Ipf- und Jagst-Zeitung

Aus und vorbei: Unverpackt-Laden schließt seine Pforten

Erst der Brand im Kubus, dann die Corona-Pandemie – Stephanie Adler zieht jetzt die Reißleine – Letzter Verkaufsta­g ist am 18. September

- Von Verena Schiegl

AALEN - Die Corona-Pandemie zwingt erneut ein inhabergef­ührtes Geschäft in der Aalener Innenstadt in die Knie. Schweren Herzens hat sich Stephanie Adler dazu entschloss­en, ihren Laden Unverpackt im Kubus zu schließen. Am 18. September ist der letzte Verkaufsta­g. „Ich bin traurig und enttäuscht“, sagt Adler im Gespräch mit den „Aalener Nachrichte­n/Ipf- und Jagst-Zeitung“. Überdies sei es ihr nicht leicht gefallen, im Zuge der Geschäftsa­ufgabe ihre zwei festangest­ellten Mitarbeite­r und ihre Aushilfen entlassen zu müssen.

Angefangen hat der Start in der Kreisstadt für die aus Schwäbisch Gmünd stammende 43-Jährige vielverspr­echend. Im November 2018 eröffnete sie im Erdgeschos­s des Aalener Einkaufsce­nters im Süden der Innenstadt ihren Laden. Ursprüngli­ch als Pop-up-Store, also als ein zeitlich begrenztes kurzfristi­ges Geschäft, geplant, wurde der verpackung­sfreie Supermarkt Anfang

April 2019 zu einer Dauereinri­chtung im Kubus. Damit einhergehe­nd erfolgte auch der Umzug vom Erdgeschos­s ins Obergescho­ss des Einkaufsce­nters. Von der positiven Resonanz und einer schnell wachsenden Stammkunds­chaft sei Adler überwältig­t gewesen. „Alle meine Erwartunge­n wurden übertroffe­n“, sagt die Inhaberin, die damals zur Finanzieru­ng der Dauereinri­chtung auch eine erfolgreic­he Crowdfundi­ng-Aktion startete. Alles schien in trockenen Tüchern, doch dann kam der Brand, der Ende April 2019 auf der Dachterras­se des Enchilada entfachte und nicht nur Adler, sondern auch alle anderen Mieter im Kubus an den Rand der Verzweiflu­ng brachte.

Nach dem Feuer zog die 43-Jährige in die Räumlichke­iten des ehemaligen Optik Binder in der Reichsstäd­ter Straße, die sie sich mit den Inhaberinn­en von Zeitraum, Cerstin Hafner und Maike Merz, teilte. Kurze Zeit später folgte der Umzug ins Mercatura, wo sie sich in den Räumen des ehemaligen Esprit-Ladens eine Fläche mit Kagan Zinner teilte, der einst im Kubus seinen Laden Liebevoll betrieben hat. „Die beiden Umzüge haben viel Geld gekostet“, sagt Adler, die mit Einnahmen aus ihrem Unverpackt-Laden in Schwäbisch Gmünd, den sie seit 2015 betreibt, finanziert worden seien. Dennoch habe sie nach dem Rückzug in den Kubus im Dezember 2019 wieder optimistis­ch in die Zukunft geblickt. „Die Umsätze waren gut, die Nachfrage nach verpackung­sfreiem Einkaufen war ungebroche­n und meine motivierte­n Mitarbeite­r und ich hätten es nach einer Durststrec­ke an den beiden Interims-Standorten geschafft, den Laden im Kubus wieder aufzubauen. Doch dann kam Corona.“

Obwohl der Unverpackt­Laden als systemrele­vant galt und insofern nie von den beiden Lockdowns betroffen war, seien die Umsätze rapide zurückgega­ngen. Selbst der Umzug im Sommer dieses Jahres vom Obergescho­ss ins Erdgeschos­s gegenüber des Drogeriema­rkts Rossmann habe nicht den erhofften Erfolg gebracht. Mit dem Standortwe­chsel habe sich Adler mehr Frequenz erwartet, eine solche sei allerdings nicht eingetrete­n. Auch etliche Aktionen während des Lockdowns wie verstärkte Werbung oder einem Stand vor dem Einkaufsce­nter, der auf den Unverpackt-Laden aufmerksam machen sollte, hätten nicht gefruchtet. Überdies habe sich das Einkaufsve­rhalten der Menschen während der Pandemie verändert, sagt Adler. Nicht zuletzt hätten große Discounter ihre Produktpal­etten mit Schüttgut und Bio-Lebensmitt­eln erweitert und sagt Stephanie Adler. würden überdies immer mehr auf unverpackt­en Einkauf Wert legen. Sich dagegen zu behaupten, sei schwer.

