Außenhandel kämpft mit Belastungen
Deutsche Exporte wachsen schwächer – Verbände in Sorge
WIESBADEN (AFP) - Deutschlands Exportunternehmen haben auch im Juli wieder mehr Waren ins Ausland verkauft als vor der Corona-Krise. Im Vergleich zum Vormonat Juni legten die Exporte um 0,5 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Industrieverbände warnten vor verfrühtem Optimismus – ob die positive Tendenz anhalte, sei abhängig von der weiteren Entwicklung der Pandemie, der Importpreise und der Versorgung mit Vorprodukten.
Die Exportwirtschaft konnte sich im Juli 2021 trotz dieser Herausforderungen behaupten: Im Vergleich zum coronabedingt niedrigen Wert des Vorjahresmonats Juli 2020 betrug das Plus der Exporte 12,4 Prozent. Verglichen mit Februar 2020, dem Monat vor Beginn der Einschränkungen durch die Pandemie in Deutschland, lagen die Ausfuhren um 1,6 Prozent höher. Im Juni 2021 hatte der Wert bei den Ausfuhren erstmals wieder über Vorkrisenniveau gelegen.
Im Juli wurden nun Waren im Wert von 115 Milliarden Euro exportiert. Die Importe summierten sich auf 96,9 Milliarden Euro. Die Einfuhren lagen damit zwar 5,9 Prozent höher als im Februar 2020 und 16,6 Prozent über dem Wert des Vorjahresmonats. Im Vergleich zum Vormonat
Juni 2021 gingen sie aber um 3,8 Prozent zurück. Die Außenhandelsbilanz schloss im Juli den vorläufigen Angaben des Bundesamtes zufolge mit einem Überschuss von 18,1 Milliarden Euro ab.
„Entscheidend in den nächsten Monaten wird sein, wie sich die Pandemie entwickelt und welche Maßnahmen die Politik daraus ableitet“, erklärte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton Börner. Die Störungen internationaler Lieferketten bedeuteten „immense
organisatorische Herausforderungen“. Auch der ungewisse Ausgang der Bundestagswahl trage zur Verunsicherung bei. „Derzeit ist nicht wirklich absehbar, worauf sich die Menschen und die Wirtschaft in den kommenden Jahren einstellen müssen“, erklärte Börner weiter.
Der Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang, warnte, der Exportanstieg sei „kein Automatismus für ein langanhaltendes Konjunkturhoch“. Auch er verwies auf Probleme in den Lieferketten und hohe Logistikkosten. Auch ungeklärte Handelsstreitigkeiten seien „dunkle Wolken am Konjunkturhimmel“.
Der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Volker Treier, bezeichnete den Start der Exportwirtschaft ins zweite Halbjahr als „verhalten“. Trotz hoher Nachfrage aus dem Ausland brächten Lieferengpässe „das Uhrwerk der internationalen Lieferketten derzeit aus dem Takt“. Laut einer DIHK-Umfrage können aktuell 42 Prozent der deutschen Unternehmen bestehende Aufträge nicht abarbeiten, 26 Prozent mussten ihre Produktion drosseln oder gar stoppen. Über die Hälfte der Unternehmen rechneten demnach erst im Laufe des Jahres 2022 mit einer Erholung der Lieferketten.