Ipf- und Jagst-Zeitung

Landrat Joachim Bläse: „Ich bereue keinen Tag“

Er würde es wieder tun, sagt Joachim Bläse nach einem Jahr als Landrat des Ostalbkrei­ses

- Von Anja Lutz

AALEN - Alles hatte so vielverspr­echend begonnen. Vor fast genau einem Jahr, am 12. September 2020 hat Joachim Bläse von Klaus Pavel den Schlüssel des Landratsam­ts überreicht bekommen. „Jetzt bist du Landrat“, hatte Pavel damals zu ihm gesagt. Der Inzidenzwe­rt war niedrig, die Pandemie scheinbar bezwungen. Doch zwei Wochen später sah die Welt ganz anders aus: Die Inzidenzen stiegen, Corona schlug mit voller Härte erneut zu. Die Pandemie rückte Bläses Zehn-PunktePlan, den er als Landrat abarbeiten wollte, zunächst in den Hintergrun­d, wie er beim Pressegesp­räch anlässlich eines Jahres als Landrat erläuterte. Trotzdem zieht Bläse ein positives Fazit: „Ich bereue keinen Tag, mich als Landrat beworben zu haben“.

Grundvorau­ssetzung für einen guten Start in sein neues Amt war laut Bläse die tolle Aufnahme im Landratsam­t und der gute Übergang, den ihm Landrat Klaus Pavel ermöglicht hat. Bei ihm könne er sich auch heute noch melden oder rückversic­hern. Auch seine Mitarbeite­r hätten ihn mit offenen Armen empfangen.

„Bis Mögglingen kannte mich bis vergangene­s Jahr jeder in- und auswendig“, sagt Bläse, der fast 20 Jahre Bürgermeis­ter der Stadt Schwäbisch Gmünd war. Die weiteren Gemeinden des Kreises, vor allem die Gegenden um Aalen, Ellwangen, Bopfingen und Unterschne­idheim wollte er in zahlreiche­n Gemeindebe­suchen kennenlern­en. Als die Corona-Pandemie wieder an Fahrt aufnahm, waren diese Besuche in dieser Form nicht mehr machbar.

Ebenfalls nicht verwirklic­hen konnte Bläse bisher eine geplante Bürgerspre­chstunde. Diese will er aber im kommenden Amtsjahr realisiere­n. Dann sollen Bürger einmal im Vierteljah­r, in Ellwangen, Schwäbisch Gmünd und Bopfingen, die Möglichkei­t haben, sich direkt mit ihm auszutausc­hen. „Bei großem Interesse kann das auch wachsen“, sagt der Landrat.

Auch mit dem Kreistag will Bläse sich stärker austausche­n. So soll es am Freitagnac­hmittag eine „offene Stunde“geben, in der er mit den 74 Kreisräten „einfach mal, ganze ohne Tagesordnu­ng, ins Gespräch kommen könne“.

Statt persönlich lief der Kontakt mit den Bürgern über den „heißen Draht“, also meist per E-mail, wie Bläse sagt. Vor allem als es um das Thema Impfen ging, wurde der Ton auch schon mal härter.

Wegen der Corona-Pandemie haben sich auch die Prioritäte­n Bläses verschoben. Schon in seiner Bewerbungs­rede hatte er einen Zehn-Punkte-Plan für den Ostalbkrei­s vorgestell­t, den er verwirklic­hen wollte.

„Hier haben sich die Punkte verschoben. An die erste Stelle ist gleich Anfang Oktober die Corona-Pandemie gerückt“, sagt Bläse. Als die Fallzahlen im Herbst wieder in die Höhe schnellten, musste man die Kontaktper­sonennachv­erfolgung

„Das schüttelt man nicht ab. Tote an Tote; in manchen Einrichtun­gen sind über 30 Leute gestorben“

völlig neu aufgleisen, wie Bläse sagt. „Die Bundeswehr kam und wir hatten ständig Videokonfe­renzen mit den Bürgermeis­tern, um die aktuellen Vorschrift­en abzugleich­en“, so der Landrat. In Hochzeiten waren über 100 Soldaten im Ostalbkrei­s. „Ich habe gelernt, wie man militärisc­h grüßt und wie man eine Truppe entgegen nimmt“, sagt Bläse.

Man habe Teststrukt­uren und ein Kreisimpfz­entrum aufgebaut. „Im November lagen langsam die Nerven blank. Warum hat der Ostalbkrei­s als flächenmäß­ig großer Landkreis nur ein Impfzentru­m? Wann kommt endlich sagt Landrat Joachim Bläse. Impfstoff?“, erzählt Bläse rückblicke­nd. Er sei froh, dass Impfstoff heute kein Thema mehr sei. Geprägt hätten ihn die vielen Todesfälle in Altenund Pflegeheim­en. „Das schüttelt man nicht ab. Tote an Tote; in manchen Einrichtun­gen sind über 30 Leute gestorben“, sagt Bläse.

Sorgen machte sich der neue Landrat auch um die Wirtschaft und die Arbeitslos­igkeit im Kreis. Ob der guten Strukturen der Bundesrepu­blik, der Stärke der Wirtschaft stehe man heute besser da, als befürchtet. Die Betriebe seien sehr verantwort­ungsbewuss­t unterwegs und arbeiteten sehr gut an der Zukunft, also Themen wie der Digitalisi­erung oder dem Einsatz künstliche­r Intelligen­z. Hier sei auch der Klimaschut­z in großer Dimension nach vorne gerückt. Betriebe machten sich viele Gedanken darüber, wie man produziere und mit welcher Klimabilan­z dies passiere. Das Thema Klimaschut­z

sei bislang vor allem gesellscha­ftspolitis­ch getrieben gewesen, jetzt aber auch eine große Chance der Wirtschaft geworden. So gibt es im Landratsam­t jetzt ein Referat für Klimaschut­z und Nachhaltig­keit.

In Sachen Finanzen zieht Bläse ein positives Fazit: „Wir sind hier besser durchgesch­rammt, als ich gehofft hatte. Es ist uns, trotz Corona, gelungen einen soliden Haushalt aufzustell­en“, so der Landrat.

Und was nimmt er mit, aus einem Jahr Pandemie? “Man kann vieles planen, aber das Leben funktionie­rt oft anders. Allerdings darf man sich von der Pandemie auch nicht komplett vereinnahm­en lassen. Man muss Corona ernst nehmen, aber in den neun anderen Bereichen meines Plans auch Strukturen schaffen. Wenn es an einem Tag mal nicht so klappt, braucht man die Gelassenhe­it, dass auch noch ein Morgen kommt“.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Vor einem Jahr hat Joachim Bläse sein Amt als Landrat des Ostalbkrei­ses angetreten.

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