Drama am Flughafen Kabul
Bundeswehr in Feuergefecht verwickelt
BERLIN - Rund um den Flughafen in Kabul spielen sich weiterhin tragische Szenen ab. Der deutsche Generalinspekteur Eberhard Zorn sprach am Montag von einer „schwierigen und dramatischen Lage vor den Toren“des Flughafens. Tausende Menschen drängten sich dort in der Hoffnung, einen der rettenden Evakuierungsflieger Deutschlands und anderer Nationen zu erreichen. Durch die wachsende Verzweiflung der Menschen entstünden „zusätzliche Gewaltpotenziale“, berichtete Zorn zur Lage vor Ort.
Am Nordtor des Flughafens, das durch die USA und auch deutsche Kräfte gesichert wird, kam es am frühen Montagmorgen zu einem Schusswechsel mit unbekannten Angreifern. Erstmals waren damit auch Soldaten der Bundeswehr in ein Feuergefecht während der laufenden Evakuierungsmission verwickelt.
Eine afghanische Sicherheitskraft wurde dabei getötet, drei weitere verletzt, alle Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr seien unverletzt, hieß es. Die genauen Hintergründe des Angriffs waren zunächst unklar.
Weil durch Kontrollpunkte der Taliban, aber auch durch die allgemein chaotische Lage der Zugang zum Flughafen immer schwieriger wird, ist die Bundeswehr nun auch außerhalb des massiv geschützten Geländes im Einsatz, um Menschen in Sicherheit zu bringen. Daran sind Elitesoldaten des Kommandos Spezialkräfte beteiligt. Detaillierte Angaben dazu gab es wegen der üblichen Geheimhaltung nicht. Bestätigt wurden aber Berichte, wonach KSKSoldaten
eine deutsche Familie zum Flughafen brachten. Eine 19-jährige Münchnerin, ihr kleiner Bruder und ihre Mutter hatten laut „Bild“mehrfach versucht, selbst zum Flughafen zu gelangen. Der Einsatz spielte sich aber offenbar in der Nähe des Flughafens und nicht weit entfernt im Stadtgebiet ab.
Auch am Montag nicht zum Einsatz kamen dabei die seit Samstag grundsätzlich vor Ort bereitstehenden zwei Spezialhelikopter der Bundeswehr aus dem in Laupheim stationierten Geschwader 64. Deren Nutzung soll, wie bereits berichtet, mit den anderen Partnern vor Ort, zum Beispiel Amerikanern und Briten, abgestimmt werden. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums versicherte, für einen Einsatz der Hubschrauber müsse auch nicht die
Verabschiedung des Bundestagsmandats für die Mission abgewartet werden.
Die Abstimmung der Abgeordneten ist für Mittwoch geplant. Die Linke kündigte ihre Enthaltung an. Zur Begründung sagte Parteichefin Janine Wissler: „Wir müssen die Menschen ausfliegen. Aber wir halten die Umsetzung der Bundesregierung für katastrophal.“Bei den Grünen wird dagegen mit breiter Zustimmung für den Antrag der Regierung aus Union und SPD gerechnet.
Nach Angaben der Bundeswehr wurden bis Montagmittag knapp 3000 Menschen aus insgesamt 43 Nationen durch deutsche Militärflüge aus Kabul gerettet. Darunter seien 340 Deutsche und rund 1800 Afghanen gewesen, die meisten von ihnen seien Ortskräfte und ihre Familien.