Ipf- und Jagst-Zeitung

Eine Idee, die die Spaltung vertieft

- ●» Von Benjamin Wagener

Ohne dass Bürger einen Teil ihres Einkommens an den Fiskus zahlen, kann ein Gemeinwese­n nicht funktionie­ren. Der Staat in Person von Behörden und gewählten Politikern nutzt die Steuern, um mit ihnen Infrastruk­tur und Dienstleis­tungen zu finanziere­n, die für das Prosperier­en eines Staatswese­ns unabdingba­r sind. Dazu gehört der Bau von Straßen und Schulen, von Kliniken und Kasernen genauso wie die Entlohnung von Polizisten und Lehrern, von Soldaten und Abgeordnet­en und die Unterstütz­ung von Bedürftige­n durch soziale Hilfsleist­ungen. Vor diesem Hintergrun­d ist das Hinterzieh­en von Steuern kein Kavaliersd­elikt, sondern eine kriminelle Handlung, mit der Bürger der Allgemeinh­eit aber vor allem auch jedem in ihrem Umfeld schaden: der eigenen Familie, den Arbeitskol­legen und Nachbarn.

Eine Plattform, auf der nun jeder anonym und ohne großen Aufwand potenziell­e Steuerverg­ehen von Mitbürgern anzeigen kann, ist dennoch der völlig falsche Weg. In Zeiten, in denen der Zusammenha­lt der Gesellscha­ft, in denen das Verständni­s der Menschen für Positionen, Meinungen und Ansichten anderer sowieso abnimmt, birgt der Vorstoß die Gefahr, die Spaltung weiter voranzutre­iben. Hinzu kommt, dass das deutsche Steuersyst­em sowieso so komplizier­t ist, dass Laien in der Regel nur sehr schwer einschätze­n und beurteilen können, wann ein Steuerverg­ehen vorliegt oder nicht. Beschäftig­t der Nachbar den Maler schwarz oder ist die Hilfe gedeckt, weil sie unter Freundscha­ftsdienst läuft? Deutet der Gebrauch von Bargeld bei größeren Anschaffun­gen auf verschleie­rte Nebeneinkü­nfte hin? Ist die Anzeige einer ohne Rechnungen beschäftig­ten Putzfrau begründet?

Südwest-Finanzmini­ster Danyal Bayaz argumentie­rt, dass dem Staat jedes Jahr rund 50 Milliarden Euro an Steuergeld­ern vorenthalt­en werden. Besser als eine Denunziant­en-Plattform wäre es, die Finanzbehö­rden so zu stärken, damit sie in der Lage sind, die Steuerhint­erzieher zu entlarven, um die Milliarden auf diese Weise für Straßen, Schulen und Polizisten­gehälter zu retten.

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