Wie gelingt die Mobilitätswende?
Die sechs Kandidatinnen und Kandidaten bekennen im Endspurt des Bundestagswahlkampfs Farbe
ELLWANGEN - Am Sonntag wird ein neuer Bundestag gewählt. Wie es ausgeht, entscheidet sich vielleicht erst auf den letzten Metern. Denn viele Wählerinnen und Wähler sind noch unentschlossen, wie Wahl- und Meinungsforscher sagen.
Wie sieht es auf der Ostalb aus? Speziell im Wahlkreis Aalen-Heidenheim? Wird Roderich Kiesewetter zum vierten Mal in Folge das Direktmandat für die CDU holen? Zur Erinnerung: Vor vier Jahren kam der CDU-Politiker bei den Erststimmen auf 46,6 Prozent. Ein sattes Polster, möchte man meinen.
Seit der Bundestagswahl 2017 wird der Wahlkreis von drei Abgeordneten vertreten. Außer Kiesewetter sind das Leni Breymaier (SPD) und Margit Stumpp (Grüne). Kann eine der beiden dem CDU-Platzhirschen das Direktmandat abjagen? Und was, wenn nicht? Leni Breymaier hat einen guten Listenplatz. Sie sollte es als Siebte auf der SPD-Landesliste locker in den Bundestag schaffen.
Margit Stumpp ist nicht so gut abgesichert. Die Königsbronnerin hatte sich für Listenplatz 11 beworben, bei der parteiinternen Abstimmung im April aber das Nachsehen. Ihr Name steht nur auf Platz 20. Ein Platz hinter ihr: Johannes F. Kretschmann – der Sohn des Ministerpräsidenten, der sich gerne „JFK“nennt und im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen kandiert.
Zurück auf die Ostalb. Wie schlagen sich die Kandidaten der kleinen Parteien? Das sind: Jan-Hendrik Czada (AfD), der im März bereits erfolglos für den Landtag kandidiert hatte, der Aalener Stadtrat Arian Kriesch (FPD) und der 22-jährige Tim Steckbauer (Die Linke), der im Oktober ein Lehramt-Studium beginnen will.
Was wollen die sechs Kandidatinnen und Kandidaten für ihren Wahlkreis erreichen? Zum Beispiel bei Themen wie der Elektromobilität und beim Transfer der Automobilindustrie. Wann wird es alltagstaugliche und bezahlbare Elektroauto geben? Wie soll ein flächendeckendes Netz an ELadestationen in Deutschland finanziert werden? Und: Wie wollen die Kandidatinnen und Kandidaten die vielen Automobilzulieferer in der Region bei der Transformation unterstützen? Hier sind die Antworten.
Wann wird es bezahlbare Elektroautos geben? Wie soll ein flächendeckendes Netz an E-Ladestationen finanziert werden? Roderich Kiesewetter (CDU) verweist auf die umfassende Förderung der E-Mobilität. „Der Bund investiert bereits erhebliche Summen in das Ladenetz: zwei Milliarden für Schnelllade-Standorte, 500 Millionen für private Ladepunkte, 350 Millionen für gewerbliche Ladeinfrastruktur, 500 Millionen für öffentliche Ladesäulen ab Sommer 2021, 300 Millionen Euro für Kleine und Mittlere Unternehmen.“Er sagt: „Technologieoffenheit ist mir wichtig.“
„Schon in wenigen Jahren werden die Preise sinken“, sagt Leni Breymaier (SPD). „Alle großen Automobilhersteller wollen auf dem Weg der Elektromobilität weiter vorangehen. Die Ladenetzinfrastruktur erfordert private und öffentliche Investitionen. Das kostet Geld und das ist es wert.“
„Es gibt diese Fahrzeuge bereits und die Modellvielfalt wächst“, betont Margit Stumpp (Grüne). „Mit dem Programm SAFE hat BadenWürttemberg als erstes Land ein flächendeckendes Ladenetz für Elektroautos umgesetzt. Trotzdem müssen Netz und Vielfalt weiter wachsen, denn damit stärken wir unsere Wirtschaft, sichern wertvolle Jobs und schützen das Klima.“
