Frisch auf, du politischer Wandersmann!
Gerade wenn Wahlkampf ist, finden es Politiker großartig, irgendwohin zu wandern. Natürlich am liebsten mit der potenziellen Wählerschaft, die man bei strammem Schritt – und speziell in Bayern mit anschließendem Freibier – bei der politischen Stange zu halten sucht. Was den Parteien allerdings gar nicht gefällt, ist, wenn Wähler abwandern. Dann ist Schicht im Haferlschuh beziehungsweise im Tirolerhut. Denn wenn der Wähler eine andere demokratische Heimat sucht, ist er aus Sicht der ursprünglich gewählten Partei auf Abwegen.
Früher haben sich Politiker gerne auch mit Sangeskunst dem Wahlvolk empfohlen. So geschehen im prominenten Fall Walter Scheel, der als FDP-Außenminister 1973 „Hoch auf dem gelben Wagen“sang. Da war zwar gerade kein Wahlkampf, aber wer den Menschen einen solchen Ohrwurm einpflanzt, der bleibt natürlich längerfristig im musikalischen Gedächtnis.
Glücklicherweise ist es heute unschicklich, als Politiker ins Mikrofon zu singen. Denn natürlich hat jedes Lied auch eine Botschaft. Und mit deutlichen Botschaften hält sich der
Aspirant auf politische Ämter natürlich zurück. Soll einem ja keiner nach der Wahl nachsagen, er hätte irgendwas vor der Wahl geäußert, auf das er sich nun festnageln lassen müsste.
Um das zu vermeiden, kämen höchstens völlig harmlose Lieder infrage. Etwa „Schnappi, das kleine Krokodil“, oder „Die Fischerin vom Bodensee“, wobei der Fischfang auch nicht nur positiv besetzt ist. Da wird es gescheiter sein, die Kandidaten halten sich weiterhin ans Wandern. (nyf )