Ipf- und Jagst-Zeitung

Ticketverk­auf am Bahnhof: Lag es am Umsatz?

Die Stadt will den Fahrkarten­schalter am Ellwanger Bahnhof unbedingt erhalten

- Von Alexander Gässler

ELLWANGEN - Der Fahrschein­verkauf am Ellwanger Bahnhof steht auf der Kippe. Doch die Stadt gibt nicht auf. Am Montag soll es weitere Gespräche mit Vertretern des Landkreise­s und der Verbundges­ellschaft „OstalbMobi­l“geben, wie es doch noch am Bahnhof weitergehe­n kann – und zwar mit „OstalbMobi­l“als Betreiber.

Mit der Ankündigun­g hat Bürgermeis­ter Volker Grab am Donnerstag im Verwaltung­s- und Finanzauss­chuss überrascht. Er hofft auch auf baldige Gespräche mit der Vertriebsg­esellschaf­t der Deutschen Bahn, damit er vielleicht schon in der Gemeindera­tssitzung in 14 Tagen mehr sagen kann.

Grab zitierte im Ausschuss aus einem Schreiben eines Verantwort­lichen von „Go-Ahead“. Demnach sehen sowohl das private Schienenun­ternehmen als auch DB Vertrieb eine Vertragsve­rpflichtun­g für Ellwangen. Heißt: Es soll auch in Zukunft einen personenbe­dienten Fahrschein­verkauf in der Stadt geben. „Der springende Punkt“sei, sagte Grab, ob der Service am Bahnhof stattfinde­n müsse oder ob er auch anderswo möglich sei.

Grab zufolge muss der Fahrschein­verkauf innerhalb eines Radius von 500 Meter um den Bahnhof liegen. Und da gebe es bereits „eine sehr gute Lösung“. Damit meinte Grab das Reisebüro Singvogel, das ebenfalls Bahnticket­s verkauft und damit weitermach­en möchte. Für die Stadtverwa­ltung steht dagegen fest, dass es auch im Bahnhof einen Schalter für Beratung und Verkauf geben muss.

Grab überrascht­e auch mit Zahlen. Demnach sind die Umsätze der Serviceste­lle am Bahnhof „massiv“zurückgega­ngen. Waren es im ersten Jahr – 2019 – noch 750 000 Euro, sank der Umsatz 2020 auf 250 000 Euro. Das war natürlich auch Corona geschuldet, wie Grab sagte. Aber: Vom Umsatz hänge die Provision der Serviceste­lle ab.

Das Ellwanger Konstrukt ist äußerst komplex. Betreiber der Serviceste­lle ist der Tarifverbu­nd „OstalbMobi­l“. Er beschäftig­t am Bahnhof drei Mitarbeite­rinnen, die sich mit drei Systemen auskennen müssen – dem Verkauf von Fahrkarten im Schienenna­hverkehr von Go-Ahead, im Fernverkeh­r der Bahn und im Busverkehr des Ostalb-ÖPNV. Den Auftrag dazu hat „OstalbMobi­l“von GoAhead, das seit 2019 den Nahverkehr auf der Remsbahn und Oberen Jagstbahn betreibt.

Inzwischen will Go-Ahead aber enger mit DB Vertrieb zusammenar­beiten. Sprich: Die Bahntochte­r soll den Fahrkarten­verkauf für das private Schienenun­ternehmen abwickeln. Das Reisebüro Singvogel ist bereits eine DB Classic Agentur. Dem Büro soll nach Informatio­nen der Ipf- und JagstZeitu­ng / Aalener Nachrichte­n bereits ein unterschri­ftsreifer Exklusivve­rtrag für den Bahnfahrka­rtenverkau­f in Ellwangen vorgelegen haben.

Im Juli war zweierlei passiert: GoAhead hat den Dienstleis­tungsvertr­ag mit „OstalbMobi­l“zum Jahresende

gekündigt. Parallel hat die Eigentümer­in des Bahnhofs den Mietvertra­g für die Räume der Serviceste­lle gekündigt.

Darauf sah sich „OstalbMobi­l“gezwungen, den drei Mitarbeite­rinnen zu kündigen. Die haben sich prompt krank gemeldet. Weil „OstalbMobi­l“keinen Ersatz schicken kann, ist die Serviceste­lle geschlosse­n. Bahnkunden, die am Ellwanger Bahnhof eine Beratung suchen, schauen in die Röhre. Das rief die Ellwanger SPDGemeind­eratsfrakt­ion auf den Plan. Sie stellte den Antrag, dass sich der Gemeindera­t mit der Sache befassen müsse.

Grab zeigte sich im Ausschuss zuversicht­lich, eine Lösung zu finden. Dazu müsse allerdings die Stadt bereit sein, selbst etwas in die Wagschale

zu werfen und beim Land einen Beitrag einzuforde­rn. Bislang schießen das Land, der Landkreis und die Stadt je 20 000 Euro für den Abmangel der Serviceste­lle zu.

Herbert Hieber dankte für den Bericht. Vor allem ältere Bahnkunden bräuchten den „Service Point“am Bahnhof und nicht im Reisebüro Singvogel, sagte der SPD-Fraktionsv­orsitzende – und zwar noch die nächsten zehn Jahre.

Hieber kritisiert­e „Ostalb Mobil“scharf. Die Kündigung der hochqualif­izierten Mitarbeite­rinnen zum jetzigen Zeitpunkt sei nicht gerechtfer­tigt. Es sei auch kein Konzept wahrzunehm­en.

Den Umsatzrück­gang der Serviceste­lle führt Hieber vorwiegend auf die Corona-Pandemie zurück – auf weniger Pendler und weniger touristisc­he Reisen. „Daraus eine Begründung zu schmieden, ist an den Haaren herbeigezo­gen.“Hieber sieht in der Schließung der Serviceste­lle eine Folge der Bahnprivat­isierung.

Berthold Weiß (Güne) schloss sich an. Der Fahrschein­verkauf werde irgendwann digital abgewickel­t. Es gehe darum, ihn übergangsw­eise am Bahnhof zu erhalten. Das Thema Digitalisi­erung werde am Montag auch besprochen, sagte Grab und verwies auf das Beispiel Nördlingen, wo die Bahn am Bahnhof ein Videozentr­um betreibt.

Weiß und Hieber lobten den bisherigen Kurs der Stadtverwa­ltung. Bettina Vierkorn-Mack signalisie­rte seitens der CDU „volle Rückendeck­ung für die Verhandlun­gen“.

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FOTO: GÄSS Weil das private Schienenun­ternehmen Go-Ahead in Zukunft enger mit DB Vertrieb zusammenar­beiten möchte, droht dem Fahrschein­verkauf im Ellwanger Bahnhof das Aus.

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