir in diesem Jahr noch Messen oder auch Alternativprogramm veranstalten und damit Erlöse erzielen können. Zum Beispiel auch davon, wie lange das Kreisimpfzentrum bei uns bleiben wird.