Schuberts „Schwanengesang“im Thronsaal
Die Konzertpianistin Natalia Ehwald begeistert mit einem wunderbaren Schlosskonzert
ELLWANGEN - Atemberaubend. Hingebungsvoll. Empfindsam. Zum zweiten Mal hat die Berliner Konzertpianistin Natalia Ehwald bei den Ellwanger Schlosskonzerten gastiert und das Publikum hingerissen und tief berührt.
Am Steinway-Flügel in die Musik versunken und gleichsam mit ihr verschmolzen, setzte die junge Musikerin nie sich selbst, sondern stets die Musik in Szene. Hochkonzentriert hat sich die virtuose Tastenzauberin um jeden einzelnen Ton, jede Schattierung, jede Phrasierung bemüht und die Zuhörer in ihren Bann gezogen. Mit unerhörter Innigkeit spielte sie Franz Schuberts letzte Sonate als Höhepunkt eines einzigartigen Konzerts, das in Erinnerung bleiben wird. Für optimierte Intonation des Steinway-Flügels sorgte auf Ehwalds Bitte in der Pause Klaus Striegel, Klavierbaumeister aus Aalen, der seit 20 Jahren bei den Klavierabenden der Schlosskonzerte zur Stelle ist.
Zu Beginn widmete sich Natalia Ehwald gleichermaßen emotional und durchgeistigt Bachs Partita BDur aus dem ersten Teil der „Clavierübung.“Trotz des Titels „Übung“ sind die sechs Partiten des Altmeisters alles andere als leicht zu spielen. Ehwald wurde dem hohen Anspruch des Werks souverän gerecht.
Die Klaviersonate E-Dur von 1820 ist die drittletzte der Klaviersonaten von Ludwig van Beethoven. Mit ihrem technisch ebenso ausgereiften wie beseelten Spiel gelang der Poetin unter den deutschen zeitgenössischen Pianisten eine faszinierende Interpretation dieses vielschichtigen und an Melodien reichen Spätwerks des Komponisten, der zum Zeitpunkt der Entstehung längst ertaubt war und dennoch mit der in sich ruhenden, zurückgenommenen Sonate gänzlich neue Wege beschritt.
Die B-Dur-Sonate, die Franz Schubert zwei Monate vor seinem Tod im November 1828 vollendete, ist ein lyrisches Meisterwerk von beinahe schwindelerregenden Ausmaßen und abgründiger Tiefe. Seine letzten drei Sonaten gelten als Vermächtnis des Frühvollendeten mit dem Nimbus des „Schwanengesangs.“Subtil entwickelte Natalia Ehwald die ergreifende Schönheit und Klangfülle einer Musik, die durchzogen ist von Wehmut und Abschiedsschmerz, aber auch von stiller, ab und an euphorischer Freude. Der sogenannte „Schicksalstriller“im achten Takt der Sonate wird vielfach interpretiert als vorgezogene Botschaft aus dem Jenseits und mutet gespenstisch an. Schöner und erfüllender als Natalia Ehwald kann man Schubert, dem neben Robert Schumann die besondere Liebe der Pianistin gilt, nicht spielen. Sie offenbarte ihr einzigartiges Gespür, ihre Feinfühligkeit für eine Klangwelt voller Schmerz und Schönheit. Ergriffen lauschten die Zuhörer und pflichteten der Künstlerin bei, die nach dem letzten Ton, dem letzten Seufzer um Verständnis für den Verzicht auf eine Zugabe bat.
Hans-Ulrich Engel, künstlerischer Leiter der Ellwanger Schlosskonzerte, brachte es mit seinem Dank für diesen kammermusikalischen Hochgenuss auf den Punkt: „Wunderbar.“Dem ist nichts hinzuzufügen.