Das Beste aus zwei Welten
Wandelanleihen kombinieren eine aktienähnliche Rendite mit der Stabilität von Bonds
SCHORNDORF - Mit Anleihen ist kaum noch was zu holen: Sichere Staatsanleihen rentieren negativ, hochwertige Firmenbonds bieten nur ein mageres Auskommen. Doch da gibt es noch Wandelanleihen: Diese Papiere kombinieren aktienähnliche Renditen mit dem Risikopuffer von Anleihen. Klingt zu schön, um wahr zu sein? Die Wertentwicklung der Fonds und ETF spricht eine andere Sprache.
Wandelanleihen sind eine Klasse für sich. Sie sind von ihrer Struktur komplex und segeln daher unter dem Radar vieler Anleger. Zudem ist ein Teil der Wandelanleihen nicht von Agenturen geratet, was für einige Investoren ein „No Go“ist. Damit ist die sogenannte Markteffizienz geringer als bei Aktien und anderen Anleihen. Und genau das bietet Chancen für zusätzliche Rendite, so die Analyse-Firma Scope in einer Untersuchung.
Die Scope-These wird durch das attraktive Verhältnis von Rendite und Risiko über einen Zeitraum von zehn Jahren belegt. Demnach haben die 55 untersuchten Wandelanleihe-Fonds bis 2019 im Schnitt eine jährliche Rendite von sechs Prozent erzielt – das sind immerhin zwei Drittel der jährlichen Rendite von Aktienfonds. Die durchschnittlichen Kursschwankungen aber lagen nur halb so hoch wie bei Aktienfonds und kaum höher als bei anderen Anleihen. Diese brachten jedoch nur eine annualisierte Rendite von 4,2 Prozent. Somit verbinden Wandelanleihen eine tendenziell höhere Rendite mit recht überschaubaren Verlusten.
Allerdings gelang es den aktiven Fondsmanagern nicht immer, die zusätzliche Rendite zu erwirtschaften. So brachte ein ETF, der seit zehn Jahren einen Index für US-Wandelanleihen abbildet, bis jetzt eine jährliche Rendite von 12,8 Prozent. Allein 2020 schoss dieser ETF um 53 Prozent nach oben, nachdem er schon 2019 ein Plus von 22 Prozent eingefahren hatte. „Inzwischen können Anleger auch in Deutschland Indexfonds auf globale Wandelanleihen erwerben“, sagt Burkhard Wagner von Partners
Vermögensmanagement in München (siehe Interview). Diese ETF haben die aktiv verwalteten Produkte in den vergangenen drei Jahren bei der Rendite ebenfalls deutlich abgehängt.
Doch welcher Faktor führt eigentlich zu dem guten Abschneiden? „Wandelanleihen sind Anleihen, die Anlegern das Recht geben, die Papiere zu einem festgelegten Preis in Aktien umzutauschen“, erklärt Franz
Kaim von der Kidron Vermögensverwaltung in Stuttgart. „Liegt der Aktienkurs zum Zeitpunkt des Tauschs über diesem Preis, winken den Anlegern Gewinne. Dadurch werden auch die Wandelanleihen wertvoller, und ihre Kurse steigen“, so Kaim. Wenn die Aktienmärkte steigen, verhielten sich die Wandelanleihen daher immer aktienähnlicher. Das Recht auf den Umtausch durch den Anleger unterscheidet Wandelanleihen grundlegend von Aktienanleihen.
Sinken die Aktienkurse, schützt hingegen der Anleihe-Faktor vor größeren Verlusten. Das liegt daran, dass das in die Anleihen investierte Kapital mit Zinsen zurückgezahlt wird, wenn es bis zum Ende der Laufzeit zu keiner Unternehmenspleite kommt. „Dadurch ist das Abwärtsrisiko bei Wandelanleihen deutlich geringer als bei Aktien“, ergänzt Burkhard Wagner. Allerdings hält er Wandelanleihen derzeit für etwas ausgereizt und rät daher zu einem späteren Einstieg.
Neben diesem sogenannten „Bond Floor“macht ein weiterer Faktor Wandelanleihen interessant: Sie reagieren deutlich weniger sensibel auf anziehende Inflation. Zwar sinkt dadurch der Wert der Anleihe, doch die Aussicht, das Papier in eine Aktie umzuwandeln, die eventuell von steigenden Preisen profitiert, stützt den Kurs.
Diese beiden Aspekte sind ein starkes Argument, um ein Aktiendepot mit Wandelanleihen zu ergänzen. Der Grund: „Bei einem Aktienabschwung bremst der Part der Wandelanleihen das Abwärtstempo, während bei einem Aufschwung die Wandelanleihen einen Großteil des Anstiegs mitmachen“, erklärt Vermögensverwalter Wagner. Aufgrund der Komplexität der Materie raten er wie auch Franz Kaim interessierten Anlegern ganz klar zu Fonds oder ETF.
Für die ausgebenden Firmen sind Wandelanleihen aus mehreren Gründen interessant: Sie bekommen den Kredit in der Regel zu einem günstigeren Zinssatz als bei anderen Anleihen. Wandelt der Käufer der Anleihe sein Paket in Aktien um, stärkt dies ihr Eigenkapital, und die Zinsen entfallen komplett. Zudem liegt der Kurs der Aktie bei der Wandlung stets über dem Aktienkurs bei Ausgabe der Anleihe. Insbesondere Wachstumsunternehmen greifen auf diese Finanzierungsart zurück. Das erklärt, warum vor allem kleine und mittelgroße Firmen bei Wandelanleihen mit von der Partie sind. Die dominierenden Branchen sind Technologie und nichtzyklische Konsumgüter.