Kölner Kardinal darf bleiben
Papst wirft Woelki aber „große Fehler“vor und verordnet Auszeit
RAVENSBURG - Der Erzbischof von Köln, Kardinal Rainer Maria Woelki, bleibt im Amt, muss aber eine Auszeit bis Aschermittwoch 2022 nehmen: Diese Entscheidung von Papst Franziskus ist am Freitag bekannt geworden. Er begründete sie mit der massiven Vertrauenskrise im rheinischen Erzbistum, die bei der Missbrauchsaufarbeitung und auch durch „große Fehler“Woelkis in der Kommunikation rund um diese entstanden sei. Die Kölner Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff, die ihren Rücktritt angeboten haben, kehren in ihre Ämter zurück.
Katholische Laienorganisationen, aber auch der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, übten Kritik. Bätzing säte sogar Zweifel an einer Rückkehr von Kardinal Woelki nach der Auszeit.
Am Freitagmorgen häufen sich die Meldungen, dass der Papst weiter auf Woelki setze. Es heißt, Franziskus habe sich intensiv mit jenem Bericht befasst, den die Bischöfe von Rotterdam und Stockholm nach ausführlichen Gesprächen mit Bischöfen, Priestern und Laien in Köln verfasst hatten. Danach habe der Papst mit Woelki gesprochen.
Um 12 Uhr versendet der päpstliche Botschafter in Berlin, Nuntius Nikola Eterovic, dann die Bestätigung: Woelki kann bleiben. Es habe sich kein Hinweis darauf ergeben, „dass er im Umgang mit Fällen sexuellen Missbrauchs rechtswidrig gehandelt hat“. Damit besteht für den
Papst kein Grund, sich von dem kirchenrechtlich unbelasteten Kardinal zu trennen, den er für seine „Treue zum Heiligen Stuhl und seine Sorge um die Einheit der Kirche“lobt.
Und doch hat Fransziskus Anlass zur Missbilligung. Für vatikanische Gewohnheiten ist die Wortwahl ungewöhnlich deutlich, selten hat es so klare Kritik an Leitungspersönlichkeiten gegeben: Der Kardinal habe „in der Herangehensweise an die Frage der Aufarbeitung insgesamt, vor allem auf der Ebene der Kommunikation, auch große Fehler gemacht“. Damit tadelt Franziskus, dass Woelki ein Missbrauchs-Gutachten mit Verweis auf rechtliche Gründe storniert hatte. Es war der Eindruck entstanden, Woelki wolle etwas vertuschen. Ein zweites Gutachten, das kirchlichen Führungskräften 75 Pflichtverletzungen im
Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt nachweist, brachte keine Befriedung. Franziskus beanstandet: „Das hat wesentlich dazu beigetragen, dass es im Erzbistum zu einer Vertrauenskrise gekommen ist, die viele Gläubige verstört.“
Die Reaktionen auf die Entscheidung des Papstes fallen heftig aus – wohlwollend sind sie nicht. Der oberste Laienvertreter, Thomas Sternberg, spricht für das Zentralkomitee der Katholiken: „Das Instrument einer Auszeit ist nicht genug. Es ist völlig unklar, was am Ende einer solchen Auszeit stehen kann, und sie ist nicht geeignet, um verlorengegangenes Vertrauen wiederherzustellen.“
Auch der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, ist skeptisch. Ihn hat die Nachricht aus Rom überrascht. Bei der am Donnerstag zu Ende gegangenen Vollversammlung der Bischöfe habe er nichts von der anstehenden päpstlichen Botschaft gewusst. Ob Woelki ins Amt zurückkehre, sei ungewiss. „Die Entscheidung zu Kardinal Woelki erinnert mich in manchem an das römische Vorgehen im Blick auf meinen Amtsvorgänger in Limburg“, erklärt Bätzing zu der nun von Oktober bis März dauernden Auszeit Woelkis. Zur Erinnerung: Auch der wegen seiner Verschwendungssucht in Ungnade gefallene Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst musste 2014 eine Auszeit nehmen, kehrte danach nicht mehr nach Limburg zurück. Er arbeitet heute im Päpstlichen Rat für die Neuevangelisierung.