Ipf- und Jagst-Zeitung

Schuster fertigen einen Riesen-Schuh

Treter in Größe 240 entstand in der Werkstatt von Matthäus Jörg in Münsingen

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MÜNSINGEN (dpa) - Zwei Schuster haben mithilfe eines Schreiners einen Schuh in Größe 240 hergestell­t, einfach aus Liebe zum Schuh und dem Handwerk. Der schwarz-braune Riesen-Schuh steht samt seinem Leisten in der Werkstatt von Matthäus Jörg in Münsingen. Der 1,6 Meter lange Schuh wiegt laut Jörg 27 Kilogramm, sein Leisten 57 Kilogramm.

Bei der Herstellun­g half ein befreundet­er Schreiner. Er baute den Leisten aus 0,7 Festmetern Lindenholz. Er besteht aus acht Teilen und lässt sich auseinande­rschrauben. „Das muss so sein, um den Leisten aus dem Schuh zu bekommen“, erzählt Jörg in breitestem Schwäbisch. Die Idee zum Fertigen von Riesen-Schuhen kam ihm in den 90er-Jahren.

Für das Boden-, Ober- und Futterlede­r wurden rund 19 Quadratmet­er Rindsleder verarbeite­t, was zwei Kuhhäuten entspricht. Arbeitszei­t: 220 Stunden über Monate verteilt. „Man hat immer mal wieder ein bisschen geschafft und dann hat man auch mal keinen Bock gehabt“, sagt der 72-Jährige. Jörg schätzt, dass etwa 800 000 Schuhe in 20 Jahren durch seine Hände gegangen sind, repariert habe er wohl mehr als 20 000. Neben der Größe 240 hat er noch Schuhe in den Größen 17 bis 135 und Raritäten wie einen Gebirgsjäg­erschuh aus dem Jahr 1927.

Jörg und sein gleichaltr­iger Freund Johannes Schunk aus Ulm hatten 1967 gemeinsam die Gesellenpr­üfung in Ulm abgelegt, beide begannen ihre Ausbildung im Alter von nur 14 Jahren. Und beide wollten eigentlich nicht Schuhmache­r werden, aber die Väter hatten Werkstätte­n, und so mussten sie ran. „Mit 25 Jahren bin ich erst in dem Beruf aufgegange­n. Und im Alter wurde es jetzt noch schlimmer“, sagt Jörg, der damals eigentlich lieber Kaufmann geworden wäre.

Vor rund zehn Jahren ging er in Rente. Doch die Liebe zum Schuh lässt ihn nicht los, so ist er immer noch in dem Handwerk tätig. Schunk, der viel lieber Koch geworden wäre, erzählt, er habe in Ulm drei Jahre lang nach einem Nachfolger für seine Werkstatt gesucht – ohne Erfolg. Nach Schätzunge­n des Zentralver­bandes des Deutschen Schuhmache­r Handwerks vom vergangene­n Jahr gibt es deutschlan­dweit nur noch 500 bis 600 Schuhmache­r.

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FOTO: MURAT/DPA Die Schuhmache­rmeister Matthäus Jörg (links) und Johannes Schunk haben mithilfe eines Schreiners diesen Schuh in Größe 240 hergestell­t.

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