„Den einseitigen Fokus auf die Elektromobilität mit riesigen Subventionen
halte ich für einen Irrweg“, meint Jan-Hendrik Czada (AfD). „Aus Kohle und Kernkraft aussteigen, aber den gesamten Verkehr auf Strom umstellen wollen, das ist abenteuerlich und setzt die Reduzierung des Individualverkehrs voraus. Es braucht mehr Offenheit bei Antriebstechnologien.“
„Die Elektromobilität wird sich als eine der Optionen durchsetzen“, sagt Arian Kriesch (FDP). „Wir setzen auf Technologieneutralität durch die Politik: Verbrenner können in klarem Rahmen mit CO durch Biokraftstoffe noch erhebliche Potenziale heben. Wasserstoff hat, zumindest in einigen Anwendungen, ebenfalls eine realistische Chance.“
Tim Steckbauer (Die Linke) ist überzeugt: „Der sozialökologische Umbau bietet einen Ausweg aus der Krise der Autoindustrie. Spätestens 2030 sollen keine Pkw mit Verbrenner mehr neu zugelassen werden. Der Staat muss die Schaffung eines angemessenen Ladenetzes für Elektrofahrzeuge koordinieren. Der Schlüssel zur Mobilitätswende sind jedoch Bus und Bahn.“
Wie wollen Sie die vielen Automobilzulieferer in der Region
Ostwürttemberg bei der Transformation unterstützen?
Roderich Kiesewetter (CDU) antwortet so: „Durch Forschungsförderung, Weiterbildung, die Unterstützung der Unternehmen bei gezielter Förderung für die Transformation, um nachhaltige Arbeitsplätze zu sichern, und die Einrichtung der Wasserstoffregion ,H2Ostwürttemberg’.“
Für Leni Breymaier (SPD) stellt sich zunächst folgende Gegenfrage: „Welche Arbeit wird morgen von wem erbracht?“Sie sagt: „Mit einem Transformations-Kurzarbeitergeld wollen wir die Qualifizierung von Beschäftigten unterstützen, die sich neu orientieren müssen. Auch unsere Agenturen für Arbeit werden Agenturen für Arbeit und Qualifizierung. Hier gehören alle an einen Tisch, auch die Sozialpartner.“
„Das Auto von morgen fährt vernetzt, automatisiert und emissionsfrei“, antwortet Margit Stumpp (Grüne). „Das heißt, die Arbeit wird nicht wesentlich weniger, aber sie wird anders aussehen. Mit einem Transformationsfonds für die Umrüstung der Firmen und besseren Rahmenbedingungen für Umschulung und Weiterbildung werden wir diese Prozesse unterstützen.“
Jan-Hendrik Czada (AfD) sieht für den Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen weiterhin eine Zukunft. „Mit allen wirtschaftlichen Folgen für den Standort, Deutschland ist bei Verbrennertechnologien weltweit führend.“Czada mahnt: „Wird einzig auf Elektro gesetzt, dürften viele Firmen nicht überleben und auf den Straßen vermehrt chinesische Autos fahren.“
„Die Automobilhersteller haben die Transformation erkannt“, meint Arian Kriesch. „Die FDP setzt auf Technologieneutralität für den staatlichen Rahmen. Biokraftstoffe werden auch die CO2-Bilanz der Verbrennungsmotoren erheblich verbessern können. Den Strukturwandel als ganzes wird die Politik moderieren, aber nicht verhindern können.“
Tim Steckbauer (Die Linke) würde den notwendigen ökologischen Umbau besonders der Automobilzuliefererindustrie mit staatlichen Industrie-Transformationsfonds über 20 Milliarden Euro pro Jahr unterstützen. „Davon werden Betriebe, die Arbeitsplätze sichern, gute Löhne und flächendeckende Tarifverträge haben, profitieren.“