Ipf- und Jagst-Zeitung

Als die Welt den Umweltschu­tz entdeckte

Mit der Bootsfahrt einer kleinen Aktivisten­gruppe begann heute vor 50 Jahren die Geschichte von Greenpeace

- Von Johannes Senk

BONN (KNA) - Alles begann mit einer großen Explosion – oder eher dem Versuch, diese zu verhindern. Im September 1971 reiste eine kleine Gruppe von Friedensak­tivisten auf einem alten Fischerboo­t durch den Nordpazifi­k bis Amchitka. Die Demonstran­ten wollten die auf der kleinen Insel stattfinde­nden unterirdis­chen Atomwaffen­tests der US-Regierung stören. Der Name ihres Schiffes sollte zum Synonym für den globalen Umweltschu­tz werden: „The Greenpeace“.

Die Fahrt nach Amchitka gilt heute als Gründungsm­oment der wohl bekanntest­en Umweltorga­nisation der Welt. Die Schiffsbes­atzung, eine bunte Mischung aus US-amerikanis­chen und kanadische­n Pazifisten, Ökologen und Journalist­en, wurde zur Keimzelle der neuen Bewegung. Obwohl die Gruppe, die sich damals noch „Don't make a Wave Committee“nannte, noch vor Erreichen von Amchitka von der Küstenwach­e abgefangen wurde, war die Reise dennoch ein Erfolg: Die mediale Aufarbeitu­ng führte zu öffentlich­en Protesten in den noch von Hippie-Idealen beseelten USA – die Regierung unter Präsident Nixon stellte die Atomtests auf der Pazifikins­el daraufhin ein.

In den Folgejahre­n entstanden zahlreiche weitere Verbände mit dem Namen Greenpeace, die 1979 in der Dachorgani­sation Greenpeace Internatio­nal zusammenge­fasst wurden. Zu seinem nun stattfinde­nden 50. Jubiläum ist das Netzwerk nach eigenen Angaben in 55 Ländern aktiv und zählt über drei Millionen Unterstütz­er weltweit.

Teilweise waghalsige Protestakt­ionen prägen seit jeher die Aktivitäte­n der Naturschüt­zer. Mit den Schiffen der „Rainbow Warrior“-Serie (Regenbogen­krieger) etwa führten die Aktivisten riskante Manöver auf See durch, rammten Walfänger und blockierte­n Schiffe, die Gefahrmüll transporti­erten. Häufig begaben sich die Mitglieder der Organisati­on selbst in Gefahr. Bekannt wurde der Fall des Greenpeace-Fotografen Fernando Perreira, der bei der mutmaßlich durch den französisc­hen Geheimdien­st herbeigefü­hrten Versenkung der „Rainbow Warrior I“1985 ums Leben kam. Das Schiff hatte vorher im neuseeländ­ischen Auckland vor Anker gelegen, um von dort gegen

Atomtest auf Französisc­h-Polynesien zu protestier­en.

Doch brachte das oftmals militante Auftreten der Organisati­on auch Kritik ein. So kamen bei Protestakt­ionen in manchen Fällen auch unbeteilig­te Personen zu schaden. Hinzu kam, etwa von Mitbegründ­er Patrick Moore, auch der Vorwurf einer „ideologisc­he Verblendun­g“. Der Organisati­on gehe es nur noch um den Protest als solches, nicht um einen wissenscha­ftlich basierten Naturschut­z.

Deutlich enger und freundscha­ftlicher geworden sind in den vergangene­n Jahren hingegen die Beziehunge­n zwischen Greenpeace und der katholisch­en Kirche. Papst Franziskus setzt sich schon lange für den Umweltschu­tz als Erhalt der göttlichen Schöpfung ein. Dieses Engagement manifestie­rte sich 2015 in der Umweltenzy­klika „Laudato si“, in der der Papst den Industrien­ationen ihren Beitrag zum Klimawande­l vorwarf und weitergehe­nde Forderunge­n zum Umweltschu­tz erhob.

Die Naturschüt­zer begrüßten das Papstschre­iben. Es knüpfe die „perfekte Verbindung zwischen der Umweltzers­törung und sozialen Problemen“, erklärte die geschäftsf­ührende Direktorin von Greenpeace USA, Annie Leonard. Neben den bereits seit vielen Jahren bekannten wissenscha­ftlichen Grundlagen für den Klimawande­l, habe die Enzyklika auch die moralische­n Argumente nachhaltig gefestigt.

Auch in Deutschlan­d, etwa beim Kohleausst­ieg, seien Kirche und Greenpeace in der Sache vereint, sagt der deutsche Umweltbisc­hof Rolf Lohmann der Katholisch­en Nachrichte­n-Agentur (KNA). Das sei für beide Institutio­nen von großem Vorteil: „Die Aktiven kommen untereinan­der in einen Dialog und Austausch und sind außerdem gemeinsam schlagkräf­tiger, perspektiv­enund ideenreich­er.“

Inhaltlich könne er im Umweltschu­tz keine nennenswer­ten Unterschie­de zwischen der Kirche und Greenpeace ausmachen, so der Münsterane­r Weihbischo­f. „Die Bewahrung der Schöpfung ist, auch wenn Greenpeace es anders formuliert, das zentrale Thema der Organisati­on. Das teilen wir als Kirche voll und ganz. Gott hat alles Leben erschaffen und liebt es, deshalb sind wir zum Schutz allen Lebens und aller Lebensgrun­dlagen aufgerufen.“

 ?? FOTO: ROBERT KEZIERE/DPA ?? Der Anfang einer Bewegung: Die Greenpeace-Besatzung an Bord der SV Phyllis Cormack während der Amchitka-Kampagne im Jahr 1971.
FOTO: ROBERT KEZIERE/DPA Der Anfang einer Bewegung: Die Greenpeace-Besatzung an Bord der SV Phyllis Cormack während der Amchitka-Kampagne im Jahr 1971.

Newspapers in German

Newspapers from Germany