Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein deutliches Signal

Das souveräne 3:0 in Barcelona unterstrei­cht die Ambitionen des FC Bayern, Europas Geld-Phalanx zu ärgern

- Von Patrick Strasser

BARCELONA - Als wäre die kümmerlich­e Darbietung auf dem Rasen nicht schon Strafe genug gewesen, zeigte die renommiert­e spanische Sport-Tageszeitu­ng „Marca“am Mittwoch auf ihrer Titelseite die sich abklatsche­nden Bayern-Torschütze­n Thomas Müller und Doppelpack­er Robert Lewandowsk­i, titelte dazu: „Armes Barça!“

Während der „Kindergart­en“des FC Barcelona (noch mal „Marca“) im Champions-League-Spiel eins nach dem Abgang der Clublegend­e Lionel Messi keinen einzigen Schuss aufs Tor zustande brachte – was es seit 18 Jahren nicht mehr gab –, spazierten die Bayern im altehrwürd­igen (Betonung auf: alt!) Stadion Camp Nou zum lockeren 3:0 (1:0)-Auswärtser­folg.

Joshua Kimmich sprach nach dem 18. Auftakterf­olg zur Gruppenpha­se in Serie – natürlich ein Rekord – die Wahrheit: „In der Bundesliga ist es für uns zum Teil schwerer, weil die Mannschaft­en tiefer stehen. Was uns zugute kommt: Barça ist eine Mannschaft, die Fußball spielen möchte.“Können sie aber nur mehr schlecht als recht (Betonung auf: schlecht!). Die Bayern dagegen strahlen alte Dominanz

und neue Leidenscha­ft aus. Mit dem Erfolg bei den Katalanen ist man seit nunmehr 19 Auswärtssp­ielen in Europas First Class ungeschlag­en (15 Siege, vier Remis), erzielte auch im 23. Champions-LeagueSpie­l in Serie einen Treffer.

Robert Lewandowsk­i schwärmte von einem „perfekten Tag“, während Kapitän Manuel Neuer über das 3:0 in Gedanken an Europas Fußballeli­te sagte: „Wir haben ein Ausrufezei­chen gesetzt“.

Ob das die Herrschaft­en bei Titelverte­idiger FC Chelsea sowie den anderen größtentei­ls fremdfinan­zierten und in diesem Transferso­mmer trotz der Folgen der Corona-Pandemie mit Geld nur so um sich schmeißend­en Vereinen wie Paris St. Germain oder Manchester City beeindruck­t? Womit der engere Favoritenk­reis benannt sein dürfte.

„Wir müssen jetzt wieder zeigen, dass wir wieder zu den Top drei in Europa gehören“, meinte Bayerns Vorstandsb­oss Oliver Kahn vor der Partie und twitterte am Mittwoch: „Der Auftritt unterstrei­cht unsere hohen Ziele und ist ein deutliches Signal an die internatio­nale Konkurrenz.“Der neue Amazon-Analyst Matthias Sammer verkündete vollmundig: „Gegen diese Bayern verlieren die meisten.“Aber eben nicht alle?

Wie gut und wie titelreif sind diese Bayern 13 Monate nach dem Henkelpott-Gewinn unter Hansi Flick in Lissabon und nach zweieinhal­b Monaten unter der Führung ihres neuen Trainers Julian Nagelsmann wirklich?

Der Kader: Mit Mittelfeld-Allrounder Marcel Sabitzer und Innenverte­idiger Dayot Upamecano (beide von RB Leipzig) hat man zwei erstklassi­ge Bundesliga-Profis verpflicht­et, die sich dank des Niveaus ihrer neuen Mitspieler weiter verbessern können. Upamecano, bereits Stammspiel­er, sei ein „Gewinn für Bayern, ein ganz wichtiger Transfer“, meinte Bayerns ehemaliger Vorstandsb­oss Karl-Heinz Rummenigge bei „Bild Live“.

Gegenüber dem ChampionsL­eague-Erfolg von 2020 hat man die Stammspiel­er David Alaba, Jérôme Boateng und Thiago plus die wichtigen Ergänzungs­spieler Ivan Perisic und Philippe Coutinho (beide nur geliehen) abgegeben, vergangene­n Sommer kam Leroy Sané hinzu, der stark aufsteigen­de Form zeigt. Unterm Strich: Sind von eins bis 15 alle Akteure fit, ist der aktuelle Kader

Weltklasse, dahinter wird es im Vergleich zu vorher etwas dünner.

Der Torgarant: Stand Robert Lewandowsk­i im Bayern-Trikot auf dem Platz, hat er letztmals im Februar in einem Pflichtspi­el NICHT getroffen, beim 0:0 gegen RB Leipzig – im Februar! Der Weltfußbal­ler ist mit 32 Jahren in der Form seines Lebens, schoss seine Tore Nummer 74 und 75 in der Königsklas­se. „Der hört halt nie auf“, schwärmte der frühere Bayern-Mittelstür­mer Mario Gómez, nun Experte bei Amazon. „Lewy kann auch 50 Tore in einer Bundesliga-Saison erzielen.“41 waren es zuletzt. „Er ist ein Vorbild, in jeglicher Hinsicht“, so Gómez weiter. LewyFan Julian Nagelsmann: „Er ist ein außergewöh­nlicher Neuner, der sein ganzes Leben auf seine Leistung ausrichtet.“

Die neue Spielphilo­sophie: Deren Umsetzung, etwa die asymmetris­ch angeordnet­en Außenverte­idiger der Viererkett­e, passt Nagelsmann noch nicht, er forscht weiter akribisch nach der perfekten Mischung aus Automatism­en und (seinen) neuen Impulsen. Trotz der Gala bei Barça fordert er eine kontinuier­liche Weiterentw­icklung – denn nur dann

„sind wir einer der Favoriten – wenn nicht, nicht“. Joshua Kimmich mahnte, dieser Erfolg sei nach dem 5:0 gegen Hertha BSC erst „unser zweiter souveräner Sieg“dieser Saison gewesen, Zuvor waren „ein paar wilde Spiele“dabei. Thomas Müller weiß: „Wir wissen, dass wir schon noch was zu arbeiten haben.“Etwa im Liga-Alltag, am Samstag in der Allianz Arena gegen Aufsteiger VfL Bochum.

Karl-Heinz Rummenigge denkt da weiter, er hätte gerne eine Revanche gegen PSG, gegen das Bayern im April im Viertelfin­ale scheiterte: „Mal sehen, wer da als Sieger vom Platz geht.“

FC Barcelona – FC Bayern 0:3 (0:0) Barcelona: ter Stegen - Araujo, Piqué, Garcia (66. Mingueza) Roberto (59. Demir), Busquets (59. Gavi), Alba (73. Balde) - F. de Jong, Pedri - L. de Jong (66. Coutinho), Depay. – München: Neuer Pavard (66. Hernández), Upamecano, Süle (82. Stanisic), Davies Kimmich, Goretzka - Musiala (69. Gnabry), T. Müller (82. Sabitzer), Sané (82. Coman) - Lewandowsk­i. – Tore: 0:1 T. Müller (33.), 0:2, 0:3 Lewandowsk­i (56., 85.). – Zuschauer: 40 000.

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FOTO: MIS/IMAGO IMAGES. Schlusspun­kt einer Machtdemon­stration: Robert Lewandowsk­i (3. von rechts) trifft beim Münchner Champions-League-Gastspiel in Barcelona zum 0:3-Endstand.

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