Entweder No-Go oder notwendig
Arbeitgeber wollen Impfstatus der Mitarbeiter abfragen – Gewerkschaften empört
BERLIN (dpa) - In der Debatte um eine mögliche Impfstatusabfrage unter Beschäftigten haben Arbeitgebervertreter klare Ansagen der Regierung gefordert. Bei Vertretern der Arbeitnehmerseite löste ein entsprechender Vorstoß für eine Auskunftspflicht dagegen Kritik aus.
Der Hauptgeschäftsführer beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, Thilo Brodtmann, forderte die Regierung am Dienstag zum Handeln auf: „Eine Antwort auf die Frage, ob Beschäftigte ihrem Arbeitgeber über ihren Impfstatus Auskunft geben müssen, ist überfällig.“Er sprach sich für eine solche Auskunftspflicht aus. Es sei „nur logisch, dass die Arbeitnehmer alles tun müssen, um ihrerseits das Ansteckungsrisiko gen null zu reduzieren. Dazu gehört mindestens eine Auskunftspflicht, ob sie geimpft sind oder nicht.“
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) unterstützte die Position der Arbeitgeber. An vielen Orten in Deutschland müssten Bürger Auskunft geben über ihren Status, um Zutritt zu erlangen – etwa zu Restaurants. „Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, dass auch im betrieblichen Arbeitsprozess, dort, wo Auskünfte über den Impfstatus notwendig sind und sinnvoll sind, um die innerbetrieblichen Abläufe zu erleichtern, diese Auskünfte gegeben werden sollen.“Er werde sich dafür in der Bundesregierung einsetzen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht das anders: Die Forderung sei ein „No-Go“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel. „Die Information, ob jemand geimpft ist, unterliegt wie alle anderen Gesundheitsdaten
der Beschäftigten dem Datenschutz, sie hat Arbeitgeber nicht zu interessieren.“
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil lehnt ein Recht zur Abfrage zwar nicht grundsätzlich ab, sieht sie aber skeptisch. Die Frage sei, auf welcher Rechtsgrundlage eine solche Regelung umgesetzt werden könnte, sagte der SPD-Politiker im rbb-Inforadio. Der Arbeitsschutz gebe das wegen der Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten nicht her. „Aber wenn Jens Spahn einen konkreten Gesetzesvorschlag für das Infektionsschutzgesetz macht, dann kann ich mir das angucken.“
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte in der ARD-Sendung „Hart aber fair“gesagt, er sei gerade hin- und hergerissen, ob man das Gesetz
ändern solle, damit Arbeitgeber zumindest für die nächsten sechs Monate nach dem Impfstatus der Beschäftigten fragen dürften. Er tendiere in der Frage „zunehmend zu ja“. Spahn argumentierte: „Wenn alle im Großraumbüro geimpft sind, kann ich damit anders umgehen, als wenn da 50 Prozent nicht geimpft sind.“
Heil verwies auf Arbeitnehmerrechte bei der informationellen Selbstbestimmung. Bei Gesundheitsdaten müsse man das zu Ende denken. „Deshalb: Wenn es einen konkreten Vorschlag gibt, werden wir uns das ansehen, ob ein Dammbruch da ist oder nicht. Wenn’s hilft, ja.“
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber verlangte eine bundeseinheitliche Regelung, „ob und inwieweit Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber den Impf- und Teststatus ihrer Beschäftigten erfragen dürfen“. Die Bundesregierung sei „jetzt in der Pflicht, hier schnell eine Lösung zu finden, die keinen weiteren Flickenteppich erzeugt“, sagte Kelber dem „Handelsblatt“. Die Arbeitgeber müssten nicht wissen, welchen konkreten Status ihre Beschäftigten haben, also ob geimpft, genesen oder getestet.
Baden-Württembergs Datenschutzbeauftragter Stefan Brink hält die Auskunftspflicht nur in einigen Fällen für möglich. „Nur in ganz wenigen Berufen der Gesundheitsbranche, wo Beschäftigte notwendig mit Personen in engen Kontakt kommen, die sich vor Corona nicht wirksam selbst schützen können, sieht unser Infektionsschutzgesetz eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor und erlaubt dem Arbeitgeber die Frage nach dem Impfstatus“, sagte er dem „Handelsblatt“'.