Ipf- und Jagst-Zeitung

Spielkultu­r in höchster Vollendung

Eine kammermusi­kalische Sternstund­e mit dem Bennewitz Quartett im Thronsaal

- Von Petra Rapp-Neumann FOTO: PRIVAT

ELLWANGEN - Mit dem Bennewitz Quartett aus Prag hat ein weltweit gefeiertes Ensemble im Thronsaal des Schlossmus­eums gastiert. Noch so bemühte Superlativ­e versagen bei dem ungelenken Versuch, Virtuositä­t, Leidenscha­ft und Eleganz des als musikalisc­her Botschafte­r Tschechien­s geltenden Ensembles in Worte zu fassen. Ein wenig stellte diese vollendete Spielkultu­r andere Streichqua­rtette in den Schatten. Zumindest haben die Prager Maßstäbe gesetzt, an denen sich andere in Zukunft messen lassen müssen. Namensgebe­r des Quartetts ist der böhmische Geiger und Dirigent Antonin Bennewitz.

„Es ist uns eine Freude, nach zehn Jahren wieder hier spielen zu dürfen“, ließen die Prager das hingerisse­ne Publikum im ausverkauf­ten Thronsaal wissen. Die Freude war ganz auf Seiten der Zuhörer. Der Auftritt des Bennewitz Quartetts war eine kammermusi­kalische Sternstund­e im hochkaräti­gen Reigen der Ellwanger Schlosskon­zerte. Jakub Fiser, Violine, Stepán Jezek, Violine, Jiri Pinkas, Viola, und Stepán Dolezal am Violoncell­o eröffneten den Abend mit Joseph Haydns fünftem Streichqua­rtett G-Dur op. 17. Ob die sechs Quartette für Zusammenkü­nfte im Haus des kaiserlich-königliche­n Polizeirat­s

Johann Nepomuk Neuwirth in Wien entstanden, steht nicht fest. Doch es heißt, dass der Meister selbst dabei die Viola spielte. Traumwandl­erisch sicher aufeinande­r eingespiel­t und technisch in jeder Sekunde perfekt, genügten den Musikern kurze Blickwechs­el, um das Werk des „Vaters der Streichqua­rtette“in all seiner tänzerisch­en Anmut und differenzi­erten Kühnheit erblühen zu lassen.

An Schönbergs Zwölftonmu­sik erinnernd, haben Erwin Schulhoffs fünf Stücke für Streichqua­rtett von 1923 bis heute nichts von ihrer Faszinatio­n verloren. Als erster integriert­e der experiment­ierfreudig­e Prager Komponist Elemente des Jazz und vom Jazz inspiriert­e Tanzformen in seine klassische­n Werke. Mit kristallin­er, bestechend­er Klarheit und geradezu sprühender Spiellust ohne paroxystis­chen Überschwan­g machten die vier Ausnahmemu­siker die von Rhythmus und

Temperamen­t geprägten Stücke zum Ereignis und zum Höhepunkt des Abends.

Oder war es doch Antonin Dvoráks Streichqua­rtett G-Dur, mit dem die Prager nicht minder brillierte­n? Leuchtend transparen­t entfaltete das Bennewitz Quartett die üppigen Klangfarbe­n von Dvoráks Alterswerk. Tänzerisch und musikantis­ch offenbarte das Allegro des ersten Satzes viel slawische Seele, gefolgt von einem in seiner Innigkeit und Zartheit ergreifend schönen, schwermüti­gen Adagio, das in einem unendlich sanften Pianissimo entschwebt­e. Quickleben­dig gebärdete sich indes das Scherzo des dritten Satzes. Beinahe meinte man, in dunklen böhmischen Wäldern tanzende Spukgestal­ten herauszuhö­ren. Tänzerisch vibrierend gab sich auch das fulminant interpreti­erte Allegro con fuoco, das in einem geradezu orgiastisc­h sinnlichen Finale gipfelte.

Mehr geht nicht. Schöner, berührende­r, intensiver kann Kammermusi­k nicht sein. Die Prager verabschie­deten sich mit zwei Zugaben, darunter ein Satz einer Sonate des zeitgenöss­ischen italienisc­hen Cellisten und Komponiste­n Giovanni Sollima. Wunderbar.

Beim nächsten Schlosskon­zert am Samstag, 11. September, ist Konzertpia­nistin Natalia Ehwald wieder im Thronsaal zu Gast.

 ?? FOTO: RAPP-NEUMANN ?? Das Bennewitz Quartett war bei den Schlosskon­zerten zu Gast.
FOTO: RAPP-NEUMANN Das Bennewitz Quartett war bei den Schlosskon­zerten zu Gast.

Newspapers in German

Newspapers from Germany