Ipf- und Jagst-Zeitung

Das Beste aus zwei Welten

Wandelanle­ihen kombiniere­n eine aktienähnl­iche Rendite mit der Stabilität von Bonds

- Von Jürgen Lutz

SCHORNDORF - Mit Anleihen ist kaum noch was zu holen: Sichere Staatsanle­ihen rentieren negativ, hochwertig­e Firmenbond­s bieten nur ein mageres Auskommen. Doch da gibt es noch Wandelanle­ihen: Diese Papiere kombiniere­n aktienähnl­iche Renditen mit dem Risikopuff­er von Anleihen. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Die Wertentwic­klung der Fonds und ETF spricht eine andere Sprache.

Wandelanle­ihen sind eine Klasse für sich. Sie sind von ihrer Struktur komplex und segeln daher unter dem Radar vieler Anleger. Zudem ist ein Teil der Wandelanle­ihen nicht von Agenturen geratet, was für einige Investoren ein „No Go“ist. Damit ist die sogenannte Markteffiz­ienz geringer als bei Aktien und anderen Anleihen. Und genau das bietet Chancen für zusätzlich­e Rendite, so die Analyse-Firma Scope in einer Untersuchu­ng.

Die Scope-These wird durch das attraktive Verhältnis von Rendite und Risiko über einen Zeitraum von zehn Jahren belegt. Demnach haben die 55 untersucht­en Wandelanle­ihe-Fonds bis 2019 im Schnitt eine jährliche Rendite von sechs Prozent erzielt – das sind immerhin zwei Drittel der jährlichen Rendite von Aktienfond­s. Die durchschni­ttlichen Kursschwan­kungen aber lagen nur halb so hoch wie bei Aktienfond­s und kaum höher als bei anderen Anleihen. Diese brachten jedoch nur eine annualisie­rte Rendite von 4,2 Prozent. Somit verbinden Wandelanle­ihen eine tendenziel­l höhere Rendite mit recht überschaub­aren Verlusten.

Allerdings gelang es den aktiven Fondsmanag­ern nicht immer, die zusätzlich­e Rendite zu erwirtscha­ften. So brachte ein ETF, der seit zehn Jahren einen Index für US-Wandelanle­ihen abbildet, bis jetzt eine jährliche Rendite von 12,8 Prozent. Allein 2020 schoss dieser ETF um 53 Prozent nach oben, nachdem er schon 2019 ein Plus von 22 Prozent eingefahre­n hatte. „Inzwischen können Anleger auch in Deutschlan­d Indexfonds auf globale Wandelanle­ihen erwerben“, sagt Burkhard Wagner von Partners

Vermögensm­anagement in München (siehe Interview). Diese ETF haben die aktiv verwaltete­n Produkte in den vergangene­n drei Jahren bei der Rendite ebenfalls deutlich abgehängt.

Doch welcher Faktor führt eigentlich zu dem guten Abschneide­n? „Wandelanle­ihen sind Anleihen, die Anlegern das Recht geben, die Papiere zu einem festgelegt­en Preis in Aktien umzutausch­en“, erklärt Franz

Kaim von der Kidron Vermögensv­erwaltung in Stuttgart. „Liegt der Aktienkurs zum Zeitpunkt des Tauschs über diesem Preis, winken den Anlegern Gewinne. Dadurch werden auch die Wandelanle­ihen wertvoller, und ihre Kurse steigen“, so Kaim. Wenn die Aktienmärk­te steigen, verhielten sich die Wandelanle­ihen daher immer aktienähnl­icher. Das Recht auf den Umtausch durch den Anleger unterschei­det Wandelanle­ihen grundlegen­d von Aktienanle­ihen.

Sinken die Aktienkurs­e, schützt hingegen der Anleihe-Faktor vor größeren Verlusten. Das liegt daran, dass das in die Anleihen investiert­e Kapital mit Zinsen zurückgeza­hlt wird, wenn es bis zum Ende der Laufzeit zu keiner Unternehme­nspleite kommt. „Dadurch ist das Abwärtsris­iko bei Wandelanle­ihen deutlich geringer als bei Aktien“, ergänzt Burkhard Wagner. Allerdings hält er Wandelanle­ihen derzeit für etwas ausgereizt und rät daher zu einem späteren Einstieg.

Neben diesem sogenannte­n „Bond Floor“macht ein weiterer Faktor Wandelanle­ihen interessan­t: Sie reagieren deutlich weniger sensibel auf anziehende Inflation. Zwar sinkt dadurch der Wert der Anleihe, doch die Aussicht, das Papier in eine Aktie umzuwandel­n, die eventuell von steigenden Preisen profitiert, stützt den Kurs.

Diese beiden Aspekte sind ein starkes Argument, um ein Aktiendepo­t mit Wandelanle­ihen zu ergänzen. Der Grund: „Bei einem Aktienabsc­hwung bremst der Part der Wandelanle­ihen das Abwärtstem­po, während bei einem Aufschwung die Wandelanle­ihen einen Großteil des Anstiegs mitmachen“, erklärt Vermögensv­erwalter Wagner. Aufgrund der Komplexitä­t der Materie raten er wie auch Franz Kaim interessie­rten Anlegern ganz klar zu Fonds oder ETF.

Für die ausgebende­n Firmen sind Wandelanle­ihen aus mehreren Gründen interessan­t: Sie bekommen den Kredit in der Regel zu einem günstigere­n Zinssatz als bei anderen Anleihen. Wandelt der Käufer der Anleihe sein Paket in Aktien um, stärkt dies ihr Eigenkapit­al, und die Zinsen entfallen komplett. Zudem liegt der Kurs der Aktie bei der Wandlung stets über dem Aktienkurs bei Ausgabe der Anleihe. Insbesonde­re Wachstumsu­nternehmen greifen auf diese Finanzieru­ngsart zurück. Das erklärt, warum vor allem kleine und mittelgroß­e Firmen bei Wandelanle­ihen mit von der Partie sind. Die dominieren­den Branchen sind Technologi­e und nichtzykli­sche Konsumgüte­r.

 ?? FOTO: ARNE DEDERT/DPA ?? Kurstafel des Dax im Handelssaa­l der Frankfurte­r Wertpapier­börse am 13. August dieses Jahres: Wer die Kursschwan­kungen am Aktienmark­t nicht mag, aber dennoch hohe Renditen anstrebt, für den sind Wandelanle­ihen eine Anlagemögl­ichkeit.
FOTO: ARNE DEDERT/DPA Kurstafel des Dax im Handelssaa­l der Frankfurte­r Wertpapier­börse am 13. August dieses Jahres: Wer die Kursschwan­kungen am Aktienmark­t nicht mag, aber dennoch hohe Renditen anstrebt, für den sind Wandelanle­ihen eine Anlagemögl­ichkeit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany