Vorwürfe gegen Querdenken-Bewegung
Nach der Bluttat von Idar-Oberstein sieht die Politik Corona-Leugner in der Verantwortung
BERLIN/RAVENSBURG - Nach der Tötung eines Tankstellenmitarbeiters in Idar-Oberstein hat SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz die sogenannte Querdenken-Bewegung für die Tat mitverantwortlich gemacht. „Denn es sind ja diejenigen, die hetzerische, spalterische Reden halten, die letztendlich mit ein Klima geschürt haben, in dem im Kopf dieses Mannes diese Tat möglich geworden ist“, sagte Scholz am Mittwoch in Köln. „Und deshalb haben sie auch eine Mitverantwortung dafür, dass das passiert ist.“
Die Bundesregierung reagierte erschüttert auf die Tat. Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte, es sei verstörend, dass die Tat in den sozialen Medien zum Anlass genommen werde, zu Gewalt aufzurufen. „Das muss aufhören“, forderte sie. Das Innenministerium nannte die Tötung des 20-Jährigen allerdings einen „extremen Einzelfall“.
Einem 49-jährigen Deutschen wird vorgeworfen, den Tankstellenkassierer im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein getötet zu haben. Anlass
war offenbar die Aufforderung, eine Gesichtsmaske zu tragen.
Politiker forderten derweil ein härteres Vorgehen gegen soziale Netzwerke. Idar-Oberstein mache wieder einmal deutlich, wie aus Hass und Hetze tödliche Gewalt werden kann, sagte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) mit Blick auf den Messengerdienst Telegram dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Plattform müsse unter das Netzwerkdurchsetzungsgesetz fallen.
Der FDP-Politiker Benjamin Strasser nannte diese Forderung „eine klassische Phantomdebatte“. „Die
Verfolgung von Straftaten kann nicht auf private Plattformbetreiber übertragen werden“, so Strasser. Auch die Entscheidung darüber, was Meinung und was Hetze ist, dürfe der Staat nicht Facebook, Telegram und anderen Plattformen überlassen. Stattdessen brauche es eine bessere personelle und technische Ausstattung der Behörden, „um bei Telegram digital Streife laufen zu können“.
In Baden-Württemberg wird eine mittlere zweistellige Zahl an Mitgliedern der Querdenken-Bewegung vom Verfassungsschutz beobachtet.