Ticketverkauf am Bahnhof: Lag es am Umsatz?
Die Stadt will den Fahrkartenschalter am Ellwanger Bahnhof unbedingt erhalten
ELLWANGEN - Der Fahrscheinverkauf am Ellwanger Bahnhof steht auf der Kippe. Doch die Stadt gibt nicht auf. Am Montag soll es weitere Gespräche mit Vertretern des Landkreises und der Verbundgesellschaft „OstalbMobil“geben, wie es doch noch am Bahnhof weitergehen kann – und zwar mit „OstalbMobil“als Betreiber.
Mit der Ankündigung hat Bürgermeister Volker Grab am Donnerstag im Verwaltungs- und Finanzausschuss überrascht. Er hofft auch auf baldige Gespräche mit der Vertriebsgesellschaft der Deutschen Bahn, damit er vielleicht schon in der Gemeinderatssitzung in 14 Tagen mehr sagen kann.
Grab zitierte im Ausschuss aus einem Schreiben eines Verantwortlichen von „Go-Ahead“. Demnach sehen sowohl das private Schienenunternehmen als auch DB Vertrieb eine Vertragsverpflichtung für Ellwangen. Heißt: Es soll auch in Zukunft einen personenbedienten Fahrscheinverkauf in der Stadt geben. „Der springende Punkt“sei, sagte Grab, ob der Service am Bahnhof stattfinden müsse oder ob er auch anderswo möglich sei.
Grab zufolge muss der Fahrscheinverkauf innerhalb eines Radius von 500 Meter um den Bahnhof liegen. Und da gebe es bereits „eine sehr gute Lösung“. Damit meinte Grab das Reisebüro Singvogel, das ebenfalls Bahntickets verkauft und damit weitermachen möchte. Für die Stadtverwaltung steht dagegen fest, dass es auch im Bahnhof einen Schalter für Beratung und Verkauf geben muss.
Grab überraschte auch mit Zahlen. Demnach sind die Umsätze der Servicestelle am Bahnhof „massiv“zurückgegangen. Waren es im ersten Jahr – 2019 – noch 750 000 Euro, sank der Umsatz 2020 auf 250 000 Euro. Das war natürlich auch Corona geschuldet, wie Grab sagte. Aber: Vom Umsatz hänge die Provision der Servicestelle ab.
Das Ellwanger Konstrukt ist äußerst komplex. Betreiber der Servicestelle ist der Tarifverbund „OstalbMobil“. Er beschäftigt am Bahnhof drei Mitarbeiterinnen, die sich mit drei Systemen auskennen müssen – dem Verkauf von Fahrkarten im Schienennahverkehr von Go-Ahead, im Fernverkehr der Bahn und im Busverkehr des Ostalb-ÖPNV. Den Auftrag dazu hat „OstalbMobil“von GoAhead, das seit 2019 den Nahverkehr auf der Remsbahn und Oberen Jagstbahn betreibt.
Inzwischen will Go-Ahead aber enger mit DB Vertrieb zusammenarbeiten. Sprich: Die Bahntochter soll den Fahrkartenverkauf für das private Schienenunternehmen abwickeln. Das Reisebüro Singvogel ist bereits eine DB Classic Agentur. Dem Büro soll nach Informationen der Ipf- und JagstZeitung / Aalener Nachrichten bereits ein unterschriftsreifer Exklusivvertrag für den Bahnfahrkartenverkauf in Ellwangen vorgelegen haben.
Im Juli war zweierlei passiert: GoAhead hat den Dienstleistungsvertrag mit „OstalbMobil“zum Jahresende
gekündigt. Parallel hat die Eigentümerin des Bahnhofs den Mietvertrag für die Räume der Servicestelle gekündigt.
Darauf sah sich „OstalbMobil“gezwungen, den drei Mitarbeiterinnen zu kündigen. Die haben sich prompt krank gemeldet. Weil „OstalbMobil“keinen Ersatz schicken kann, ist die Servicestelle geschlossen. Bahnkunden, die am Ellwanger Bahnhof eine Beratung suchen, schauen in die Röhre. Das rief die Ellwanger SPDGemeinderatsfraktion auf den Plan. Sie stellte den Antrag, dass sich der Gemeinderat mit der Sache befassen müsse.
Grab zeigte sich im Ausschuss zuversichtlich, eine Lösung zu finden. Dazu müsse allerdings die Stadt bereit sein, selbst etwas in die Wagschale
zu werfen und beim Land einen Beitrag einzufordern. Bislang schießen das Land, der Landkreis und die Stadt je 20 000 Euro für den Abmangel der Servicestelle zu.
Herbert Hieber dankte für den Bericht. Vor allem ältere Bahnkunden bräuchten den „Service Point“am Bahnhof und nicht im Reisebüro Singvogel, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende – und zwar noch die nächsten zehn Jahre.
Hieber kritisierte „Ostalb Mobil“scharf. Die Kündigung der hochqualifizierten Mitarbeiterinnen zum jetzigen Zeitpunkt sei nicht gerechtfertigt. Es sei auch kein Konzept wahrzunehmen.
Den Umsatzrückgang der Servicestelle führt Hieber vorwiegend auf die Corona-Pandemie zurück – auf weniger Pendler und weniger touristische Reisen. „Daraus eine Begründung zu schmieden, ist an den Haaren herbeigezogen.“Hieber sieht in der Schließung der Servicestelle eine Folge der Bahnprivatisierung.
Berthold Weiß (Güne) schloss sich an. Der Fahrscheinverkauf werde irgendwann digital abgewickelt. Es gehe darum, ihn übergangsweise am Bahnhof zu erhalten. Das Thema Digitalisierung werde am Montag auch besprochen, sagte Grab und verwies auf das Beispiel Nördlingen, wo die Bahn am Bahnhof ein Videozentrum betreibt.
Weiß und Hieber lobten den bisherigen Kurs der Stadtverwaltung. Bettina Vierkorn-Mack signalisierte seitens der CDU „volle Rückendeckung für die Verhandlungen“.