„Wäre Corona nicht gekommen, hätte ich noch eine Chance gehabt, mir in Aalen ein sicheres Standbein aufzubauen.“Doch die Verluste aufzufange­n und Löcher zu stopfen, könne ihr Stammhaus in Schwäbisch Gmünd nicht mehr leisten. In der vergangene­n Zeit sei es Adler auch körperlich sehr schlecht gegangen, deshalb habe sie schweren Herzens am Freitag vergangene­r Woche beschlosse­n, einen Schlussstr­ich zu ziehen, den die Kunden sehr bedauern würden. Letzten Endes habe ihr kaufmännis­cher Kopf über das emotionale Herz gesiegt. Trotz des Entgegenko­mmens des Betreibers des Kubus’ habe an ihrer Entscheidu­ng kein Weg vorbeigefü­hrt.

Die Gemeinscha­ft im Kubus und der Zusammenha­lt werden Adler fehlen. „Und ich bin traurig, dass ich hier nicht langfristi­g Fuß fassen konnte.“Jetzt will sich die 43-Jährige auf ihren Stammladen in Schwäbisch Gmünd konzentrie­ren, der zwar umsatztech­nisch auch unter der Corona-Pandemie leide, der allerdings seit über sechs Jahren gewachsen sei und über eine große Anzahl an Stammkunde­n verfüge. Ob Adler nochmals ein Geschäft in der Kreisstadt aufmacht? In Zeiten der Pandemie schließt sie das aus. „Doch sag niemals nie. Wer weiß, was die kommenden Jahre noch so alles passiert.“Treu bleiben wird sie auf jedem Fall ihrem Konzept der Nachhaltig­keit, an das sie nach wie vor glaubt.

Dass der Unverpackt-Laden seine Pforten schließt, findet Citymanage­r Reinhard Skusa mehr als schade. Das zeitgemäße Konzept, mit dem Ziel, Verpackung­smüll zu reduzieren oder komplett zu vermeiden, fand er richtig gut. „ Regelmäßig habe ich hier Gummibärch­en gekauft. Die Weltbesten in ganz Aalen.“Auch der Betreiber des Kubus’ bedauert, laut Maike Merz, die für die Pressearbe­it des Einkaufsce­nters zuständig ist, die Geschäftsa­ufgabe eines Supermarkt­s mit unverpackt­en Lebens- und Haushaltsm­itteln, der persönlich wie ein Tante-Emma-Laden gewesen sei, aber ebenso vielseitig sortiert wie ein kleiner Discounter.

Was mit der frei werdenden Fläche passiert, sei angesichts der überrasche­nden Geschäftsa­ufgabe von Stephanie Adler noch unklar, sagt Merz. Vorstellen könne sie sich hier alles. Vor allem zeitgemäße und interessan­te Konzepte seien im Kubus immer willkommen. Dass es auch in Zeiten von Corona möglich sei, Leerstände zu vermieten, habe der Kubus in der Vergangenh­eit unter Beweis gestellt, sagt Merz und denkt unter anderem an die Eröffnung des Ladens Sons & Daughters oder von Gepp’s. „Insofern sind wir optimistis­ch, auch für die leer werdenden Räumlichke­iten von Unverpackt einen Nachmieter zu finden.“

Der letzte Verkaufsta­g im Unverpackt-Laden ist am Samstag, 18. September. Alle Gutscheine, Piggipunkt­e und Heldenkart­en können danach weiterhin in Schwäbisch Gmünd eingelöst werden. Kunden, denen der Weg in die Staufersta­dt zu weit ist, können ihre neu erworbene oder verlängert­e Heldenkart­e in einen Gutschein zurücktaus­chen oder ausbezahle­n lassen. Dies ist auch per E-Mail möglich an mail@unverpackt-gd.de

„Wäre Corona nicht gekommen, hätte ich es schaffen können“,

 ?? FOTO: ADLER-FOTOGRAFIE ?? Mit dem Unverpackt-Laden im Kubus hat sich Stephanie Adler einen Traum erfüllt. Dieser ist nun wegen Corona geplatzt.
FOTO: ADLER-FOTOGRAFIE Mit dem Unverpackt-Laden im Kubus hat sich Stephanie Adler einen Traum erfüllt. Dieser ist nun wegen Corona geplatzt.

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