Kandidaten kritisieren die Kirche
Öffentliche Mittagspause zum Thema Armut und Bildung am Haus der katholischen Kirche
AALEN - Auf die Frage „Tut die Kirche genügend gegen die Armut und für die Bildung?“haben die Kandidatinnen und Kandidaten für die Bundestagswahl einhellig die rote Karte gezeigt. Das bedeutete: Die Kirche tue zu wenig. Umso mehr hoben sie den Einsatz ihrer jeweiligen Parteien empor. Zur Diskussion über dieses Thema hatte die katholische Kirche am Dienstag zur öffentlichen Mittagspause beim Haus der Kirche in der Weidenfelder Straße eingeladen.
Über 50 Besucherinnen und Besucher hieß Dekanatsreferent Tobias Kriegisch willkommen. Sie stärkten sich nicht nur am kleinen Imbiss, sondern beteiligten sich auch lebhaft an der Diskussion. „Jeder Sechste in Deutschland und jeder Siebte in Baden-Württemberg sind von Armut betroffen“, führte Ana RequesensMoll in ihrer Einführung aus. Die aus Spanien stammende neue Leiterin der katholischen Erwachsenenbildung (keb) tat dies auch für die evangelische Paralleleinrichtung, die durch Pfarrer Bernhard Richter vertreten war.
„Armut geht alle an“, betonte Dekanatsreferent Romanus Kreilinger, der in seiner Moderation auf den engen Zusammenhang zu Bildungsfragen hinwies. Wenn Familien auf finanziell schwachen Füßen stünden, müssten vor allem die Kinder und Jugendlichen darunter leiden. Wer in diesem Teufelskreis Armut bekämpfen wolle, müsse bei der Bildung anfangen, empfahl Betriebsseelsorger Rolf Siedler als Zweitmoderator.
Entscheidend seien die politischen Rahmenbedingungen und das Recht auf Aus- und Weiterbildung, sagte Leni Breymaier (SPD). „Dazu gehören die Ganztagsschulen, der Zwölf-EuroMindestlohn und die Angleichung der Rente.“Finanzielle Unterstützung sei aber nicht das alleinige Heilmittel, konterte Roderich Kiesewetter (CDU). Einbindung in die Arbeit bringe auch das nötige Geld, um die entscheidenden Maßnahmen durchführen zu können. Zu denen zähle in erster Linie die Förderung der sprachlichen Kompetenz der Kinder.
Arian Kriesch (FDP) forderte für alle Schulen, im Kampf gegen die Pandemie endlich flächendeckend Luftfilter anzuschaffen. Die Tätigkeit von Sozialarbeitern an den Schulen müssten in ihrer Bedeutung und in ihrem Erfolg erkannt und geschätzt werden. Tim Steckbauer (Linke) setzte sich für die Gemeinschaftsschule mit Nachmittagsunterricht sowie die Erhöhung des Kindergeldes ein.
„Es muss künftig massiv in die Bildung investiert werden“, verlangte Margit Stumpp von den Grünen. Die Bildungsstruktur sollte von den Kitas bis direkt in die Schulen geführt werden. Die Förderung der Kinder aus Migrationsfamilien sei zwar wichtig, Sprachschwächen gebe es aber auch in einheimischen Familien. Der Mangel an Lehrern und Fachkräften wirke sich fatal aus.
In der Diskussion erinnerte Karin Specht (keb) an die Stärkung der Persönlichkeit als Bildungsziel. Genügend Praktikantenplätze zu schaffen, war das Anliegen von Mehtap Derin (Leiterin der AAkademie für Moslems und Christen). Abschließend empfahl Tobias Kriegisch für die Bundestagswahl das Motto des Künstlerpfarrers Sieger Köder, das er einmal für einen Kandidaten auf Wahlplakate geschrieben hatte: „Er ist ein Mensch, er hat ein Herz, man kann ihn wählen!“