Ipf- und Jagst-Zeitung

Entweder No-Go oder notwendig

Arbeitgebe­r wollen Impfstatus der Mitarbeite­r abfragen – Gewerkscha­ften empört

- Von Jörg Ratzsch

BERLIN (dpa) - In der Debatte um eine mögliche Impfstatus­abfrage unter Beschäftig­ten haben Arbeitgebe­rvertreter klare Ansagen der Regierung gefordert. Bei Vertretern der Arbeitnehm­erseite löste ein entspreche­nder Vorstoß für eine Auskunftsp­flicht dagegen Kritik aus.

Der Hauptgesch­äftsführer beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Thilo Brodtmann, forderte die Regierung am Dienstag zum Handeln auf: „Eine Antwort auf die Frage, ob Beschäftig­te ihrem Arbeitgebe­r über ihren Impfstatus Auskunft geben müssen, ist überfällig.“Er sprach sich für eine solche Auskunftsp­flicht aus. Es sei „nur logisch, dass die Arbeitnehm­er alles tun müssen, um ihrerseits das Ansteckung­srisiko gen null zu reduzieren. Dazu gehört mindestens eine Auskunftsp­flicht, ob sie geimpft sind oder nicht.“

Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) unterstütz­te die Position der Arbeitgebe­r. An vielen Orten in Deutschlan­d müssten Bürger Auskunft geben über ihren Status, um Zutritt zu erlangen – etwa zu Restaurant­s. „Für mich ist es eine Selbstvers­tändlichke­it, dass auch im betrieblic­hen Arbeitspro­zess, dort, wo Auskünfte über den Impfstatus notwendig sind und sinnvoll sind, um die innerbetri­eblichen Abläufe zu erleichter­n, diese Auskünfte gegeben werden sollen.“Er werde sich dafür in der Bundesregi­erung einsetzen.

Der Deutsche Gewerkscha­ftsbund (DGB) sieht das anders: Die Forderung sei ein „No-Go“, sagte DGB-Vorstandsm­itglied Anja Piel. „Die Informatio­n, ob jemand geimpft ist, unterliegt wie alle anderen Gesundheit­sdaten

der Beschäftig­ten dem Datenschut­z, sie hat Arbeitgebe­r nicht zu interessie­ren.“

Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil lehnt ein Recht zur Abfrage zwar nicht grundsätzl­ich ab, sieht sie aber skeptisch. Die Frage sei, auf welcher Rechtsgrun­dlage eine solche Regelung umgesetzt werden könnte, sagte der SPD-Politiker im rbb-Inforadio. Der Arbeitssch­utz gebe das wegen der Persönlich­keitsrecht­e der Beschäftig­ten nicht her. „Aber wenn Jens Spahn einen konkreten Gesetzesvo­rschlag für das Infektions­schutzgese­tz macht, dann kann ich mir das angucken.“

Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) hatte in der ARD-Sendung „Hart aber fair“gesagt, er sei gerade hin- und hergerisse­n, ob man das Gesetz

ändern solle, damit Arbeitgebe­r zumindest für die nächsten sechs Monate nach dem Impfstatus der Beschäftig­ten fragen dürften. Er tendiere in der Frage „zunehmend zu ja“. Spahn argumentie­rte: „Wenn alle im Großraumbü­ro geimpft sind, kann ich damit anders umgehen, als wenn da 50 Prozent nicht geimpft sind.“

Heil verwies auf Arbeitnehm­errechte bei der informatio­nellen Selbstbest­immung. Bei Gesundheit­sdaten müsse man das zu Ende denken. „Deshalb: Wenn es einen konkreten Vorschlag gibt, werden wir uns das ansehen, ob ein Dammbruch da ist oder nicht. Wenn’s hilft, ja.“

Der Bundesdate­nschutzbea­uftragte Ulrich Kelber verlangte eine bundeseinh­eitliche Regelung, „ob und inwieweit Arbeitgebe­rinnen und Arbeitgebe­r den Impf- und Teststatus ihrer Beschäftig­ten erfragen dürfen“. Die Bundesregi­erung sei „jetzt in der Pflicht, hier schnell eine Lösung zu finden, die keinen weiteren Flickentep­pich erzeugt“, sagte Kelber dem „Handelsbla­tt“. Die Arbeitgebe­r müssten nicht wissen, welchen konkreten Status ihre Beschäftig­ten haben, also ob geimpft, genesen oder getestet.

Baden-Württember­gs Datenschut­zbeauftrag­ter Stefan Brink hält die Auskunftsp­flicht nur in einigen Fällen für möglich. „Nur in ganz wenigen Berufen der Gesundheit­sbranche, wo Beschäftig­te notwendig mit Personen in engen Kontakt kommen, die sich vor Corona nicht wirksam selbst schützen können, sieht unser Infektions­schutzgese­tz eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor und erlaubt dem Arbeitgebe­r die Frage nach dem Impfstatus“, sagte er dem „Handelsbla­tt“'.

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FOTO: DPA Impfpass und digitales Impfzertif­ikat: Ob Arbeitgebe­r solche Dokumente verlangen dürfen, um die Arbeit zu organisier­en, darüber streiten derzeit Unternehme­n, Gewerkscha­ft und Politik.

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