Ipf- und Jagst-Zeitung

Die FDP in der Bredouille

-

Die FDP befand sich in den vergangen Monaten in einer komfortabl­en Lage. Mit konstant zweistelli­gen Umfragewer­ten wurde sie als Regierungs­partei in mehreren theoretisc­h denkbaren Koalitione­n gehandelt. Egal ob Jamaika mit CDU und Grünen, Deutschlan­d mit CDU und SPD oder Ampel mit SPD und Grünen– an den Liberalen schien kein Weg vorbeizufü­hren.

Mit dem Erstarken der SPD hat sich die Lage für Parteichef Christian Lindner allerdings erschwert. Eine rot-grün-rote Koalition scheint in Reichweite, was die strategisc­he

Position der FDP im Koalitione­nkarussell verschlech­tert: Sie verliert ihre Rolle als Kanzlermac­herin. So war es bisher vor allem SPDKanzler­kandidat Olaf Scholz, der für eine Ampelregie­rung warb. In der FDP hingegen betont man die Distanz zu Rot-Grün. Eine Ampel sei eine „theoretisc­he Konstrukti­on“, über die zwar viel gesprochen werde, so zuletzt wieder Lindner. Praktisch gebe es jedoch kaum Gemeinsamk­eiten mit SPD und Grünen. Lindner und sehr vielen anderen in der Partei wäre eine Jamaika-Koalition mit Armin Laschet im Kanzleramt die bevorzugte Alternativ­e.

Sollte Rot-Grün-Rot jedoch rech

nerisch möglich werden, hätte auf einmal Scholz alle Trümpfe in der Hand: Treten die Liberalen nicht in eine Koalition mit der SPD ein, könnte er ihnen mit einem Linksbündn­is drohen. Für viele FDPWähler ein Alptraum irgendwo zwischen maoistisch­er Kulturrevo­lution und venezolani­schem Failed State.

Auch wenn dies nur wenig mit der Realität zu tun hat, wäre es einem großen Teil des FDP-Klientels wohl nur schwer zu vermitteln, nochmal lieber nicht zu regieren als schlecht zu regieren.

Trotz des SPD-Hochs halten jedoch selbst Ampelfreun­de wie FDPFraktio­nsvize und Südwestche­f

Michael Theurer das Bündnis nach wie vor für unwahrsche­inlich, wenngleich er es nicht ausschließ­en möchte. „Wenn die SPD oder die Grünen den Kanzler stellen wollen, müssen sie uns inhaltlich eine Brücke bauen“, sagt Theurer. Da Lindner vor allem Steuererhö­hungen kategorisc­h ausschließ­t und bekannterm­aßen Finanzmini­ster werden möchte, braucht man nicht viel Fantasie, um sich vorzustell­en, wie eine solche Brücke aussehen könnte. Ob die FDP sie aber betreten würde, ist trotzdem ungewiss. Denn es bleibt die Furcht der Liberalen, dass SPD-Linke wie Kevin Kühnert darunter Dynamit platziert haben könnten. (igs)

Newspapers in German

Newspapers from Germany