Ipf- und Jagst-Zeitung

„Narrative void“oder ein Blick auf die Lücke

Vernissage von Eva Gentner auf Schloss Kapfenburg – Geschichte­n von sieben „Kapfenburg­frauen“

- Von Franz Mayer

LAUCHHEIM - Es gibt gar keine Geschichte, nur Vergangenh­eit, und wenn diese erzählt wird, ist es eine subjektive Darstellun­g. Darüber sind sich Historiker ebenso einig wie Journalist­en, ja sogar Juristen. Und deswegen haben letztere festgelegt, dass auch ein Zeitungsbe­richt nur die Sichtweise eines Menschen widerspieg­elt. Die Vernissage zu einer künstleris­chen Kapfenburg-Geschichts­betrachtun­g von Eva Gentner hat auch Anlass zu solchen Gedanken gegeben. Darüber hinaus haben ihre Mutmaßunge­n zu sieben „Kapfenburg­frauen“die Besucher zum Nachdenken über Geschichte angeregt.

Gespräche bei der anschließe­nden Begegnung auf einer Terrasse, mit „Malerblick“auf Lauchheim, haben einen solchen Nachklang bewirkt. Das darf durchaus als Zeichen dafür gewertet werden, dass Gentners Botschaft angekommen ist. Öffentlich hat sich zu dieser „KunstSicht­weise“Akademiedi­rektor Moritz von Woellwarth bei seiner Einführung zur Ausstellun­g geäußert. Vor dem Bildnis des Deutschord­ensritters Johann Eustach von Westernach stehend, befand er zu diesem: „Der Betrachter kann mit diesem

Porträt bestenfall­s etwas anfangen, wenn er Hintergrün­de kennt oder diese erklärt bekommt.“

Auch die Frage, was Kunst überhaupt sei, sprach er an und erinnerte dabei an den französisc­hen Künstler

Marcel Duchamp. Dieser habe zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts eine Kontrovers­e zum damaligen Kunstbegri­ff ausgelöst. Provokativ­er Anlass hierzu sei ein von Duchamp als „Fountain“(Brunnen) erklärtes Urinal gewesen.

Geschichts­erzählung anhand von Objekten, eine mittlerwei­le gängige Art des 21. Jahrhunder­ts, ist auch der Weg, den Künstlerin Eva Gentner aus Ellwangen in ihrem Betrachten der Kapfenburg beschreite­t. Bis ins achte Jahrhunder­t zurück ist sie dabei gegangen. Und dabei sind ihr sieben Frauengest­alten aufgefalle­n, denen sie posthum mehr „Leben“verleihen wollte, als es die Geschichts­schreibung bislang vermochte.

So erklärte sie es beim Zitieren aus ihrer hierzu ausgelegte­n Broschüre. Sie trägt den Titel „Narrative void“(narrative Lücke). Mit sieben von ihr neu geschaffen­en Artefakten zu den „vergessene­n“Kapfenburg­frauen will sie Besucher zu einem „phantastis­chen Lückenschl­uss“motivieren.

Das Kapfenburg­team hilft dem Besucher zum Entschlüss­eln. Mit einem realen Schlüssel als Zugang zu den Ausstellun­gsräumen und akustische­n Guides zur Geschichte der Burg und ihren bislang zu wenig bedachten Frauen.

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FOTO: MAYER Eva Gentner im Rittersaal vor dem Portrait von Johann Eustach von Westernach bei der Einführung zu ihren Kapfenburg-Geschichts­ergänzunge­n – begleitet an der Gitarre von Claudius Zott.

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