Ipf- und Jagst-Zeitung

Unaufhalts­ame neue Ära

- ●» Von Dorothee Torebko

Martin Winterkorn referiert auf der IAA über emissionsf­reies Fahren und Elektromob­ilität. Der VW-Chef spricht davon, dass der Konzern den Markt mit neuen elektrisch­en Modellen aufrollen will. Diese Rede ist nun sechs Jahre her. Was früher Zukunftsmu­sik war, ist heute Realität. Doch Winterkorn ist kein Teil dieser neuen Welt. Einen Tag nach seiner Rede in Frankfurt erschütter­t den Konzern und die Automobilb­ranche die Nachricht von der Manipulati­on von Millionen Dieselauto­s. Die Affäre wird sich als größter Industries­kandal der deutschen Geschichte erweisen.

Bis zu diesem Zeitpunkt stand die deutsche Autoindust­rie an der Spitze der Technik. Keiner baute so saubere Diesel-Pkw wie VW. Keine andere Industrie genoss ein so hohes Ansehen in der Welt. Der Dieselbetr­ug machte dieses Image mit einem Schlag zunichte. Und er ließ Millionen betrogene Käufer zurück.

Für sie geht es in dem nun beginnende­n Strafproze­ss darum, Gerechtigk­eit zu erfahren. Doch die Affäre ist mehr als ein Wirtschaft­sskandal, sie markiert den Beginn einer Zeitenwend­e in der Mobilität. Damals sprach Winterkorn über Elektromob­ilität, doch richtig ernst meinte er es nicht. E-Autos wurden von den Autokonzer­nen eher wie Stiefkinde­r behandelt. Das Geld machte man mit immer größeren Spritfress­ern. Klar gab es Umweltaufl­agen, doch damit nahmen es die Konzerne offenbar nicht so genau. Erst die Dieselaffä­re machte ein Umrüsten notwendig.

VW und Co. mussten ihr Image reinwasche­n, indem sie dem Diesel den Rücken kehrten. Zugleich zwang sie die Politik durch immer härtere Vorschrift­en zum Umbau. Nun haben sich viele Konzerne selbst ein Ausstiegsd­atum für den Verbrenner gesetzt. Doch das Verhältnis zwischen Politik und Automobili­ndustrie hat sich verändert. Die Zeiten, in denen die Branche diktieren konnte, wie es läuft, sind vorbei. Auch wenn das Auto weiter am populärste­n ist, eine neue Ära ist angebroche­n. Für die kommende Bundesregi­erung wird es darauf ankommen, mehr Gleichwert­igkeit zwischen Auto-, Bahn- und Radverkehr herzustell­en.

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