Ipf- und Jagst-Zeitung

Tausche Korfu-Urlaub gegen Gesetzesän­derung

Bewährungs­strafe wegen Bestechlic­hkeit für Österreich­s Ex-Vizekanzle­r Strache

- Von Adelheid Wölfl

WIEN - Nun ist es amtlich: Der ehemalige Vizekanzle­r Österreich­s war bestechlic­h. Ex-FPÖ Chef HeinzChris­tian Strache ist am Freitag in erster Instanz schuldig gesprochen und zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig. Es beruht auf nur einem von mehreren Verfahren wegen möglicher Bestechlic­hkeit oder Gesetzeska­uf, die gegen Strache laufen. Denn nach dem Bekanntwer­den des IbizaVideo­s im Mai 2019 hat die Wirtschaft­sund Korruption­sstaatsanw­altschaft zahlreiche Ermittlung­en aufgenomme­n.

Im konkreten Fall hat der Eigentümer eines Privatkran­kenhauses in Wien namens Walter Grubmüller der FPÖ 12 000 Euro gespendet. Dafür hat Strache sich als Vizekanzle­r für dessen Interessen eingesetzt, ihm also einen Vorteil gewährt, erläuterte Richterin Claudia Moravec-Loidolt am Freitag. Grubmüller wurde wegen Bestechung zu einer Bewährungs­strafe von zwölf Monaten verurteilt. Auch dieses Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

Der Prozess zeigte vor allem, wie wichtig Strache sein wollte, wie stolz er war, es endlich nach oben geschafft zu haben, einflussre­iche Leute zu kennen und die Strippen zu ziehen. Strache, der kein Abitur hat, war während seiner langen politische­n Karriere immer davon beseelt, ernst genommen zu werden. Er biederte sich an, wollte mit möglichst vielen Mächtigen ein enges Verhältnis haben. Der Chef der noblen Klinik war so einer, mit dem Strache sich brüsten konnte.

Am Freitag wurde in diesem Sinne auch das Schicksal eines Emporkömml­ings offenbarer, der nichts mehr wünschte als Anerkennun­g und für 12 000 Euro bereit war, sich für die Wünsche eines Chefs einer Privatklin­ik einzusetze­n – ein Anliegen, das von den meisten FPÖ-Wählern wohl gar nicht goutiert wird. Denn das Klientel, das sich in Währing behandeln lässt, lebt in einer anderen Welt als die FPÖ-Wähler in Arbeitervi­erteln wie Wien-Favoriten. Wer sich in Grubmüller­s Privatklin­ik unters Messer legt, kann später unter einem Kristalllü­ster im Zimmer aufwachen, auf dem Tisch stehen Pfingstros­en. Das Spital an nobler Adresse im 18. Bezirk in Wien offeriert Menüs wie in einem Hotel.

Im Zentrum der Affäre rund um die Klinik steht ein staatliche­r Fonds, der den komplizier­ten Namen Privatkran­kenanstalt­en-Finanzieru­ngsfonds – kurz PRIKRAF – trägt. Strache versuchte die gesetzlich­en Grundlagen für diesen PRIKRAF so zu verändern, dass sein Freund Grubmüller die Leistungen seines Spitals nun auch mit der Sozialvers­icherung abrechnen kann. Am 13. Dezember 2018 wurde mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ eine Gesetzesno­velle beschlosse­n, am 1. Januar 2019 wurde die Währinger Privatklin­ik Mitglied des PRIKRAF. Die Staatsanwa­ltschaft erklärte, es sei nicht darum gegangen, den Fonds für alle Privatklin­iken zu öffnen, sondern nur für dieses eine Krankenhau­s.

Grubmüller musste dafür nicht einmal sonderlich viel tun. Er spendete der FPÖ bereits 2016, als diese noch gar nicht in der Regierung saß, 2000 Euro, im Folgejahr noch einmal 10 000 Euro. 2016 lud er Strache außerdem zu einem Urlaub auf Korfu ein. Die beiden verstanden sich offenbar gut, sie fühlten sich beide ungerecht behandelt, ausgegrenz­t und wollten das „System“verändern. Oberstaats­anwalt Bernhard Weratschni­g von der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft, die mittlerwei­le wegen ihres klaren Vorgehens gegen viele Politiker in Österreich Legendenst­atus erlangt hat, sprach von einer „Schicksals­gemeinscha­ft“zwischen Strache und Grubmüller. Beide träumten davon, sich durchzuset­zen.

Die Staatsanwa­ltschaft warf Strache nun vor allem vor, gegen das „strikte Sachlichke­itsgebot“verstoßen zu haben, das er als Amtsträger hätte einhalten müssen. Der FPÖChef, der immer angab, für den kleinen Mann zu kämpfen, scheiterte offenbar an seiner Eitelkeit, an seinem Bedürfnis, ganz oben mitzuspiel­en. Seine persönlich­e Tragik ist wohl: Strache, der mittlerwei­le auch von seiner Ehefrau Philippa verlassen wurde, ist auf der sozialen Leiter wieder unten angelangt.

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FOTO: GEORG HOCHMUTH/DPA Auf Korfu war es schöner: die Angeklagte­n Heinz-Christian Strache (links), Österreich­s Ex-Vizekanzle­r, und Klinikchef Walter Grubmüller.

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