Neue Strategien fördern Gleichstellung
Studentin untersucht Einfluss der Digitalisierung auf Situation der weiblichen Führungskräfte im Gesundheitswesen
AALEN (an) - Durch die zunehmende Digitalisierung während der CoronaPandemie hat sich auch die Arbeitswelt im Gesundheitssektor spürbar verändert. Wie eine Untersuchung von Studentin Franziska Necke von der Hochschule Aalen zeigt, sind Unternehmen gezwungen, Strukturen zu ändern, Prozesse anzupassen und neue Strategien zu verfolgen. Diese wirken sich positiv auf die Gleichstellung aus und erhöhen die Karrierechancen von Frauen.
Das Coronavirus hat die Problemfelder des Gesundheitswesens in Bezug auf die Digitalisierung aufgedeckt. Vor allem in der Gesundheitsversorgung sind Frauen in der Mehrzahl, nicht jedoch im Topmanagement. Seit 2015 fördert die Bundesregierung die Digitalisierung mit Hilfe des „E-Health-Gesetzes“.
Geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen, die Notwendigkeit der Anpassung und Digitalisierung von Strukturen und Prozessen sowie die Ausweitung telemedizinischer und digitaler Gesundheitsangebote haben während der Pandemie die Arbeitswelt im Gesundheitswesen verändert. „Führungskräfte werden dabei angehalten, agil und flexibel zu handeln. Diese neue Herausforderung bestärkt einen Wandel der Führungskultur im Gesundheitswesen, welcher sich positiv auf das Dasein von Frauen in leitenden Positionen auswirken kann“, zeigt Studentin Necke in ihrer Bachelorarbeit auf.
Der neue Führungsstil erfordere „Kompetenzen und Fähigkeiten wie etwa Empathie und einen integrativen Führungsstil, der vor allem Frauen zugeschrieben wird“, so Necke.
Die in der Pandemie entstandene Unsicherheit und das Fällen von wichtigen Entscheidungen im Gesundheitswesen erfordern ein starkes Management, das Vertrauen ausstrahlt und aktiv in Kommunikation tritt.
Diese Fähigkeiten spiegeln sich für Necke vor allem in Frauen wider: „Das Erkennen dieser Kompetenzen von Frauen führt dazu, dass Frauen vermehrt in leitenden Positionen eingesetzt werden, ihre Aufstiegschancen steigen und positive Effekte auf den Geschäftserfolg verzeichnet werden können, da qualifiziertes Personal an das Unternehmen gebunden wird.“
Bereits eingeführte digitale Anwendungen wie die elektronische Patientenakte, die mobile Vernetzung des Pflegepersonals oder die Entscheidungsunterstützung durch künstliche Intelligenz sorgen für eine administrative Entlastung und Zeitersparnis bei der Dokumentation und Diagnostik. Für die Studentin des Gesundheitsmanagements bieten diese digitalen Technologien „für Frauen damit einen neuen Handlungsspielraum, der die Alltagsorganisation erleichtert und für Weiterbildungen genutzt werden kann, die wiederum weitere Aufstiegschancen ermöglichen“.
Eine weitere Chance ist eine veränderte Arbeitswelt durch orts- und zeitunabhängiges Arbeiten, die es zulässt, Diagnostik und Therapie beispielsweise durch das Nutzen einer Videosprechstunde oder E-Rezepte und -Überweisungen, aus der Ferne durchzuführen. „Ein flexibles Arbeiten ohne starres Schichtmodell ermöglicht Frauen eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, bietet erleichterte Fortbildungsmöglichkeiten und macht die Führungstätigkeit
für weibliche Personen attraktiver“, so die 23-Jährige aus Hochdorf bei Biberach an der Riss.
Die größten Herausforderungen des Gesundheitssektors bei der Digitalisierung sind das Thema Datensicherheit und die fehlende Technikaffinität bei einigen Gesundheitsdienstleistern. „Die Auffassung, dass Frauen weniger affin im Bereich der IT seien, führt häufig zu einer Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten und mangelndem Selbstbewusstsein bei Frauen“, erklärt Necke.
An die Akteure der Gesundheitsbrache appelliert Necke, Weiterbildungen und (IT-) Schulungen aktiv zu fördern und im Blended-Learning-Format – einem Mix aus Onlineund Präsenztrainings – anzubieten. Gesundheitsunternehmen rät Necke auch, jungen Frauen, die sich in der medizinischen Ausbildung befinden, die erhöhte Flexibilität und die Integration von Beruf und Familie stärker aufzuzeigen. Zur Erzielung der Gleichberechtigung auf Managementebene schlägt Necke zudem die Einführung eines Jobsharing vor, bei dem sich zwei Personen eine Führungsposition teilen.
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen befindet sich in Deutschland noch in der Entwicklungsphase, was auch ein Vorteil sein kann. „Bei der Umsetzung von neuen digitalen Strategien und Anwendungen kommt es nicht nur auf technisches Verständnis an, vielmehr kann sie als Gestaltungsarbeit gesehen werden. Frauen müssen den derzeitigen Aufschwung nutzen, zu ihren Fähigkeiten und Forderungen stehen, um aktiv bei diesem Prozess mitwirken zu können“, erläutert Necke.